RsprS zu § 631 BGB
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I. Allgemeines

  1. Eine objektive Pflichtverletzung des Werkunternehmers ist nicht anzunehmen, wenn der Besteller entgegen seiner Zusage notwendige Vorleistungen erst so spät erbringt, daß der Unternehmer das Werk nicht mehr mangelfrei erstellen kann (hier: Lieferung eines Videobandes zur Darstellung mittels einer Monitor-Split-Bildwand zu Werbezwecken durch Gehilfen des Auftraggebers erst 5 Stunden vor Messebeginn; danach war es nicht mehr möglich, an der bereits eingebauten Bildwand noch an sich erforderliche Farbjustierungen vorzunehmen. Entgeht dem Werkunternehmer wegen Werkmängel, die auf die verspätete Vorleistungen des Bestellers zurückzuführen sind, sein Werklohnanspruch, so kann ihm gegen den Besteller ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung in Höhe seines Werklohnanspruchs zustehen. Ein vom Besteller zu erforderlichen Vorleistungen bestellter Dritter (hier: vom Besteller mit der Erstellung des Videobandes für die Bildwand beauftragter Dritter) ist im Verhältnis zum Unternehmer Erfüllungsgehilfe des Bestellers. (vgl. OLG Köln, U 18.02.94 - 19 U 102/93 - Auftraggeber-Vorausleistung, NJW-CoR 95,192 (L) = BB-Beil.2/95,5)

II. EDV

  1. Beim Verkauf einer EDV-Anlage mit (Standard-)Software umfaßt die mitübernommene Pflicht zur "Installation" grundsätzlich neben der Aufstellung der Hardware nur das Aufspielen der neuen Software. Die Übernahme von Altdaten ist (jedenfalls bei Erforderlichkeit weiterer Programmierarbeiten zur Anpassung) nicht geschuldet. Auch wenn der Lieferant verpflichtet ist, mittels eines anderen Programms erstellte und beim Kunden bereits vorhandene Adreßdaten in ein von ihm geliefertes neues Programm zu übernehmen, bedeutet das nicht, daß die Adreßfehler in dem neuen Programm mit denjenigen des alten Programms identisch sein müssen. Mit der Übernahme von Altdaten in ein neues Programm kommt der Auftragnehmer solange nicht in Verzug, als der Auftraggeber ihm angeforderte Informationen dazu, in welche Programmfelder des neuen Programms bestimmte Altdaten übernommen werden sollen, nicht erteilt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber derartige Angaben für nicht notwendig hält. (vgl. OLG Köln, U 21.01.94 - 19 U 100/93 - AltendatenÜbernahme, NJW-CoR 95,263 (L) = Kö-OLGR 94,77 = BB-Beil.7/95,8)


  2. Sollen die Vorgaben für die Erstellung von Programmen mit dem Auftraggeber zusammen erarbeitet werden und ist klar vereinbart, daß der Auftragnehmer innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine bestimmte Anzahl von Stunden Programmiertätigkeit gegen Vergütung nach Aufwand verspricht so ist vom Bestehen eines Dienstvertrags mit werkvertraglichen Zügen auszugehen. Eine werkvertragliche Komponente ist dann anzunehmen, wenn der Auftragnehmer - bei Projektleitung durch den Auftraggeber - planende und beratende Funktionen wahrnimmt, die der Auftraggeber nicht erbringen kann. Konsequenz ist der Eintritt der Werkmängelhaftung für Planungs- und Beratungsfehler. Liegt kein reiner Werkvertrag vor, so kann termingerechte Fertigstellung nicht verlangt werden. (vgl. LG Münch, U 21.07.94 - 7 O 9748/92 - Programmerstellung, NJW-CoR 95,192 (L) = BB-Beil.2/95,7)


  3. Der Vertrag über die Lieferung von Hardware-Zubehör (hier: Controller) ist als Kaufvertrag mit werkvertraglichem Einschlag und Schwerpunkt im Kaufvertragsrecht zu qualifizieren, wenn der Besteller mit dem Lieferanten die Anpassung an eine bestehende Computerumgebung (hier: Konfigurierung des Controllers für eine bestimmte Festplatte) vereinbart hat. (vgl. AG Stuttg, U 09.08.94 - 1 C 8108/92 - Controller-Lieferung, NJW-CoR 95,335 (L) = CR 95,278)


  4. Macht der Softwareentwickler, der sich seit längerer Zeit mit der Fertigstellung von Individualsoftware in Verzug befindet, seine weitere Tätigkeit von einer Abschlagszahlung des Bestellers abhängig, die höher ist als die nach dem Vertrag vereinbarte Vergütung, so kann der Besteller ohne Fristsetzung und Ablehnungsandrohung nach § 326 BGB vom Werkvertrag zurücktreten, weil von einer endgültigen Erfüllungsverweigerung ausgegangen werden kann. (vgl. OLG Köln, U 27.10.95 - 19 U 59/95 - Softwareerstellungsvertrag, NJW-CoR 97,50 (L) = Kö-OLGR 96,54)


  5. Soll für die Zentrale und die angeschlossenen Filialen eines bundesweit tätigen Auftraggebers ein EDV-Warenwirtschaftssystem erstellt werden, ist dieser Vertrag als Werkvertrag zu qualifizieren, selbst wenn in den AGB des Auftragnehmers von einem "Dienstvertrag" und von "Dienstleistungen" gesprochen wird, dem Auftraggeber ein jederzeitiges Kündigungsrecht eingeräumt ist und die Vergütung auf Stundenlohnbasis erfolgen soll. Wurde kein Pflichtenheft erstellt, schuldet der Auftragnehmer eine Softwarelösung entsprechend dem Stand der Technik bei Einhaltung eines mittleren Ausführungsstandards. Als Voraussetzung für den Werklohnabspruch hinsichtlich erbrachter Leistungen hat der Softwareentswickler nach vorzeitiger Vertragsbeendigung darzulegen, daß er die geschuldete Werkleistung teilweise erbracht und dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt hat und daß das Teilwerk mängelfrei ist. (vgl. OLG Düssl, U 18.07.97 - 22 U 3/97 - Warenwirtschaftssystem, NJW-CoR 98.112 (L) = OLGR-Düssel 97,297)

III. Architektenvertrag

  1. Hat ein mit der Bauleitung beauftragter Architekt, um die Entwässerung des Gebäudes zu sichern, dessen Lage der Höhe nach einzumessen, so beurteilt sich dessen Tätigkeit nach Werkvertragsrecht. (vgl.BGH, U 14.06.73 - 7 ZR 202/72 - Höheneinmessung, NJW 73,1458)


  2. Die Gewährleistungsfrist beginnt mit der Abnahme des Architektenwerkes. Zur abnahmefähigen Herstellung des Architektenwerkes gehören auch die Leistungen nach § 15 Abs.2 Nr.9 HOAI, soweit der Architektenvertrag diese umfaßt. Eine Teilabnahme nach Abschluß der Leistungsphase 8 kann der Architekt nur aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung verlangen. (vgl. BGH, U 10.02.94 - 7 ZR 20/93 - Architektenwerk-Abnahme, BGHZ )


  3. Enthalten die vom Bauherrn genehmigten Entwürfe des Architekten keine Angaben über die Farbgestaltung des Außenanstrichs, so ist der Bauherr berechtigt, den Außenanstrich nach seinen Wünschen vornehmen zu lassen, wenn der Architektenvertrag keine Vereinbarung enthält, nach der die Entscheidung in Fragen der künstlerischen Gestaltung dem Architekten zusteht. 1.1 Die Übertragung der künstlerischen Oberleitung (GOA § 19 Abs.1 Buchst.f) gewährt dem Architekten nicht das Recht, ästhetische Gestaltungsmöglichkeiten, die weder in seinen vom Bauherrn genehmigten Entwürfen vorgesehen noch mit dem Bauherrn abgesprochen sind, ohne dessen Erlaubnis auszuführen. (vgl. BGH, U 11.12.70 - 1 ZR 38/69 - Hausanstrich, BGHZ 55,77 -81)


  4. Zur Übernahme der Höchstpreisgarantie durch einen Architekten. (vgl. BGH, U 04.12.86 - 7 ZR 197/85 - Höchstpreisgarantie, BauR 87,225 -27 = ZfBR 87,1 = MDR 87,398 -99 = DB 87,1833 = BBauBl 87,542)


  5. Handelt es sich bei der Kostenberechnung des Architekten um eine erste grobe Kostenermittlung für das Bauvorhaben, so liegt eine Baukostenüberschreitung, die 14,86 über dieser Kostenermittlung liegt, noch innerhalb des einem Architekten - selbst bei ordnungsgemäßer Kostenermittlung bis hin zum Kostenanschlag in der Leistungsphase 7 des HOAI noch zuzubilligenden Toleranzrahmens. (vgl. OLG Hamm, U 29.03.90 - 21 U 139/89 - Baukostenüberschreitung, BauR 91,246)


  6. Der Bauherr erleidet durch eine Baukostenüberschreitung keinen Schaden, wenn dem zu seinen Lasten gehenden Mehraufwand ein entsprechender Wertzuwachs in Form des errichteten Bauwerks gegenübersteht. Der Architekt haftet nicht aufgrund einer unrichtigen Zusicherung der voraussichtlichen Baukosten, wenn diese Zusicherung folgenlos geblieben ist, weil der aktuelle Verkehrswert des bebauten Grundstücks die dem Bauherrn entstandenen Gesamtkosten überschreitet. (vgl. BGH, U 22.04.93 - 21 U 39/92 - Baukostenüberschreitung, BauR 93,628 -29 = NJW-RR 94,211 -12)


  7. Wenn ein Architekt die Kubatur eines zu errichtenden Hauses zu niedrig berechnet hat, mit der Folge, daß das Bauvorhaben teurer wird als veranschlagt, entsteht dem Bauherrn ein Schaden einmal in der Höhe der sich aus der Differenz zur richtigen Berechnung ergebenden Baukosten und zum anderen in der durch die Bausummenüberschreitung notwendigen Aufnahme von Zusatzkrediten, dh in der damit verbundenen Zinsbelastung. Erwächst dem Bauherrn durch die Bausummenüberschreitung ein "Mehr" an nutzbarem Raum, so hat er sich jedoch die durch den Raumzuwachs bedingten Mehrkosten im Rahmen der Vorteilsausgleichung anrechnen zu lassen. Mußte der Bauherr zur Finanzierung dieses Mehrbetrages einen Zusatzkredit aufnehmen, hat er deshalb nur Anspruch auf Ersatz der reinen Zinsleistungen, nicht aber einen Anspruch auf Ersatz der Tilgungsleistungen. (vgl. OLG Köln, U 25.02.94 - 19 U 191/92 - Bausummenüberschreitung, NJW-RR 94,981 -82 = BauR 94,667 = VersR 96,458 -60)


  8. Wenn der Bauherr behauptet, daß er als Baukosten einen unbedingt einzuhaltenden Höchstbetrag vorgegeben habe, ist der Architekt darlegungs- und beweispflichtig dafür, daß keine Begrenzung der Baukosten bei Auftragserteilung vorgenommen worden ist. (vgl. OLG Köln, U 24.06.94 - 3 U 185/93 - Baukostenhöchstbetrag, BauR 95,138)


  9. Ein Architekt ist verpflichtet, seinen Auftraggeber darauf hinzuweisen, daß eine Kostenberechnung nach der HOAI erforderlich ist und die Grundlage für alle weiteren Planungen bildet. Der Architekt soll zwar, er muß aber nicht, bei der Kostenberechnung das Muster der DIN 276 verwenden. Wenn die Kostenberechnung fehlt oder unbrauchbar ist, ist das Honorar für die Entwurfsplanung nach HOAI § 15 Abs 1 Nr 3 um 0,8 zu vermindern, sämtliche weitere Planungsleistungen des Architekten sind unbrauchbar und daher nicht zu vergüten. Im Falle der Unbrauchbarkeit der Kostenberechnung kann der Auftraggeber zur fristlosen Vertragskündigung berechtigt sein. (vgl. OLG Köln, U 10.01.96 - 19 U 185/94 - Kostenberechnung, IBR 96,207 -09)


  10. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Auftraggebers darauf, daß die Schlußrechnung des Architekten eine abschließende Berechnung des Honorars darstellt, kann sich daraus ergeben, daß der Architekt von sich aus ohne Einflußnahme des Auftraggebers einen Preisnachlaß angeboten hatte, daß er an dem Objekt sehr interessiert war. Eine Vereinbarung über die Pauschalierung der Höhe der ersparten Aufwendungen eines Architekten für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Auftrags benachteiligt die Vertragsparteien nicht in unangemessener Art und Weise. Eine Umplanung fällt nicht unter den Begriff der "besonderen Leistung" im Sinne von HOAI § 5 Abs.4, wenn der Architekt, der erst ab Leistungsphase V (Ausführungsplanung) beauftragt ist, zusätzlich damit beauftrag wird, bestimmte Teilbereiche umzuplanen. (vgl. OLG Hamm, U 13.06.96 - 21 U 72/93 - Umplanung, OLG-Rp Hamm 1996, 232-233 (ST))
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