Motive | zu § 4 | G-10 |
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Begründung des Entwurfs G-10 (14/5655) |
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Der bisherige Wortlaut des G 10 enthält für den Bereich der Individualmaßnahmen nur wenige Regelungen über den Umgang mit personenbezogenen Daten; derartige Regelungen über die Löschung, Protokollierung und Sperrung erlangter personenbezogener Daten sowie eine Vorschrift über die Zweckbindung sind in § 7 der bisherigen Fassung des G 10 enthalten. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 14. Juli 1999 sehr ausführlich zu den Pflichten geäußert, die bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung erlangter personenbezogener Daten durch den Bundesnachrichtendienst zu beachten sind. Obwohl sich die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts bedingt durch den Verfahrensgegenstand nur auf die strategische Fernmeldekontrolle des Bundesnachrichtendienstes beziehen, bietet die Novellierung Gelegenheit, die dargelegten Grundsätze entsprechend auf den Bereich der Individualkontrolle zu übertragen.
Absatz 1 enthält die Vorschriften über den Umgang mit personenbezogenen Daten durch die erhebende Stelle. Hierzu gehören auch Daten in Akten, Vorgängen und Unterlagen. Hervorzuheben ist hierbei die Pflicht zur nunmehr unverzüglichen Prüfung, ob die erhobenen Daten für die Aufgaben der erhebenden Stelle erforderlich sind. Soweit dies nicht der Fall ist und die Daten auch nicht übermittelt werden sollen, sind sie unverzüglich zu löschen. Ausnahmen gelten nur im Hinblick auf das Erfordernis einer möglichen gerichtlichen Überprüfung.
Die Vorschrift enthält die vom Bundesverfassungsgericht für die strategische Fernmeldekontrolle geforderte Kennzeichnungspflicht. Diese Kennzeichnungspflicht kann allerdings im Bereich der Individualkontrolle im Einzelfall mit dem unverzichtbaren Erfordernis des Geheimschutzes kollidieren; kollidieren; deshalb ist hier bei Gefährdung der Geheimhaltung einer Beschränkungsmaßnahme ausnahmsweise ein Verzicht auf die Kennzeichnung übermittelter Daten möglich, wenn dies unerlässlich ist und der Leiter der Behörde oder sein Stellvertreter dies anordnet. Zusätzlich hat die G 10- Kommission die Abweichung von der Kennzeichnungspflicht in jedem Einzelfall vorher zu billigen. Satz 4 enthält die neu formulierte Zweckbindungsvorschrift. Danach dürfen die Daten außer zu den Erhebungszwecken des § 1 Abs.1 Nr.1 nur zu den in Absatz 3 im Einzelnen geregelten Übermittlungszwecken verwendet werden.
Absatz 3 enthält die Voraussetzung für die Weiterleitung personenbezogener Daten aus Maßnahmen der Individualkontrollen. Im bisherigen G 10 hat es eine derartige Weiterleitungsvorschrift nicht gegeben; insofern hat die neue Fassung auch eine klarstellende Bedeutung.
Die Bestimmung normiert zunächst den Regelfall einer Übermittlung zur Verhinderung, Aufklärung oder Verfolgung von Straftaten. Insoweit setzt sie die verfassungsgerichtlichen Maßgaben für die Weiterleitung von Daten aus der strategischen Fernemeldekontrolle auch hier um. Das Gericht hatte vor allem die Zusammensetzung des Straftatenkataloges und die zur Übermittlung berechtigende Verdachtsschwelle gerügt. Nunmehr wird bei der Weiterleitung zwischen Prävention und Repression differenziert. Für den präventiven Bereich wird bei Daten, die zu den Erhebungszwecken gewonnen worden sind, eine niedrige Verdachtsschwelle zugrunde gelegt. Für alle übrigen Daten, deren Weiterleitung zum Zwecke der Verhinderung von Straftaten bedeutsam ist, gilt eine höhere Verdachtsschwelle. Dies gilt ebenso bei der Übermittlung von Daten zum Zwecke der Verfolgung von Straftaten.
Eine weitere Einschränkung ergibt sich daraus, dass derartige Übermittlungen nur zulässig sind, soweit sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich sind. Als Empfänger kommen daher von vornherein nur Behörden in Betracht, die entweder – in den Fällen der Nummer 1 – mit präventiv-polizeilichen Aufgaben oder – in den Fällen der Nummer 2 – mit Strafverfolgungsaufgaben betraut sind. Damit sind zum Beispiel nicht etwa Jugendbehörden gemeint. Die Vorschrift stellt nunmehr auch ausdrücklich klar, dass die Weiterleitung personenbezogener Daten zur Vorbereitung und Durchführung von Verfahren nach Artikel 21 Abs.2 Satz 2 GG und nach § 3 Abs.1 Satz 1 des Vereinsgesetzes gestattet ist. Es entspricht dem Gesetzeszweck, drohende Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes abzuwehren (§ 1 Abs.1 Nr.1). Deshalb müssen Erkenntnisse, die für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit von Parteien von ausschlaggebender Bedeutung sind, an die Bundesregierung zur Vorbereitung eines Verbotsverfahrens und alsdann an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet werden können. Das Gleiche gilt für Erkenntnisse, die von den zuständigen Innenministern des Bundes und der Länder für das Verbot extremistischer Vereine genutzt werden können. Dabei kann es sich neben materiellen Verbotsgründen auch um Erkenntnisse über Strukturen zu verbietender Gruppierungen handeln, die auf anderem Wege häufig nicht oder erst im Zuge von vereinsrechtlichen Durchsuchungsmaßnahmen bei Funktionären festgestellt werden können. Zur Struktur zählen insbesondere Mitgliederzahl, Existenz von Teilvereinen, rechtliche Bindungen auch außerhalb der Zusammenkünfte sowie Unterwerfung der Mitglieder unter eine organisierte Willensbildung.
Die Vorschrift erlaubt ausnahmsweise die Übermittlung personenbezogener Daten, deren Trennung in Akten nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist.
Nach Absatz 5 unterliegen die personenbezogenen Daten auf Seiten des Empfängers einer besonders strengen Zweckbindung. Ihre Verwendung ist ausschließlich zu den Übermittlungszwecken zulässig. Außerdem unterliegt der Empfänger den gleichen Prüfungs-, Löschungs- und Protokollierungspflichten wie die erhebende Stelle.
(Siehe BGB-E, BT-Drucksache Nr.14/5655, S.16 f)
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