RsprS zu § 649 BGB
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I. Allgemeines

  1. Auch bei einem in erster Reihe auf Leistung von Diensten gerichteten Vertrage können die Parteien nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit vereinbaren, daß bei fristloser Kündigung durch den Dienstberechtigten Ansprüche gemäß BGB § 649 erhoben werden dürfen. (vgl. BGH, U 28.06.52 - 2 ZR 263/51 - Dienstvertrag, BB 52,635)


  2. Auch wenn der Einwand kein Gegenrecht des Bestellers ist, das nur auf dessen Vortrag hin berücksichtigt werden darf, so trägt der Besteller doch für Art und Umfang der streitigen Ersparnis die Beweislast. Ist ein Werkvertrag nicht ausgeführt worden, kann Mehrwertsteuer auf die nach § 649 Satz 2 BGB geschuldete Vergütung nicht gefordert werden. (vgl. BGH, U 24.04.86 - 7 ZR 139/84 - Mehrwertsteuer, BauR 86,577 -78 = NJW-RR 86,1026)


  3. Ist der Werkvertrag nur zum Teil ausgeführt worden, liegt der Restvergütung gemäß § 649 S.2 BGB jedenfalls dann kein umsatzsteuerpflichtiges Austauschgeschäft zugrunde, wenn der Unternehmer eine teilbare Leistung zu erbringen hatte (im Anschluß an BGB Urt vom 24.04.86 - 7 ZR 139/84 = NJW-RR 86,1026 ). (vgl. BGH, U 02.06.87 - 10 ZR 39/86 - Restvergütung, BB 87,1491-92)


  4. Die Kündigung des Reisevertrages durch den Reiseveranstalter aus wichtigem Grund führt zu einer Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses nach BGB § 651e Abs.4 S.1 analog und beinhaltet die unverzügliche Rückbeförderungspflicht. Sofern der Reiseveranstalter dieser Verpflichtung nicht nachkommt und der Reisende selbst die Rückreise veranlaßt, kann er entsprechend BGB § 651c Abs.3 eine Erstattung der verauslagten Kosten verlangen. Der Reisende hat ferner einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die der Reiseveranstalter durch die nicht in Anspruch genommenen Reiseleistungen (hier: Hotelunterbringung) erspart hat. Bei der außerordentlichen Kündigung des Reiseveranstalters behält dieser zwar entsprechend BGB § 649 S.2 den Anspruch auf den Reisepreis, er muß sich jedoch diejenigen Vorteile anrechnen lassen, die er durch eine anderweitige Verwertung von Reiseleistungen erzielt (hier: Neuvergabe des Hotelzimmers an andere Reisende). (vgl. AG Kleve, U 09.08.96 - 3 C 232/96 - Reisevertrag-Kündigung, RRa 96,227 -28)

II. Architektenvertrag

  1. Kündigt der Bauherr den Architektenvertrag, kann der Architekt volle Vergütung für die nicht mehr ausgeführten Leistungen fordern; er muß sich lediglich dasjenige anrechnen lassen, was er durch die Nichtausführung erspart oder durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt. Die ersparten Aufwendungen eines Architekten bei nur teilweiser Ausführung des Auftrages sind allgemein mit 40 anzusetzten. Dieser Satz von 40 gibt Erfahrungswerte wieder und gilt auch dann, wenn dies nicht besonders vereinbart worden ist. Personalkosten- und Geschäftskostensteigerungen können bei der Bemessung der Aufwendungsersparnis nicht berücksichtigt werden, weil sie - auftragsunabhängig - weiterlaufen. (vgl. OLG Köln, U 08.22.73 - 10 U 5/72 - Ersparte Aufwendungen, MDR 74,228)


  2. Die Kündigung eines Werkvertrages zwischen einem Bauherrn und einem Dritten führt zur Beendigung des Werkvertragsverhältnisses ex nunc, läßt aber den Werkvertrag für die Vergangenheit als Rechtsgrund ebenso bestehen, wie die zuvor in Erfüllung des Vertrages, aber unabhängig von seinem Fortbestand erfolgte Übertragung des Nachbaurechts durch den Dritten, wenn dieser das Nachbaurecht seinerseits wirksam vom Architekten mit der Befugnis der Weiterübertragung an den Bauherrn eingeräumt bekommen hat. (vgl. BGH, U 13.11.81 - 1 ZR 168/79 - Allwetterbad, BauR 82,387 -89 = MDR 82,723 -24 = NJW 82,2553 -55 = ZfBR 82,160 -66)


  3. Zum Gebührenanspruch des Architekten nach Kündigung des Architektenvertrages. (vgl. OLG Hamm, U 28.01.86 - 24 U 98/85 - Architektengebühren, BB 86,627)


  4. Die Kündigung des Architektenvertrages aus wichtigem Grunde beläßt dem Architekten grundsätzlich den Vergütungsanspruch für die bereits erbrachten Leistungen, sofern dem Bauherrn nicht ein Minderungs- oder Schadensersatzanspruch zusteht. Minderungs- oder Schadensersatzansprüche des Bauherrn können sich insbesondere aus einer Überschreitung der festgelegten Baukosten und einer darin liegenden mangelhaften Planung des Architekten ergeben. Solange eine Umplanung noch zur Einhaltung des Kostenlimits führen kann ist Voraussetzung für einen solchen Minderungs- oder Schadensersatzanspruch eine Aufforderung des Bauherrn an den Architekten zur Mängelbeseitigung seiner Planung unter Fristsetzung und Ablehnungsandrohung gemäß BGB § 634 Abs.1. (vgl. OLG Düssel, U 24.06.86 - 23 U 240/85 - Architektenvertrag, BauR 86,494 = BauR 88,237 -41)


  5. Zur Frage, inwieweit Aufwendungen nach Kündigung eines Architektenvertrages gem BGB § 649 als "nicht erspart" berücksichtigt werden können. (vgl. BGH, U 07.07.88 - 7 ZR 179/87 - Örtliche Bauaufsicht, BauR 88,739 -40 = BauR 88,638 (L) = NJW-RR 88,1295 -96 = ZfBR 88,269 -70 =)


  6. Kündigt der Auftraggeber eines Architekten den Architektenvertrag aus wichtigem Grund mit der Folge, daß der Anspruch des Architekten auf die vereinbarte Vergütung für den noch ausstehenden Teil seiner Leistung entfällt, muß der Auftraggeber die tatsächlichen Voraussetzungen des wichtigen Grundes darlegen und beweisen. (vgl. BGH, U 10.05.90 - 7 ZR 45/89 - Architektenvertrag, BauR 90,632 -34)


  7. Verlangt ein Architekt nach vorzeitiger Beendigung des Architektenvertrages gemäß § 649 BGB für nicht erbrachte Leistungen Honorar, wird die Honorarforderung grundsätzlich erst dann fällig, wenn der Architekt eine prüfbare Schlußrechnung über sein Honorar für die bereits erbrachten und die nicht erbrachten Leistungen erteilt hat. Die Schlußrechnung ist für den Auftrag insgesamt zu erteilen; sie ist nur prüffähig, wenn die Abschlagszahlungen in der Schlußrechnung ausgewiesen sind. Verlangt der Architekt eine besondere Vergütung für mehrere Vor- und Entwurfsplanungen nach § 20 HOAI oder einen Zuschlag für Umbauten oder Modernisierungen nach § 24 HOAI, dann ist eine Honoraschlußrechnung nur ordnungsgemäß, wenn in der Rechnung diese Honoraranteile gesondert aufgeführt und deren Voraussetzungen prüffähig angegeben sind. Bei der vorzeitigen Beendigung des Architektenvertrages trägt der Architekt die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm bis zur Beendigung als tatsächlich erbrachten abgerechneten Leistungen. (vgl. BGH, U 09.06.94 - 7 ZR 87/93 - Umbau-Zuschlag, BauR 95,655 -57)


  8. Zur Kündigung eines Architektenvertrages aus wichtigem Grund wegen Nichteinhaltung des Kostenrahmens. Der Bauherr kann einen Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn der Architekt bei der Bauplanung und der Erstellung der Leistungsbeschreibung den vorgegebenen Kostenrahmen (hier: 2,8 Millionen DM) für den Aus- und Umbau eines Wohn- und Geschäftshauses erheblich überschreitet (hier: etwa 4,3 Millionen DM). Ist die bis zur Kündigung erbrachte Leistungen für den Bauherrn wegen der Kostenrahmenüberschreitung unbrauchbar, steht dem Architekten kein Vergütungsanspruch zu. (vgl. OLG S-A, U 26.10.94 - 6 U 130/94 - Kostenüberschreitung, ZfBR 96,213 -16 = NJW-RR 96,1302 -03 = IBR 96,375)


  9. Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Architektenvertrages durch den Bauherrn kann nicht darin gesehen werden, daß der Architekt die Stellung einer Bürgschaft gemäß BGB § 648a verlangt, wenn er gemäß BGB § 648a Abs.1 berechtigt war, eine solche Sicherheit zu fordern. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn die geforderte Bürgschaft nicht den Voraussetzungen des BGB § 648a Abs.2 entsprach. (vgl. LG Hamburg, U 26.05.95 - 325 O 212/94 - Bürgschaftsbegehren, BauR 96,895 -96)


  10. Der Bauherr ist zur Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigt, wenn ein Architekt massiv auf Zahlung drängt, ohne seine Leistungen gemäß HOAI § 8 Nr.2 nachgewiesen zu haben. (vgl. OLG Frankf, U 31.05.96 - 12 U 168/95 - Drängen auf Zahlung, IBR 96,520)
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