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BGBl.III/FNA 860-9-2-1
Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz
vom 17.07.02 (BGBl_I_02,2650)
frisiert und verlinkt von
H-G Schmolke
§§§
Auf Grund des § 9 Abs.2 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 27.April 2002 (BGBl.I S.1467) verordnet das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung:
§§§
(1) Die Verordnung gilt für alle natürlichen Personen, die als Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens wegen einer Hör- oder Sprachbehinderung nach Maßgabe von § 3 des Behindertengleichstellungsgesetzes zur Wahrnehmung eigener Rechte für die mündliche Kommunikation im Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Bereitstellung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers für die Deutsche Gebärdensprache, für lautsprachbegleitende Gebärden oder anderer geeigneter Kommunikationshilfen haben (Berechtigte).
(2) Die Berechtigten können ihren Anspruch nach § 9 Abs.1 des Behindertengleichstellungsgesetzes gegenüber jeder Behörde der Bundesverwaltung geltend machen.
§§§
(1) 1Der Anspruch auf Bereitstellung einer Dolmetscherin
oder eines Dolmetschers für die Deutsche Gebärdensprache
oder für lautsprachbegleitende Gebärden (Gebärdensprachdolmetscher)
oder einer anderen geeigneten Kommunikationshilfe besteht, soweit eine solche Kommunikationshilfe zur Wahrnehmung eigener Rechte in einem
Verwaltungsverfahren erforderlich ist, in dem dafür notwendigen
Umfang.
2Der notwendige Umfang bestimmt sich insbesondere
nach dem individuellen Bedarf der Berechtigten.
(2) 1Die Berechtigten haben nach Maßgabe des Absatzes 1 ein Wahlrecht hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe.
2Dies umfasst auch das Recht, einen
Gebärdensprachdolmetscher oder eine andere geeignete
Kommunikationshilfe selbst bereitzustellen.
3Die Berechtigten haben der Behörde rechtzeitig mitzuteilen, inwieweit sie von ihrem Wahlrecht nach Satz 1 und 2 Gebrauch machen.
4Die Behörde kann den ausgewählten Gebärdensprachdolmetscher
oder die ausgewählte andere Kommunikationshilfe
zurückweisen, wenn sie ungeeignet sind oder in sonstiger Weise den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entsprechen.
5Die Hör- oder Sprachbehinderung
sowie die Wahlentscheidung nach Satz 1 sind aktenkundig
zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren
von Amts wegen zu berücksichtigen.
(3) Erhält die Behörde Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung von Berechtigten im Verwaltungsverfahren, hat sie diese auf ihr Recht auf barrierefreie Kommunikation und auf ihr Wahlrecht nach Absatz 2 hinzuweisen.
(4) Zur Abwehr von unmittelbar bevorstehenden Gefahren für bedeutsame Rechtsgüter, wie etwa Leben, Gesundheit, Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte, kann im Einzelfall von dem Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern oder anderer Kommunikationshilfen abgesehen werden.
§§§
(1) Die Kommunikation mittels eines Gebärdensprachdolmetschers oder einer anderen Kommunikationshilfe ist als geeignete Kommunikationsform anzusehen, wenn sie im konkreten Fall eine für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderliche Verständigung sicherstellt.
(2) Als andere Kommunikationshilfen kommen Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer, Kommunikationsmethoden und Kommunikationsmittel in Betracht:
Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer sind insbesondere
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher;
Simultanschriftdolmetscherinnen und Simultanschriftdolmetscher;
Oraldolmetscherinnen und Oraldolmetscher oder
Kommunikationsassistentinnen und Kommunikationsassistenten.
Kommunikationsmethoden sind insbesondere
Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden oder
gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung.
Kommunikationsmittel sind insbesondere
akustisch-technische Hilfen oder
grafische Symbol-Systeme.
§§§
(1) Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen werden von der Behörde bereitgestellt, es sei denn, die Berechtigten machen von ihrem Wahlrecht nach § 2 Abs.2 Satz 2 Gebrauch.
(2) Das Bundesverwaltungsamt berät und unterstützt die Behörde bei ihrer Aufgabe nach Absatz 1.
§§§
(1) 1Die Behörde entschädigt Gebärdensprachdolmetscher
und Kommunikationshelfer in entsprechender
Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung von
Zeugen und Sachverständigen.
2Für den Einsatz sonstiger
Kommunikationshilfen trägt sie die entstandenen Aufwendungen.
(2) 1Die Behörde vergütet die Leistungen unmittelbar
denjenigen, die sie erbracht haben.
2Stellen die Berechtigten den Gebärdensprachdolmetscher oder die sonstige
Kommunikationshilfe selbst bereit, trägt die Behörde die
Kosten nach Absatz 1 nur, soweit sie nach Maßgabe des
§ 2 Abs.1 erforderlich sind.
3In diesem Fall dürfen die Berechtigten nicht auf eine Erstattung verwiesen werden, es sei denn, sie wünschen dies oder es liegt ein sonstiger besonderer Grund vor.
§§§
Diese Verordnung wird spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten auf ihre Wirkung überprüft.
§§§
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
§§§
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