Motive | zu § 490 Neufassung | BGB |
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Begründung des Entwurfs SchuldR-ModG (14/6040) |
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Die Vorschrift regelt im Absatz 1 ein außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensgebers für den Fall der Vermögensverschlechterung und im Absatz 2 ein außerordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers für den Fall der anderweitigen Verwertung des Sicherungsobjekts. Absatz 3 stellt klar, dass § 490 RE nicht abschließend ist. Aus der Überschrift wird deutlich, dass die Vorschrift lediglich außerordentliche Kündigungsrechte betrifft. Ordentliche Kündigungsrechte, wie sie sich zum Beispiel aus Nummer 19 Abs. 2 AGB-Banken ergeben, sind mithin von dieser Vorschrift nicht berührt.
Im Absatz 1 geht zunächst die bisherige Vorschrift des § 610 auf, die dem Darlehensgeber ein Widerrufsrecht seines Darlehensversprechens für den Fall einräumte, dass in den Vermögensverhältnissen des anderen Teils eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Rückerstattung gefährdet wird. Diesen Fall der Vermögensverschlechterung greift der einleitende Konditionalsatz des Absatzes 1 („Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers …“) unter im Wesentlichen wörtlichen Übernahme des bisherigen § 610 auf. Es wird nunmehr lediglich klargestellt, dass auch eine Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen eines Dritten, der für das Darlehen eine Sicherheit gestellt hat, zu einer außerordentlichen Kündigung führen kann, wenn dadurch die Rückzahlung des Darlehens gefährdet wird. Dies entspricht bereits der heutigen Rechtslage (MünchKomm/Westermann, § 610 Rdnr. 7). Im Übrigen wird durch die Formulierung „eintritt oder einzutreten droht“ ebenfalls in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht deutlich gemacht, dass der Darlehensgeber den tatsächlichen Eintritt der wesentlichen Vermögensverschlechterung nicht etwa noch abwarten muss, sondern dass er bereits dann ein Kündigungsrecht hat, wenn sich die Vermögensverschlechterung und die daraus folgende Gefährdung der Rückzahlung des Darlehens sichtbar abzeichnet.
Anderenfalls würde der Sinn des außerordentlichen Kündigungsrechts im Falle von Vermögensverschlechterungen für den Darlehensgeber in vielen Fällen verfehlt: Denn diese soll den Darlehengeber gerade vor einem durch die Insolvenz des Darlehensnehmers eintretenden Vermögensverlust bewahren. Dieses Ziel würde konterkariert, wenn der Darlehensgeber zunächst den Eintritt der Insolvenz abwarten müsste, da diese gerade den Vermögensverlust herbeiführt, so dass eine danach erklärte Kündigung wirkungslos wäre.
Der im bisherigen § 610 eingeräumte Widerruf des Darlehensversprechens wird in der Fassung des § 490 Abs. 1 RE als fristlose Kündigung gestaltet, was dem jetzigen Verständnis des Darlehensvertrags als einem zweiseitig verpflichtenden Konsensualvertrag entspricht. Ferner gewährt § 490 Abs. 1 RE dem Darlehensgeber nunmehr nicht lediglich – wie noch der bisherige § 610 – ein Kündigungsrecht vor Darlehensvalutierung, sondern sieht in seiner zweiten Alternative („danach in der Regel fristlos“) ein Kündigungsrecht auch nach Auszahlung des Darlehensbetrags vor. Dieses ist allerdings im Gegensatz zu dem Kündigungsrecht vor Darlehensvalutierung, das dem Darlehensgeber entsprechend der jetzigen Regelung des § 609 „im Zweifel jederzeit“ zusteht, durch die Formulierung „in der Regel“ weicher gestaltet und erfordert damit eine Gesamtwürdigung der jeweiligen Kündigungssituation.
Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass sich die Situation für den Darlehensnehmer und Darlehensgeber vor und nach der Valutierung des Darlehens jeweils anders darstellt. Während dem Darlehensgeber eine Auszahlung des Darlehens „sehenden Auges“, dass er dieses vom Darlehensnehmer nicht mehr zurückerhalten werde, schlechterdings nicht zugemutet werden kann, kann dem Darlehensgeber nach Valutierung die Belassung der Darlehenssumme beim Darlehensnehmer im Einzelfall durchaus zumutbar sein. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn sich die Vermögenssituation des Schuldners erst durch die Rückforderung des Darlehensbetrags in einer Summe so sehr verschlechtert, dass er insolvent wird, während ihm bei Belassung des Darlehens jedenfalls eine ratenweise Rückführung möglich wäre. Auch im Falle einer lediglich vorübergehenden Vermögensverschlechterung kann es im Einzelfall dem Darlehensgeber zumutbar sein, dem Darlehensnehmer das Darlehen zu belassen. Die h. M. nimmt daher einen wichtigen Kündigungsgrund nach der Valutierung eines Darlehens nur dann an, wenn durch weiteres Belassen der Mittel beim Darlehensnehmer die Rückgewähr so stark gefährdet wird, dass unter Preisgabe des Interesses des Schuldners am Behalten bis zum vereinbarten Fälligkeitstermin so schnell wie möglich gerettet werden muss, was zu retten ist; dies setzt stets eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung auch der Belange des Schuldners voraus (MünchKomm/Westermann, § 610 Rdnr. 13 m. w. N.). Dem entspricht die Fassung des § 490 Abs. 1 2. Alternative RE, indem sie dem Darlehensgeber bei einer Vermögensverschlechterung nach Valutierung nur „in der Regel“ ein außerordentliches Kündigungsrecht gewährt.
In Absatz 2 wird dem Darlehensnehmer bei einem grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall eingeräumt, dass der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung des Sicherungsobjekts hat. Das Kündigungsrecht wird allerdings davon abhängig gemacht, dass der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber denjenigen Schaden ersetzt, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht.
Mit Absatz 2 wird die Rechtsprechung des BGH (grundlegend BGHZ 136, 161 ff.; NJW 1997, 2875 ff. und 2978 f.) zu der seit langem in Rechtsprechung und Literatur umstrittenen Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer bei einem Festzinskredit gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung eine vorzeitige Kreditabwicklung verlangen kann, kodifiziert. Dabei orientiert sich die Gesetzesfassung eng an den vom BGH entwickelten Grundsätzen, so dass sich aus der Kodifikation keine Änderung der geltenden Rechtslage, sondern nur eine größere Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für den Rechtsanwender ergibt, da sich die Rechtsprechungsgrundsätze nunmehr auch aus dem Gesetz selbst ergeben und dort festgeschrieben sind. Der BGH hat in zwei Urteilen vom 1. Juli 1997 den Grundsatz aufgestellt, dass ein Darlehensnehmer einen Anspruch auf eine vorzeitige Vertragsauflösung eines festverzinslichen und grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrags hat, wenn er ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts hat und er dem Darlehensgeber den sog. „Vorfälligkeitsschaden“ ersetzt. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des BGH nicht darauf an, aus welchem Beweggrund der Darlehensnehmer das Beleihungsobjekt (dies wird in der Regel ein Grundstück sein) anderweitig verwerten will; der Anspruch des Darlehensnehmers auf vorzeitige Vertragsauflösung besteht daher sowohl bei einem Verkauf aus privaten Gründen (z. B. Ehescheidung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, Überschuldung, Umzug) ebenso wie bei der Wahrnehmung einer günstigen Verkaufsgelegenheit (BGH, NJW 1997, 2877). Dies ergibt sich daraus, dass die Rechtsprechung den Anspruch auf vorzeitige Kreditabwicklung mit der Erhaltung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Darlehensnehmers rechtfertigt. Dürfte der Darlehensgeber nämlich den Darlehensnehmer auch bei einem beabsichtigten Verkauf des beliehenen Objekts an der unveränderten Durchführung des Darlehensvertrags festhalten, könnte er den Verkauf vereiteln und dem Darlehensnehmer so die anderweitige Verwertung des belasteten Gegenstandes faktisch unmöglich machen. Darin läge indessen ein – auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – nicht hinnehmbarer Eingriff in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Darlehensnehmers.
Diesen von der Rechtsprechung entwickelten Vertragsaufhebungsgrundsatz setzt Absatz 2 nunmehr um. An die Stelle des Anspruchs auf Vertragsauflösung tritt allerdings ein Kündigungsrecht des Darlehensnehmers, was keine inhaltliche Änderung darstellt, sondern lediglich der Gesetzessystematik entspricht, die dem Schuldner bei Dauerschuldverhältnissen wie dem Darlehensvertrag nicht einen Anspruch auf Vertragsauflösung, sondern ein Kündigungsrecht gewährt. Das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers ist indessen von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung abhängig. Durch diese konditionale Verknüpfung wird im Ergebnis das in der Rechtsprechung entwickelte Vertragsaufhebungsmodell erreicht: Der Schuldner hat zwar ein Kündigungsrecht; die Kündigung wird indessen erst wirksam, wenn er dem Darlehensgeber den objektiv zu berechnenden Vorfälligkeitsschaden ersetzt. Das gleiche Ergebnis erzielt die Rechtsprechung, wenn sie dem Schuldner einen Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags einräumt, dessen Inhalt darin besteht, dass der Darlehensvertrag beendet ist, sobald der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber denjenigen Schaden ersetzt hat, der diesem aus der vorzeitigen Vertragsbeendigung entstanden ist.
In Absatz 2 soll im Übrigen der Begriff der „Vorfälligkeitsentschädigung“ legal definiert werden. Deren Berechnungsgrundsätze werden dagegen weiterhin der Rechtsprechung überlassen, da diese in ihren Verästelungen und Details einer gesetzlichen Kodifikation nicht zugänglich sind und auch für eventuelle Änderungen im Hinblick auf strukturelle Änderungen in den äußeren wirtschaftlichen Bedingungen offen sein müssen. Dem wäre eine Festschreibung im Gesetz abträglich.
Der Hinweis in Absatz 3, dass die §§ 313, 314 RE unberührt bleiben, hat lediglich klarstellende Funktion. Damit soll verdeutlicht werden, dass die Regelung in den Absätzen 1 und 2 nicht abschließend ist, sondern den Vertragsparteien die sich aus den allgemeinen Vorschriften ergebenden weiteren Vertragslösungsmöglichkeiten außerhalb der im § 490 RE geregelten Einzelfälle verbleiben.
(Siehe BGB-E, BT-Drucksache Nr.14/6040, S.253 ff)
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