RsprS zu § 823 BGB
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Allgemeines

    I. Verschulden

  1. Wer in seinem Betrieb, der auf eine funktionierende EDV-Anlage angewiesen ist, auf regelmäßige Datensicherungen verzichtet und auch keine unterbrechungsfreie Stromversorgung durch entsprechende Hardware gewährleistet, nimmt - unter dem Gesichtspunkt der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten - etwaige Datenverluste billigend in Kauf und handelt grob nachlässig, so daß er schon deshalb bei Datenverlusten durch Stromunterbrechungen keinen Schadenersatz verlangen kann. (vgl. LG Konsta, U 10.05.96 - 1 S 292/95 - Daten, NJW-CoR 97,114 (L) = NJW 96,2662)


  2. Ein Presseunternehmen genügt nicht dem anzulegenden Sorgfaltsmaßstab, wenn es ohne Durchführung eigener Recherchen von einem ihm bekannten Bericht einer anderen Zeitung zum Nachteil des Betroffenen abweicht. Es stellt eine ins Gewicht fallende, eine immaterielle Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, einen Geschäftsmann als ehemaligen "Rotlichtfürst" zu bezeichnen, der es "nicht nur verstanden habe, Mädchen zu führen, sondern auch die von ihnen erarbeiteten Gelder für sich und für sie anzulegen". (vgl. OLG SB, U 12.02.97 - 1 U 515/96 - Rotlichtfürst, NJW 97,1376 -79)


  3. Im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten obliegt Medienvertretern die Pflicht zur Überprüfung des zur Veröffentlichung vorgesehenen Tatsachenmaterials; dies gilt umso mehr, wenn Zweifel an der Echtheit bestehen. Namentlich die Gefahr einer unzutreffenden Verbreitung von Informationen über eine andere Person muß weitestgehend ausgeschlossen werden mit der Folge, daß von einer Veröffentlichung insgesamt Abstand zu nehmen ist, wenn nicht ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegt (Fortführung von BGH, NJW 77,1288). Bei der bloßen Übernahme von Tatsachenbehauptungen Dritter durch die Medien ist diesen die Äußerung jedenfalls dann als eigene zuzurechnen, wenn es an einer ausdrücklichen und ernsthaften Distanzierung von den weiterverbreiteten Informationen durch die verantwortlichen Medienvertretern fehlt (Anschluß an BGH, NJW 96,1131). (vgl. BGH, U 26.11.96 - 6 ZR 323/95 - Stern-TV, NJW 97,1148 -50 = ZfS 97,85 -89)


  4. Eine zur Geldentschädigung verpflichtende schwerwiegende Verletzung des Rechts am eigenen Bild ist nicht nur auf Fälle des Vorsatzes beschränkt, sie kann auch bei einer groben Fahrlässigkeit des Verletzers vorliegen (im Anschluß an BGH, NJW 96,985 f). Wird aufgrund einer grobfahrlässigen Fotoverwechslung das Bild eines unbeteiligten und unbescholtenen katholischen Pfarrers in einem Zeitschriftenartikel über sexuelle Verfehlungen katholischer Priester gegenüber Minderjährigen bundesweit mit einer Auflage von über 1,5 Mio Exemplaren veröffentlicht, löst diese Verletzung des Persönlichskeitsrechts einen Anspruch des Betroffenen aus. Die für die Bemessung der Geldentschädigung im Vordergrund stehenden Gesichtspunkte der Genugtuung des Opfers und der Prävention führen in einem solchen Fall zu einer Geldentschädigung von 20000 DM. (vgl. OLG Koble, U 20.12.96 - 10 U 1667/95 - Fotoverwechselung, NJW 97,1375 -76)

    II. Schadensersatz

  1. Bei der Festsetzung der Höhe der für eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu zahlenden Geldenschädigung ist ganz wesentlich auf den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers sowie den Gedanken der Prävention im Verhältnis zum Schädiger abzustellen (Anschluß an BGH NJW 95,861 = LM H.5/1995 § 823 (Ah) BGB Nr.119 sowie BGH, NJW 96,984 - Caroline von Monaco). Ein Sonderfall der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist gegeben, wenn der Schädiger eine "Zwangskommerzialisierung" der Person des Opfers in der Weise herbeiführt, daß er dieses durch vorsätzlich rechtswidrige Handeln (hier ua: Veröffentlichung eines erfundenen, also vorsätzlich falsch publizierten, "Exklusiv" - Interviews) geradezu als Mittel für die Auflagensteigerung und damit seiner eigenen Interessen mißbraucht. In solchen Fällen ist die Verhängung einer "fühlbaren" Geldentschädigung angezeigt, deren Höhe für den Schädiger einen echten Hemmungseffekt in bezug auf die Vermarktung der Persönlichkeit auslösen muß. Der Gesichtspunkt der "Fühlbarkeit" der Geldentschädigung trägt dem in der Rechtsrechung des BGH geforderten Genugtuungs- und Präventionsgedanken - also dem im Einzelfall angemessen Ausgleich der Beeinträchtigung - hinreichend Rechnung. Einer Abschöpfung des durch die Verletzung des Persönlichkeitsrechts erzielten Gewinns des Schädigers bedarf es demgegenüber nicht (entgegen Prinz, NJW 96,953 (955)). Die Zuerkennung einer deutlich erhöhten Geldentschädigung soll das Risiko für Presseverlage vergrößern, Ansprüchen Geschädigter in nunmehr auch für das Unternehmen spürbaren Dimensionen ausgesetzt zu sein. Ob insoweit noch höhere Geldentschädigungen erforderlich sein werden, hängt nicht zuletzt von dem zukünftigen Verhalten der Medien ab. (vgl. OLG Hamb, U 25.07.96 - 3 U 60/93 - Caroline von Monaco, NJW 96,2870 -74)


  2. Die für die Bemessung der Geldentschädigung im Vordergrund stehenden Gesichtspunkte der Genugtuung des Opfers und der Prävention führen im Falle einer grobfahrlässigen Fotoverwechselung zu einer Geldentschädigung von 20000 DM. (vgl. OLG Koble, U 20.12.96 - 10 U 1667/95 - Fotoverwechselung, NJW 97,1375 -76)

Zu Absatz.1

    I. Allgemeines Persönlichkeitsrecht

  1. Ein Kassenarzt wird nicht dadurch in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder seinen sonstigen Rechten verletzt, daß eine Zeitung entgegen der in der Notfalldienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehenen Regelung seinen Namen und seine Einteilung zum Notfalldienst veröffentlicht. (vgl. BGH, U 13.11.90 - 4 ZR 104/90 - Notfalldienst, AfP 91,416 -418 = VersR 91,433 -435 = MedR 91,86 -89 = NJW 91,1532 -1534 =)


  2. Sowohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht als auch dessen besondere Ausprägung in Gestalt des Rechts am eigenen Bild sind verletzt, wenn in zwei mit Fotos versehenen Zeitungsartikeln über eine Person der nicht erweisliche Eindruck erweckt wird, diese spiegele eine dauerhafte Erkrankung lediglich vor, um so neben der Gehaltsfortzahlung auch weitere persönliche Vorteile (hier: das Erstellen einer Dissertation) auf Kosten der Allgemeinheit zu erreichen. Das Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers ist maßgeblich bei der Beurteilung, ob eine solche Berichtserstattung noch als zulässige Information der Leser oder bereits als rechtswidriges Anprangern des Betroffenen einzuschätzen ist. Auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 StGB kann sich ein Presseorgan nicht berufen, wenn unzureichende Recherchen vor der Veröffentlichung der Behauptungen über den Betroffenen einen Verstoß gegen die pressemäßigen Sorgfaltsanforderungen begründen. Zu den Kriterien für die Höhe des Geldentschädigungsanspruchs bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Anschluß an BGHZ 128,1 = NJW 95,861 = LM H.5/1995 § 823 (Ah) BGB Nr.119). (vgl. LG Berlin, U 26.11.96 - 27 O 451/96 - Berlins gierigster Lehrer, NJW 97,1373 -75)


  3. Es ist keine übermäßige Beschränkung der Pressefreiheit, wenn die Gerichte nach einer Verdachtsberichterstattung den erforderlichen Ausgleich zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsrecht dadurch herbeiführen, daß sie dem Betroffenen grundsätzlich das Recht zubilligen, eine ergänzende Mitteilung über den für ihn günstigen Ausgang des Strafverfahrens zu verlangen. (vgl. BVerfG, B 28.04.97 - 1 BvR 765/97 - Verdachtsberichterstattung, NJW 97,2589 -90)

    II. Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb

  1. Die Deutsche Telekom AG haftet nicht für Fehler im Bereich der Verleger der Branchenfernsprechbücher "Gelbe Seiten" und die dadurch unterbliebene Eintragung eines Telefonkunden. Der Telefonkunde, dessen Eintragung aufgrund eines Fehlers im Bereich des Verlegers der "Gelben Seiten" unterblieben ist, hat gegen deren Herausgeber keinen Schadensersatzanspruch, weil vertragliche Beziehungen zu ihm fehlen und mangels Betriebsbezogenheit ein Eingriff in den Gewerbebetrieb des Telefonkunden ausscheidet. (vgl. OLG Düsse, U 12.07.96 - 22 U 44/96 - Gelbe Seiten, NJW-RR 97,1050)


  2. Ein Unternehmen, das unter Verwendung der Bezeichnung "juris" (sowohl als Firmenbestandteil, als auch als Firmenschlagwort) eine juristische Datenbank betreibt, für das "juris" als Dienstleistungsmarke eingetragen ist und das nach seinem Gesellschaftszweck - hauptsachlich - Dokumentations- und Informationsdienstleistungen auf dem Fachgebiet "Recht" erbringt, kann von einem Internet-Provider Unterlassung und Beseitigung dahin verlangen, die Bezeichnung "juris.de" als Internet-Adresse (Domain-Adresse) "reserviert" zu halten (Beseitigungsanspruch) und diese Internet-Adresse tatsächlich zu verwenden (Unterlassungsanspruch). Diese Ansprüche folgen aus § 12 iVm § 823 Abs.1 BGB, denn die namensmäßige Abkürzung "juris" ist durch die Verwendung für die Bezeichnung der Internet-Adresse unbefugt gebraucht worden und die Verwendung beeinträchtigt schutzwürdige Interessen des betroffenen Unternehmens. Die Interessenverletzung liegt schon darin, daß das Unternehmen durch die Reservierung von "juris.de" seitens eines anderen gehindert ist, sich dieser Internet-Adresse zu bedienen, die für es nach den allgemein geltenden Regeln für die Benennung von Domain-Adressen die "natürlichste" Adresse darstellt, da sie direkt auf das betroffene Unternehmen verweist. (vgl. LG Münch, U 15.01.97 - 1 HKO 3146/96 - juris.de, NJW-CoR 97,231 (L))


  3. Die nicht zu Wettbewerbszwecken erfolgte Veröffentlichung eines Vergleichstests ist zulässig, wenn die dem Bericht zugrundeliegenden Untersuchungen neutral, objektiv und sachkundig durchgeführt worden sind und sowohl die Art des Vorgehens bei der Prüfung als auch die aus den Untersuchungen gewonnenen Schlüsse vertretbar, das heißt diskutabel, erscheinen (stRspr, vgl BGHZ 65,325 (328,334 f) = NJW 76,620; BGH NJW 87,2222; BGH NJW 89,1923). Weist ein bei einem Druckertest verwendetes Druckerkabel eines anderen Herstellers eine schadhafte Abschirmung auf und hätte dieser Defekt bei hinreichend sorgfältiger Untersuchung beim Test gefunden werden müssen, so kann die Veröffentlichung des wegen fehlerhafter Funkentstörung des Druckers "mangelhaften" Testergebnisses einen rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb des Betroffenen bedeuten. (vgl. BGH, U 17.06.97 - 6 ZR 114/96 - Druckertest, NJW-CoR 97,430 (L) = NJW 97,2593)


  4. Die Unterlassung der Benutzung und die Freigabe einer Domain können nicht verlangt werden, wenn der Benutzer ein eingenes Interesse an der gewählten Zeichenfolge besitzt. Dies ergibt sich markenrechtlich aus § 23 Nr.1 MarkenG. (vgl. LG Bonn, B 22.09.97 - 1 O 374/97 - DETAG.de, NJW-CoR 98,178 = MMR 98,110)

Zu Absatz.2

  1. Zu den personenbezogenen Daten iSd 3 Abs.1 BDSG zählen ua Informationen, die eine für die Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen bedeutsame Aussage enthalten, insbesondere also seine Kreditdaten. Auch Informationen über den Ehemann bilden einen Teil der Angaben über die Person der Betroffenen und werden von interessierter Empfängern bei der Beurteilung von deren Kreditwürdigkeit zumindestens in die Überlegung einbezogen. Damit handelt es sich auch um personenbezogene Daten der Betroffenen. Der Anspruch auf Unterlassung der Übermittlung gespeicherter Daten ist nicht durch Spezialregelungen im Bundesdatenschutzgesetz ausgeschlossen. Er kann auf die §§ 1004 Abs.1 S.2, 823 Abs.2 BGB, §§ 4, 29 Abs.2, BDSG gestützt werden. §§ 4, 29 Abs.2 BDSG dienen dem Zweck, den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird, und sind deshalb Schutzgesetze iSd § 823 Abs.2 BGB. (vgl. OLG Hamm, U 04.04.95 - 9 U 42/95 - Auskunftei, NJW 96,131 -132 = NJW-CoR 96,122 (L))
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