StZG | 1-16 | |
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[ I ] | [ ] |
BGBl.III/FNA 2121-61
Gesetz
zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang
mit
Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen
vom 28.06.02 (BGBl_I_02,2277)
zuletzt geändert durch durch Art.37 iVm Art.559 der Neunten Zuständigkeitsanpassungsverordnung
vom 31.10.06 (BGBl_I_06,2407)
frisiert und verlinkt von
H-G Schmolke
[ Änderungen-2006 ] |
§§§
Zweck dieses Gesetzes ist es, im Hinblick auf die staatliche Verpflichtung, die Menschenwürde und das Recht auf Leben zu achten und zu schützen und die Freiheit der Forschung zu gewährleisten,
die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen grundsätzlich zu verbieten,
zu vermeiden, dass von Deutschland aus eine Gewinnung embryonaler Stammzellen oder eine Erzeugung von Embryonen zur Gewinnung embryonaler Stammzellen veranlasst wird, und
die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen ausnahmsweise zu Forschungszwecken zugelassen sind.
§§§
Dieses Gesetz gilt für die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen.
§§§
sind Stammzellen alle menschlichen Zellen, die die Fähigkeit besitzen, in entsprechender Umgebung sich selbst durch Zellteilung zu vermehren, und die sich selbst oder deren Tochterzellen sich unter geeigneten Bedingungen zu Zellen unterschiedlicher Spezialisierung, jedoch nicht zu einem Individuum zu entwickeln vermögen (pluripotente Stammzellen),
sind embryonale Stammzellen alle aus Embryonen, die extrakorporal erzeugt und nicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft verwendet worden sind oder einer Frau vor Abschluss ihrer Einnistung in der Gebärmutter entnommen wurden, gewonnenen pluripotenten Stammzellen,
<sind embryonale Stammzell-Linien alle embryonalen Stammzellen, die in Kultur gehalten werden oder im Anschluss daran kryokonserviert gelagert werden,
<ist Embryo bereits jede menschliche totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag,
<ist Einfuhr das Verbringen embryonaler Stammzellen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes.
§§§
(1) Die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen ist verboten.
(2) Abweichend von Absatz 1 sind die Einfuhr und die Verwendung embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken unter den in § 6 genannten Voraussetzungen zulässig, wenn
die embryonalen Stammzellen in Übereinstimmung mit der Rechtslage im Herkunftsland dort vor dem 1.Januar 2002 gewonnen wurden und in Kultur gehalten werden oder im Anschluss daran kryokonserviert gelagert werden (embryonale Stammzell-Linie),
die Embryonen, aus denen sie gewonnen wurden, im Wege der medizinisch unterstützten extrakorporalen Befruchtung zum Zwecke der Herbeiführung einer Schwangerschaft erzeugt worden sind, sie endgültig nicht mehr für diesen Zweck verwendet wurden und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies aus Gründen erfolgte, die an den Embryonen selbst liegen,
für die Überlassung der Embryonen zur Stammzellgewinnung kein Entgelt oder sonstiger geldwerter Vorteil gewährt oder versprochen wurde und
der Einfuhr oder Verwendung der embryonalen Stammzellen sonstige gesetzliche Vorschriften, insbesondere solche des Embryonenschutzgesetzes, nicht entgegenstehen.
(3) 1Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Gewinnung
der embryonalen Stammzellen offensichtlich im Widerspruch zu tragenden Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung erfolgt ist.
2Die Versagung kann nicht damit begründet werden, dass die Stammzellen aus menschlichen Embryonen gewonnen wurden.
§§§
Forschungsarbeiten an embryonalen Stammzellen dürfen nur durchgeführt werden, wenn wissenschaftlich begründet dargelegt ist, dass
sie hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung oder für die Erweiterung medizinischer Kenntnisse bei der Entwicklung diagnostischer, präventiver oder therapeutischer Verfahren zur Anwendung bei Menschen dienen und
die im Forschungsvorhaben vorgesehenen Fragestellungen so weit wie möglich bereits in In-vitro-Modellen mit tierischen Zellen oder in Tierversuchen vorgeklärt worden sind und
der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte wissenschaftliche Erkenntnisgewinn sich voraussichtlich nur mit embryonalen Stammzellen erreichen lässt.
§§§
(1) Jede Einfuhr und jede Verwendung embryonaler Stammzellen bedarf der Genehmigung durch die zuständige Behörde.
(2) 1Der Antrag auf Genehmigung bedarf der Schriftform.
2Der Antragsteller hat in den Antragsunterlagen insbesondere
folgende Angaben zu machen:
den Namen und die berufliche Anschrift der für das Forschungsvorhaben verantwortlichen Person,
eine Beschreibung des Forschungsvorhabens einschließlich einer wissenschaftlich begründeten Darlegung, dass das Forschungsvorhaben den Anforderungen nach § 5 entspricht,
aeine Dokumentation der für die Einfuhr oder Verwendung
vorgesehenen embryonalen Stammzellen
darüber, dass die Voraussetzungen nach § 4 Abs.2 Nr.1 erfüllt sind;
bder Dokumentation steht ein Nachweis
gleich, der belegt, dass
die vorgesehenen embryonalen Stammzellen mit denjenigen identisch sind, die in einem wissenschaftlich anerkannten, öffentlich zugänglichen und durch staatliche oder staatlich autorisierte Stellen geführten Register eingetragen sind, und
durch diese Eintragung die Voraussetzungen nach § 4 Abs.2 Nr.1 erfüllt sind.
(3) 1Die zuständige Behörde hat dem Antragsteller den
Eingang des Antrags und der beigefügten Unterlagen
unverzüglich schriftlich zu bestätigen.
2Sie holt zugleich die Stellungnahme der Zentralen Ethik-Kommission für
Stammzellenforschung ein.
3Nach Eingang der Stellungnahme teilt sie dem Antragsteller die Stellungnahme und den Zeitpunkt der Beschlussfassung der Zentralen Ethik-
Kommission für Stammzellenforschung mit.
(4) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn
die Voraussetzungen nach § 4 Abs.2 erfüllt sind,
die Voraussetzungen nach § 5 erfüllt sind und das Forschungsvorhaben in diesem Sinne ethisch vertretbar ist und
eine Stellungnahme der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung nach Beteiligung durch die zuständige Behörde vorliegt.
(5) 1Liegen die vollständigen Antragsunterlagen sowie
eine Stellungnahme der Zentralen Ethik-Kommission für
Stammzellenforschung vor, so hat die Behörde über den
Antrag innerhalb von zwei Monaten schriftlich zu entscheiden.
2Die Behörde hat bei ihrer Entscheidung die Stellungnahme
der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung
zu berücksichtigen.
3Weicht die zuständige Behörde bei ihrer Entscheidung von der Stellungnahme der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung
ab, so hat sie die Gründe hierfür schriftlich darzulegen.
(6) 1Die Genehmigung kann unter Auflagen und Bedingungen
erteilt und befristet werden, soweit dies zur Erfüllung
oder fortlaufenden Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen
nach Absatz 4 erforderlich ist.
2Treten nach Erteilung der Genehmigung Tatsachen ein, die der
Genehmigung entgegenstehen, kann die Genehmigung
mit Wirkung für die Zukunft ganz oder teilweise widerrufen
oder von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht
oder befristet werden, soweit dies zur Erfüllung oder fortlaufenden Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen
nach Absatz 4 erforderlich ist.
3Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf
der Genehmigung haben keine aufschiebende Wirkung.
§§§
(1) 1Zuständige Behörde ist eine durch Rechtsverordnung
des Bundesministeriums für Gesundheit (2) zu bestimmende
Behörde aus seinem Geschäftsbereich.
2Sie führt die ihr nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben als
Verwaltungsaufgaben des Bundes durch und untersteht
der Fachaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit (2).
(2) 1Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz sind
Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben.
2Das Verwaltungskostengesetz findet Anwendung.
3Von der Zahlung von Gebühren sind außer den in § 8 Abs.1 des Verwaltungskostengesetzes bezeichneten Rechtsträgern die als gemeinnützig anerkannten Forschungseinrichtungen befreit.
(3) 1Das Bundesministerium für Gesundheit (2) wird ermächtigt,
im Einvernehmen mit dem Bundesministerium
für Bildung und Forschung durch Rechtsverordnung die
gebührenpflichtigen Tatbestände zu bestimmen und
dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen.
2Dabei ist die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der
sonstige Nutzen für die Gebührenschuldner angemessen
zu berücksichtigen.
3In der Rechtsverordnung kann bestimmt werden, dass eine Gebühr auch für eine Amtshandlung erhoben werden kann, die nicht zu Ende geführt
worden ist, wenn die Gründe hierfür von demjenigen zu
vertreten sind, der die Amtshandlung veranlasst hat.
(4) Die bei der Erfüllung von Auskunftspflichten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens entstehenden eigenen Aufwendungen des Antragstellers sind nicht zu erstatten.
§§§
(1) 1Bei der zuständigen Behörde wird eine interdisziplinär
zusammengesetzte, unabhängige Zentrale Ethik-
Kommission für Stammzellenforschung eingerichtet, die
sich aus neun Sachverständigen der Fachrichtungen Biologie,
Ethik, Medizin und Theologie zusammensetzt.
2Vier der Sachverständigen werden aus den Fachrichtungen
Ethik und Theologie, fünf der Sachverständigen aus den
Fachrichtungen Biologie und Medizin berufen.
3Die Kommission wählt aus ihrer Mitte Vorsitz und Stellvertretung.
(2) 1Die Mitglieder der Zentralen Ethik-Kommission für
Stammzellenforschung werden von der Bundesregierung
für die Dauer von drei Jahren berufen.
2Die Wiederberufung ist zulässig.
4Für jedes Mitglied wird in der Regel ein stellvertretendes
Mitglied bestellt.
(3) 1Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder
sind unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.
2Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
3Die §§ 20 und 21 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten entsprechend.
(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über die Berufung und das Verfahren der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung, die Heranziehung externer Sachverständiger sowie die Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde einschließlich der Fristen zu regeln.
§§§
Die Zentrale Ethik-Kommission für Stammzellenforschung prüft und bewertet anhand der eingereichten Unterlagen, ob die Voraussetzungen nach § 5 erfüllt sind und das Forschungsvorhaben in diesem Sinne ethisch vertretbar ist.
§§§
(1) Die Antragsunterlagen nach § 6 sind vertraulich zu behandeln.
(2) Abweichend von Absatz 1 können für die Aufnahme in das Register nach § 11 verwendet werden
die Angaben über die embryonalen Stammzellen nach § 4 Abs.2 Nr.1,
der Name und die berufliche Anschrift der für das Forschungsvorhaben verantwortlichen Person,
die Grunddaten des Forschungsvorhabens, insbesondere eine zusammenfassende Darstellung der geplanten Forschungsarbeiten einschließlich der maßgeblichen Gründe für ihre Hochrangigkeit, die Institution, in der sie durchgeführt werden sollen, und ihre voraussichtliche Dauer.
(3) Wird der Antrag vor der Entscheidung über die Genehmigung zurückgezogen, hat die zuständige Behörde die über die Antragsunterlagen gespeicherten Daten zu löschen und die Antragsunterlagen zurückzugeben.
§§§
Die Angaben über die embryonalen Stammzellen und die Grunddaten der genehmigten Forschungsvorhaben werden durch die zuständige Behörde in einem öffentlich zugänglichen Register geführt.
§§§
1Die für das Forschungsvorhaben verantwortliche Person
hat wesentliche nachträglich eingetretene Änderungen,
die die Zulässigkeit der Einfuhr oder der Verwendung
der embryonalen Stammzellen betreffen, unverzüglich der
zuständigen Behörde anzuzeigen.
2§ 6 bleibt unberührt.
§§§
(1) 1Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer ohne Genehmigung nach § 6
Abs.1 embryonale Stammzellen einführt oder verwendet.
2Ohne Genehmigung im Sinne des Satzes 1 handelt auch,
wer auf Grund einer durch vorsätzlich falsche Angaben
erschlichenen Genehmigung handelt.
3Der Versuch ist strafbar.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer vollziehbaren Auflage nach § 6 Abs.6 Satz 1 oder 2 zuwiderhandelt.
§§§
(1) Ordnungswidrig handelt, wer
entgegen § 6 Abs.2 Satz 2 eine dort genannte Angabe nicht richtig oder nicht vollständig macht oder
entgegen § 12 Satz 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden.
§§§
1Die Bundesregierung übermittelt dem Deutschen Bundestag
im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum Ablauf
des Jahres 2003, einen Erfahrungsbericht über die Durchführung
des Gesetzes.
2Der Bericht stellt auch die Ergebnisse
der Forschung an anderen Formen menschlicher Stammzellen dar.
§§§
Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.
§§§
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