D-Bundestag
16.Wahlperiode
(1) Drucksache 16/39
03.11.05
  [ ][  I  ][ » ] [ ]

Vorblatt BT-Drucks.16/39 S.1-2

Gesetzentwurf
der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen
und zur Änderung weiterer Gesetze

A. Problem und Ziel

Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG)in seiner jetzigen Ausgestaltung verfassungswidrig ist. Durch das Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz–LFZG) werden zwar die Aufwendungen der Arbeitgeber bei Mutterschaft ausgeglichen (sogenanntes U2-Verfahren).Da dieses Verfahren aber nicht für mittlere und große Unternehmen mit mehr als 20 bzw 30 Beschäftigte gilt,besteht aufgrund der Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG die Möglichkeit,dass die an diesem Verfahren nicht beteiligten Betriebe Frauen bei der Einstellung benachteiligen. Hierin liegt ein Verstoß gegen das Gleichberechtigungsgebot aus Artikel 3Abs.2 des Grundgesetzes (GG).

Mit dem Gesetzentwurfs oll die festgestellte Verfassungswidrigkeit beseitigt werden. Die Umlageverfahren,die bislang im Lohnfortzahlungsgesetz geregelt sind, sollen daneben den aktuellen Strukturen in der Sozialversicherung angeglichen und weiter entwickelt werden, sodass insgesamt eine gerechtere Verteilung der Belastungen erreicht wird. Das Gesetz schafft die Grundlage für eine tat-sächliche Gleichberechtigung von Mann und Frau bei der Beschäftigung in den angesprochenen Betrieben.



B. Lösung

Das Gesetz sieht folgende Masnahmen vor:

  1. Erstattung der Aufwendungen der Arbeitgeber fur Mutterschaftsleistungen unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten

  2. Teilnahme aller Krankenkassen an den Umlageverfahren

  3. usgleich der Kosten auch fur die Entgeltfortzahlung bei Angestellten.



C. Alternativen

Ohne die Ausweitung des Ausgleichsverfahrens „U2“ auf alle Arbeitgeber würde aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts die Verpflichtung aller Arbeitgeber zur Zahlung eines Zuschusses zum Mutterschaftsgeld zum 31.Dezember 2005 entfallen. Alternativ käme dann nur die Finanzierung des Zuschusses aus Steuermitteln in Betracht.

Keine



D. Finanzielle Auswirkungen

Durch die Einbeziehung der öffentlichen Arbeitgeber in das Umlageverfahren „U“ für Arbeiterinnen und Arbeiter, Auszubildende und Angestellte werden Bund, Länder und Gemeinden voraussichtlich geringfügig finanziell entlastet.Die öffentlichen Arbeitgeber werden zwar umlagepflichtig, da jedoch bei ihnen der Frauenanteil der Beschäftigten und die Anzahl der Fälle, in denen die Arbeitgeber Aufwendungen wegen Mutterschaft leisten müssen, über dem Durchschnitt in der freien Wirtschaft liegen, werden die öffentlichen Haushalte über die Umlage entlastet.

E. Sonstige Kosten

Durch die Neuregelungen im Rahmen der Erstattungssysteme für Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung und Mutterschaftsgeld werden Unternehmen in unterschiedlichem Maße kostenseitig sowohl entlastet als auch belastet. Geringfügige kosteninduzierte Einzelpreisänderungen können nicht ausgeschlossen werden. Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind aber nicht zu erwarten.

Für die gesetzliche Krankenversicherung ergeben sich allenfalls geringfügige finanzielle Auswirkungen. Die Krankenkassen verwalten die Mittel für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen in Form eines Sondervermögens, das durch die Umlagezahlungen der Arbeitgeber finanziert wird. Die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu nächst zu übernehmenden Anlaufkosten werden nach Inkrafttreten dieser Neuregelungen über die Festlegung der Umlagen wieder zurückgeführt.

§§§


(BT-Drucks.15/1971 S.5-8)

Anlage 1

Entwurf eines Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungenund zur Änderung weiterer Gesetze

(hier nicht abgebildet)

§§§




(BT-Drucks.15/1971 S.9-)



Begründung

A. Allgemeiner Teil

Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 18.November 2003(Az.: 1 BvR 302/96, BVerfGE 109,64)ist die vorliegende Ablösung des Lohnfortzahlungsgesetzes erforderlich geworden. Das Gericht hat entschieden, dass der Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG jedenfalls dann nicht mehr verfassungsgemäß ist, wenn im Rahmen des Umlageverfahrens nach dem Lohnfortzahlungsgesetz diese Kosten nur den Kleinbetrieben erstattetwerden. Da mittlere und große Unternehmen nicht an diesem Verfahren teilnehmen, besteht nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts die Möglichkeit, dass diese Betriebe Frauen bei der Einstellung benachteiligen. Insoweit hat das Gericht einen Verstoß der geltenden Rechtslage gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12Abs.1 GG iVm dem Grundrecht auf Gleichbehandlung von Mann und Frau (Artikel 3 Abs.2 GG) festgestellt.

I.Systematik der Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung und Mutterschaftsgeld nach geltendem Recht

Durch die im Lohnfortzahlungsgesetz geregelten Umlageverfahren werden seit langem die Aufwendungen der Arbeitgeber von Kleinbetrieben für Entgeltfortzahlung ausgeglichen. Die Finanzierung dieses Ausgleichs geschieht durch die Umlageverfahren für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall („U1“) sowie für Mutterschaftsleistungen („U2“).

Die Durchführung der Verfahren ist den Krankenkassen übertragen worden, obwohl dies nicht zu den klassischen Aufgaben der Krankenversicherung im engeren Sinne gehört, da ess ich dem Grunde nach um eine Arbeitgeberversicherunghandelt. Das geltende Recht sieht vor, dass nur die Orts- und Innungskrankenkassen, die Bundesknappschaft und die See- Krankenkasse einen Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen durchführen. Der zeit werden die Aufwendungen der Kleinbetriebe für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nur dann erstattet,wenn diese an Arbeiter und Arbeiterinnen geleistet wird. Die Aufwendungen für Mutterschaftsleistungen werden dagegen auch bisher schon nicht nur für Arbeiterinnen,sondern auch für Angestellte und im Übrigen in voller Höhe erstattet.

An den Ausgleichsverfahren nehmen nach bisher geltendem Recht Arbeit geber teil, die in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen. Diese Zahl kann bislang durch die Satzung der Krankenkassen auf bis zu 30 heraufgesetzt werden.Die gesetzliche Grenze von 80 Prozent für die Höhe der Erstattung der Kosten für die Entgeltfortzahlung kann bis lang durch die Satzung herabgesetzt werden; dementsprechend kann die Höhe der Umlagesätze vermindert werden.

§§§



II.Erstattung der Aufwendungen der Arbeitgeber für Mutterschaftsleistungen unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten

Bislang haben alle Arbeitgeber unabhängig von der Größe ihres Betriebes für die bei ihnen beschäftigten Frauen Entgeltfortzahlung bei den Beschäftigungsverboten gemäß § 11 MuSchG bzw den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG zu leisten.Diese Aufwendungen werden nach dem bisher geltenden Recht im Rahmen des Umlageverfahrens „U2“ allerdings nur den Kleinbetrieben von den Krankenkassen erstattet.

Das Bundesverfassungsgericht sieht in den vorstehend dargelegten Regelungen „jedoch eine unangemessene Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit, weil sie das im Zuge systematischer Verfassungsinterpretation zu berücksichtigende Gleichberechtigungsgebot aus Artikel 3 Abs.2 GG verletzt“. Die geltende Rechtslage könne dazu führen, dass dieBetriebe, deren Aufwendungen nicht erstattet werden,eine geringere Zahl von Frauen einstellen und beschäftigen, da die Unternehmen bei Einstellung von Frauen mit finanziellen Belastungen durch Mutterschaftsleistungen rechnen müssten.

Das Bundesverfassungsgericht hat daher dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31.Dezember 2005 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Dabei hat es ausdrücklich auf die Möglichkeit der Ausweitung der „U2“- Umlage auf alle Arbeitgeber hingewiesen.Diese Möglichkeit der verfassungskonformen Neuregelung wird hier genutzt,um das Risiko einer faktischen Diskriminierung der Frauen im Arbeitsleben zu beseitigen.

Zwar enthält die Entscheidung des Bundesverfassungsge richts keine Ausführungen hinsichtlich der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung beiden in §11 Abs.1 MuSchG genannten Beschäftigungsverboten. Da aber hier ebenfalls die aufgezeigte Gefahr einer faktischen Diskriminierung der Frauen besteht, müssen die entsprechenden Ausführungen des Gerichts für diese Norm ebenso gelten. Das Umlageverfahren wird daher auch insoweit auf alle Arbeitgeber ausgeweitet.

§§§



III. An den Umlageverfahren teilnehmende Krankenkassen
1. Einbeziehung der Ersatz- und Betriebs-krankenkassen in das Umlageverfahren „U2“

Aufgrund der aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlichen Ausweitung des Erstattungsverfahrens für Mutterschaftsleistungen auf alle Betriebe unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten kann die Durchführung nicht mehr nur auf die vier derzeit im Gesetz genannten Kassenarten beschränkt werden. Dies wäre mit den seit 1996 bestehenden Wahlrechten der Versicherten und dem Wettbewerb der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen. Es ist daher erforderlich, auch die Ersatz- und Betriebskrankenkassen in das Umlageverfahren „U2“ einzubeziehen.

Hinzu kommt, dass bei der derzeitigen Rechtslage erhebliche Rechtsunsicherheiten für die Arbeitgeber bestehen,deren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei Betriebskrankenkassen versichert sind. Zwar führen auch einige Betriebskrankenkassen ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage, aber mit Duldung ihrer Aufsichtsbehörden, einen Ausgleich durch. Da die Betriebskrankenkassen aber im Gesetz nicht ausdrücklich genannt werden und im Übrigen nicht alle Betriebskrankenkassen ein Umlageverfahren mit Duldung der Aufsicht durchführen, werden die Aufwendungen der Arbeitgeber uU nicht erstattet. Diese Rechtsunsicherheiten bei der Durchführung des Verfahrens „U2“ können aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht hingenommen werden, da nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Einschränkungen bei der Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen für Mutterschaftsleistungen unzulässig sind.

2.Teilnahme auch der Ersatz- und Betriebskrankenkassen am Verfahren „U1“

Die Teilnahme der Ersatz- und Betriebskrankenkassen kann nicht nur auf das Verfahren „U2“ begrenzt werden,da dies einen nicht zu rechtfertigenden Verwaltungsmehraufwand verursachen würde.Die Einbeziehung dieser Kassenarten in das Verfahren „U1“ ist im Übrigen schon aufgrund der bestehenden Wahlrechte und des Kassenwettbewerbs erforderlich.

Bei Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, die beispielsweise die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse gewählt haben,ist für die Durchführung des Verfahrens die Krankenkasse zuständig,der die Betreffenden angehören würden,wenn sie versicherungspflichtig wären oder nicht die Mitgliedschaft bei einer Ersatzkasse gewählt hätten. Diese fiktive Zuständigkeit wird von den ausgeschlossenen Kassen zu Recht als Benachteiligung empfunden.

Hinzukommt, dass bei der Beibehaltung der derzeitigen Regelung die im Gesetz genannten Kassenarten die Möglichkeit hätten,auf den Arbeitgeber einzuwirken, damit dieser auf die Kassenwahl der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Einfluss nimmt,um für jeden Beschäftigten nur mit einer Kasseabrechnen zu müssen. Dies wäre mit dem Recht auf freie Kassenwahl nicht vereinbar.

Da also auch die Beschränkung des Umlageverfahrens „U1“ auf die im Gesetz genannten Kassen nicht mehr zeitgemäß ist,müssen nunmehr grundsätzlich alle gesetzlichen Krankenkassen dieses Verfahren durchführen. Die Krankenkassen erhalten die Möglichkeit,die Durchführung der ihnen nach diesem Gesetz obliegenden Aufgaben auf eine Stelle zu übertragen. Damit erhält das bisher im Bereich des BKK-Landesverbandes Ost durchgeführte Verfahren, an dem ca 60000 Arbeitgeber und ca160 Krankenkassen teilnehmen, eine sichere Rechtsgrundlage.

§§§



3.Ausschluss der landwirtschaftlichen Krankenkassenvon den Umlageverfahren

Von der Teilnahme an bei den Umlageverfahren werden lediglich die landwirtschaftlichen Krankenkassen ausgenommen. Dies entspricht bereits geltendem Recht.

Die verfassungsrechtlichen Gründe, die für eine Ausweitung des Umlageverfahrens „U2“ sprechen, gelten nicht für diese Krankenkassen. Denn eine Ausweitung des Umlageverfahrens könnte sich im Hinblick auf die landwirtschaftlichen Krankenkassen lediglich auf die in der Landwirtschaft hauptberuflich beschäftigten mitarbeitenden Familienangehörigen beziehen.Auf grund der persönlichen Verbundenheit kann bei diesem Personenkreis jedoch die Gefahr einer faktischen Diskriminierung ausgeschlossen werden. Eine Einbeziehung der landwirtschaftlichen Krankenkassen in das Umlageverfahren „U1“ ist ebenfalls nicht erforderlich. Denn das Kassenwahlrecht findet für deren Mitglieder keine An-wendung. Wettbewerbsverzerrungen sind damit ausgeschlossen.

Hinzukommt, dass für die Personen, welch ein der Landwirtschaft arbeiten, ohne dass sie in den landwirtschaftlichen Krankenkassen versichert sind, die allgemeinen Regeln gelten. Insoweit werden daher die Umlageverfahren durchgeführt.

§§§



IV.Ausgleich der Kosten für die Entgeltfortzahlung bei Angestellten

Das Entgeltfortzahlungsgesetz hat die verfassungsrechtlich gebotene Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hergestellt. Dementsprechend ist es aus Gleichbehandlungsgründen sachlich geboten,auch Angestellte in den Ausgleich für die Entgeltfortzahlung einzubeziehen.Im Sozialversicherungsrecht wird die Unterscheidung in Arbeiter und Angestellte bis lang nur noch für das Umlageverfahren nach dem Lohnfortzahlungsgesetz aufrechterhalten. Die Einbeziehung der Angestellten in den Ausgleich führt daher zu einem deutlichen Bürokratieabbau und zu einer Verschlankung der melderechtlichen Pflichten der Arbeitgeber und der Krankenkassen.

§§§



V.Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die vorgesehenen Regelungen stützt sich auf Artikel 74 Abs.1 Nr.12 GG.Für den dargestellten Handlungsbedarf sind bundesgesetzliche Regelungen iSd Artikels 72 Abs.2 GG erforderlich, da ansonsten die im gesamtstaatlichen Interesse stehende Rechts- und Wirtschaftseinheit nicht gewahrt werden kann.

Bei dem Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschaftsleistungen handelt es sich um eine historisch gewachsene, mit anderen bundesrechtlich geregelten Gesetzgebungsgegenständen (wie insbesondere dem Mutterschutz)in engem Zu-sammenhang stehende Regelungsmaterie, die über dies sowohl landesunmittelbare wie auch bundesunmittelbare Krankenkassen betrifft.Diese kann nicht ohne erhebliche substanzielle Einbußen für die bundesstaatliche Rechtseinheit und die ihr immanente Sachgerechtigkeit ganz oder teilweise in die unterschiedlich gehandhabte Gesetzgebungskompetenz der Länder gegeben werden.Die „Wahrung der Rechtseinheit“ macht eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich. Dabei geht es nicht um die Wahrung bzw Herstellung der formalen Rechtseinheit als solche.Vielmehr verlangt das besondere bundesstaatliche Integrationsinteresse eine einheitliche bundesrechtliche Regelung. Eine Gesetzesvielfalt oder eine lückenhafte Regelung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen würde zu einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen führen,die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann.Für Unternehmen mit Betrieben in verschiedenen Bundesländern könnten ansonsten unterschiedliche Regelungen über die Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen gelten.

Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (wie zBUrteil vom 27.Juli 2004,Az.: 2 BvF 2/02)sind einheitliche Regelungen erforderlich, da eine unterschiedliche rechtliche Behandlung des vorliegenden Lebenssachverhalts möglicherweise erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Rechtsverkehr erzeugen kann.

Eine Regelung, die nicht bundeseinheitlich ist, sondern nur in einzelnen Bundesländern die Erstattung von Arbeitgeberaufwendungen zuließe,hätte unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Wirtschaftsverkehr zur Folge, da insbesondere den Unternehmen mit Betrieben in verschiedenen Bundesländern aufgrund der uneinheitlichen Rechtslage ein Teil ihrer Aufwendungen nicht erstattet werden,sofern einzelne Länder eine Erstattung nicht gesetzlich geregelt haben.

Insoweit zwingt daher auch die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraumes Bundesrepublik Deutschland zu einer bundeseinheitlichen Rechtssetzung („Wahrung der Wirtschaftseinheit“).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 18.November 2003(Az.: 1 BvR 302/96)die Kompetenz des Bundes für den Ausgleich der ArbeitgeberaufwendungenbeiEntgelt-fortzahlung nicht in Frage gestellt hat.

§§§



VI.Gesetzesfolgen, Befristung
1.Finanzielle Auswirkungen

Durch die Einbeziehung der öffentlichen Arbeitgeber in das Umlageverfahren „U2“ für Arbeiterinnen und Arbeiter, Auszubildende und Angestellte werden Bund, Länder und Gemeinden voraussichtlich geringfügig finanziell entlastet.

Beim Bundesversicherungsamt entstehen insbesondere durch erhöhten Prüfungsaufwand zusätzliche Kosten iHv bis zu 300000 Euro,einschließlich notwendiger neuer Personalstellen. Die Kosten werden dem Bundesversicherungsamt gemäß § 274 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch(SGB V)erstattet.

§§§



2.Kosten und Preiswirkungen

Die Krankenkassen verwalten die Mittel für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen in Form eines Sondervermögens.Die von der gesetzlichen Krankenversicherung zunächst zuübernehmenden Anlaufkosten werden nach Inkrafttreten dieser Neuregelungen über die Festlegung der Umlagen wieder zurückgeführt.Insoweit ergeben sich für die gesetzliche Krankenversicherung keine finanziellen Auswirkungen, die mittelbar preisrelevante Effekte generieren.

Durch die Neuregelung des Erstattungssystem für Arbeitgeberaufwendungen für Mutterschaftsleistungen werden nunmehr Arbeitgeber mit mehr als 30 Vollzeit-Beschäftigten durch die Einbeziehung in die Finanzierung der Umlage kostenseitig in einer Größenordnung von ca 1,3 Mrd Euro–belastet. Im Gegenzug werden sie im ähnlichen Umfang entlastet, sobald sie nach dem Mutterschutzgesetz zahlungspflichtig werden und ihre Arbeitgeberaufwendungen für Mutterschaftsleistungen vollständig aus dem Umlageaufkommen erstattet bekommen.Ob sich diese Kosteneffekte bei diesen neu umlagepflichtig gewordenen bzw bei demselben Arbeitgeber per Saldo ausgleichen, hängt von vielen Faktoren ab(ua Unternehmensgröße, Lohnsumme, Beschäftigtenstruktur nach Geschlecht und Alter).Wie es für alle Umlageverfahren typisch ist,werden durch die Neuregelung einige Arbeitgeber kostenseitig entlastet sowie andere Arbeitgeber kostenseitig belastet. Ob bei diesen Arbeitgebern infolge dessen einzelpreiswirksame Kostenschwellen unter- oder überschritten werden, die sich reduzierend oder erhöhend auf deren Angebotspreise auswirken, und ob die Regelungsadressaten ihre Kostenüberwälzungsmöglichkeiten in Abhängigkeit von der konkreten Wettbewerbssituation auf ihren Teilmärkten einzelpreisreduzierend oder -erhöhend ausschöpfen,lässt sich zwar nicht abschätzen, aber auch nicht ausschließen.

Ähnliche Effekte sind auch zu erwarten für die Arbeitgeber, die durch die Neuregelung des Finanzierungs- und Erstattungssystems für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle neu in dieses System eingebunden werden (zusätzliches Umlagevolumen von ca 2,0 Mrd Euro).

Zudem entstehen den Arbeitgebern einerseits zusätzlicher Aufwand,andererseits werden sie durch die Reduzierung der unterschiedlichen Anzahl von Umlagesätzen, soweit von der Möglichkeit nach § 8 Abs.2(Übertragung der eigenen Aufgaben auf eine kassenübergreifende Stelle)Gebrauch gemacht wird und die Einbeziehung aller Krankenkassen (mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkassen)beiden Verwaltungsaufwendungen entlastet, die ihrerseits zukosteninduzierten Einzelpreisanpassungen führen könnten.

Insgesamt dürften all diese eher geringfügigen Einzelpreisänderungen jedoch nicht ausreichen,messbare Effekte auf das allgemeine Preisniveau bzw Verbraucherpreisniveau zu induzieren. Die öffentlichen Haushalte der Gebietskörperschaften werden durch die Neuregelung per Saldo nicht belastet. Insoweit gehen auch hier von keine mittelbaren Preiseffekte aus.

§§§



3.Gleichstellungspolitische Relevanzprüfung

Nach der bisherigen Rechtslage wurden die Aufwendungen für Mutterschaftsleistungen nur den Kleinbetrieben erstattet,nicht jedoch mittleren und großen Unternehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat hierin einen Verstoß gegen die Verfassung gesehen,da diese Rechtslage im Ergebnis zu einer Benachteiligung von Frauen bei der Einstellung in mittleren und großen Unternehmen führen kann.Durch die Reform des Umlageverfahrens wird dieses Problem gelöst und die Grundlage für die verfassungsrechtlich gebotene tatsächliche Gleichberechtigung von Mann und Frau im Arbeitsleben geschaffen.

§§§



4.Befristung

Eine Befristung des Gesetzes kommt nicht in Betracht, da die Änderung der bestehenden Regelungen dauerhaft erfolgen soll.

§§§



5.Verwaltungsvereinfachung

Die Neuregelung führt in mehrfacher Hinsicht zu Verwaltungsvereinfachungen. Zunächst werden durch die Einbeziehung aller Krankenkassen Zuständigkeiten klar geregelt. Dies führt zu einem geringeren Verwaltungsaufwand bei den Arbeitgebern. Durch die Möglichkeit der Krankenkassen, Aufgaben nach diesem Gesetz zu übertragen, können Synergieeffekte genutzt werden.

Ferner fällt die für Krankenkasse und Arbeitgeber aufwändige Unterteilung in Arbeiter und Angestellte nach der bisherigen Rechtslage weg.Arbeitgeber und Krankenkassen werden hierdurch entlastet.

§§§



[ ] RegE-Vorblatt [ ][ » ]

Saar-Daten-Bank (SaDaBa)   -   Frisierte Gesetzestexte   -   © H-G Schmolke 1998-2006
K-Adenauer-Allee 13, 66740 Saarlouis, Tel: 06831-988099, Fax: 06831-988066, Email: hgs@sadaba.de
Der schnelle Weg durch's Paragraphendickicht!
www.sadaba.de

§§§