RsprS zu § 459 BGB
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  1. Den Verkäufer, der die an ihn zurückgegebene Kaufsache nicht zur Mängelbegutachtung dem gerichtlichen Sachverständigen vorgelegt hat, trifft wegen Beweisvereitelung die Beweislast hinsichtlich hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit. (vgl. LG Stuttg, U 12.01.94 - 5 S 7/93 - Mangelbegutachtung, NJW-CoR 95,126 (L) = CR 94,405)


  2. Der (hier: zweimalige) Versuch der Nachbesserung im Rahmen einer stillschweigenden Vereinbarung über die Art der Gewährleistung wirkt verjährungsunterbrechend, wenn es sich nicht um eine bloße Kulanzleistung handelt. Die Verjährungsunterbrechung wirkt gemäß § 477 BGB auch für die anderen (gesetzlichen) Gewährleistungsansprüche. (vgl. AG Suhl, U 15.03.94 - 1 C 910/92 - Nachbesserung, NJW-CoR 95,126 (L) = CR 94,407)


  3. Auch nach einem Monat ist die Mängelrüge bei einer Mehrplatz-EDV-Anlage noch rechzeitig, wenn sich der behauptete Fehler nur bei gleichzeitiger Benutzung an mehreren Arbeitsplätzen herausstellt. Dem Kunden ist dann eine gewisse Beobachtungszeit einzuräumen. (vgl. LG Bonn, U 05.04.94 - 13 O 512/91 - Mehrplatzanlage, NJW-CoR 95,265 (L) = CR 94,687)


  4. Systembedingte Gegebenheiten und Eigenarten eines Computerprogrammes machen dieses noch nicht zu einem fehlerhaften Programm. Da es für eine Software nahezu immer Verbesserungsmöglichkeiten gibt, bedeutet es keinen Sachmangel, wenn diese noch nicht ausgeführt sind. Will der Erwerber einer Computeranlage mit mehreren Bildschirmarbeitsplätzen bestimmte Gegebenheiten und Eigenschaften der Programme sichergestellt wissen, muß er diese in einem Anforderungsprofil, einer Aufgabenstellung, genau festlegen; dies ist grundsätzlich Sache des Bestellers. Unterläßt er es, seine Wünsche zu konkretisieren, hat er keine Recht zur Wandlung, wenn das Fehlen der Eigenschaften die Tauglichkeit der Anlage zu dem vertraglich vorausgesetzten Gebrauch weder aufhebt noch mindert. Für das Vorliegen eines den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch aufhebenden oder mindernden Mangel trägt der die Wandlung verlangende Besteller die Darlegungs- und Beweislast. Hat der nachträglich über einen längern Zeitraum die Anlage weiter ausgebaut und weitere Geräte und Programmes hinzuerworben und genutzt, so spricht dies gegen ein Wandlungsverlangen, das auf eine Vielzahl von angeblich schon immer vorhandenen Fehlern der Programme und der Geräte gestützt wird. Beruft sich der Besteller, der eine Computeranlage mit mehreren umfangreichen Programmen erworben hat, erst nach geraumer Zeit erstmals darauf, daß ihm ein Handbuch für eines der Programme fehle, so kann sein Erfüllungsanspruch insoweit verwirkt sein. (vgl. OLG Köln, U 26.08.94 - 19 U 278/93 - Sachmangel, NJW-CoR 95,48 (L))


  5. Wird eine EDV-Anlage zusammen mit einem Finanzbuchhaltungsprogramm geliefert, so berechtigt eine Abweichung der Kontenrahmen des gelieferten Programms von den Vorschriften des Bilanzrichtliniengesetzes zur Gesamtwandelung. (vgl.OLG Hamm, U 14.11.94 - 31 U 105/94 - FiBu-Programm, NJW-CoR 95,263 (L))


  6. Zwar ist beim Softwarekauf in der Lieferung einer ausschließlich englischsprachigen Installationsanleitung eine nicht vollständige Erfüllung der Hauptleistungspflicht zu erblicken. Jedoch ist ein Rücktrittsrecht trotz Fristsetzung und Ablehnungsandrohung dann nicht gegeben, wenn der Käufer die englischsprachige Installationsanweisung entgegengenommen und quittiert hat und das Fehlen der deutschsprachigen Version erst im Rechtsstreit rügt. (vgl. OLG Köln, U 20.01.95 - 19 U 115/93 - Anleitung in Englisch, NJW-CoR 96,124 (L) = NJW-RR 96,44)


  7. Kein Mangel, sondern allenfalls eine positive Vertragsverletzung ist anzunehmen, wenn nach Speicheraufrüstung eines PC Fehlermeldungen des BIOS auf falsche Einstellungen durch den Auftragnehmer zurückzuführen sind. (vgl. LG Stuttg, U 31.05.95 - 5 S 475/94 - Speicheraufrüstung, NJW-CoR 96,258 (L) = CR 96,29)


  8. Ist in der Dokumentation einer Standardsoftware darauf hingewiesen, daß Sicherungskopien nur auf Betriebssystemebene erstellt werden können, weil die Software keine eigene Funktion dafür zur Verfügung stellt, so ist wegen Kenntnis des Käufers von der fehlenden Sicherungskopierfunktion von rügeloser Abnahme (§ 460 BGB) auszugehen. Für Schäden der Software (hier: Datenverlust auf der Festplatte), bei denen sich nicht sicher festzustellen ist, daß die Schadensursache ausschließlich im Herrschaftsbereich des Verkäufers liegt, trägt der Käufer die Beweislast. (vgl. OLG Frank, U 12.07.95 - 9 U 31/95 - fehlende Funktion, NJW-CoR 96,192 (L) = CR 96,26)


  9. Die fehlende vertraglich vorausgesetzte Fähigkeit eines Filmrecorders Graphiken aufzubereiten, die unter einem Standardbetriebssystem (MS-DOS 5.0 in Verbindung Mit Windows 3.1) erstellt wurden, ist auch unter der Voraussetzung als Mangel aufzufassen, daß ein Gerät, das in jeder Hinsicht den vertraglich vorausgesetzten Anforderungen entspricht, nicht existiert. (vgl. OLG Köln, U 14.07.95 - 19 U 293/94 - Filmrecorder, NJW-CoR 96,258 (L) = Kö-OLGR 95,285)


  10. Der Käufer eines EDV-Pakets kann vom Verkäufer nicht im Wege der Minderung die Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises verlangen, weil sich das System im Hinblick auf spätere Update-Versionen der mitgelieferten Programme mangels Hauptspeicherkapazität als unterdimensioniert erweist. Eine Eigenschaftszusicherung ist nicht in einer sogenannten "Sorglosgarantie" der Verkäufers zu erblicken, die sich ihren Inhalt nach allein darauf bezieht, daß für Fehler eine Gewährleistungsfrist von 3 Jahren anstelle der gesetzlich vorgesehenen Frist von 6 Monaten vereinbart ist; zwar ist es Aufgabe des Verkäufers von Hard- und Software, den Speicherbedarf des Käufers zutreffend zu ermitteln und ihm eine für seine Zwecke geeignete Anlage zur Verfügung stellen. Die "Sorglosgarantie" kann sich mangels einer anderslautenden Abrede nur auf den zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhandenen Programmstand beziehen; künftige Entwicklungen müssen daher unberücksichtigt bleiben. (vgl. AG Gummer, U 01.08.95 - 1 C 1221/93 - Hauptspeicherkapazität, NJW-CoR 96,330 (L) = BB-Beil.9 96,4 m Anm Zahrnt)


  11. Bei einer mit zwei Festplatten gelieferten Computeranlage ist von einem Sachmangel auszugehen, wenn der Zugriff auf die zweite Festplatte nicht ohne spezielle, bei einem normalen Benutzer nicht vorauszusetzende Systemkenntnisse möglich ist und die Zugriffsmöglichkeiten auch nicht in dem mitgelieferten Handbuch beschrieben werden. Der Käufer einer EDV-Anlage muß durch spezielle Erstinformation und das mitgelieferte Handbuch befähigt werden, relativ einfache und alltägliche Operationen ohne Rückfrage bei Lieferanten auszuführen. Die Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche des Bestellers beginnen bei Teillieferungen nicht vor der letzten Teillieferung. (vgl. OLG Köln, U 03.11.95 - 19 U 72/95 - Handbuch-mangelhaftes, NJW-CoR 96,330 (L) = Kö-OLGR 96,54)


  12. Mit der Bezeichnung "Streamercontroller" für ein Computerbauteil ist regelmäßig ein Streckmodul (Controllerkarte) gemeint. Baut ein Hardware-Lieferant anstelle eines solchen im Pflichtenheft und in der Ausschreibung bezeichneten und gesondert in Rechnung gestellten Streamercontrollers in den gelieferten Standard-PC einen von ihm selbst entwickelten Streameranschluß ("Floppy-Streamer") ein, liegt kein Mangel der Computeranlage, sondern eine aliud-Lieferung vor. Dies führt dazu, daß der Besteller den auf den Steamer gezahlten Kaufpreisanteil nach Bereicherungsrecht zurückverlangen kann. (vgl.OLG Köln, U 01.12.95 - 10 U 60/95 - Streamercontroller, NJW-CoR 96,330 (L) = Kö-OLGR 96,53)


  13. Software ist fehlerhaft, wenn sie auf einem nicht einwandfrei lesbaren Datenträger zusammen mit einem Installationsprogramm geliefert wird, das nicht in der Lage ist, die Lesefehler zu berücksichtigen. (vgl. LG Köln, U 13.02.96 - 85 O 76/94 - Software, NJW-CoR 97,176 (LSK) = CR 97,27)


  14. Der Begriff der "Lauffähigkeit" beinhaltet, daß das Programm nicht nur installiert ist und sich starten läßt, sondern auch, daß es die geschuldete Funktionen enthält. (vgl.OLG Köln, U 14.07.96 - 19 U 14/96 - Lauffähigkeit, NJW-CoR 97,308 (LSK) = DuD 97,296)


  15. Das Fehlen von Bildschirmhilfsfunktionen, die nur dem Benutzerkomfort dienen, ist nicht als gewährleistungsbegründender Mangel anzusehen. (vgl. LG Stuttg, U 16.07.96 - 17 O 504/95 - Bildschirmhilfsfunktion, NJW-CoR 97,308 (LSK) = CR 97,292)


  16. In der Angabe eines Herstellers, der ein ISDN-Telefonsystem zusammen mit einem Anrufverteilsystem zum Verbundeinsatz als Telefonanlage verkauft und dabei zusichert, auch das Verbundsystem werde unter ISDN laufen, ist die Zusicherung eine Eigenschaft der Telefonanlage zu erblicken. Hat der Hersteller die Zusicherung ohne positive Erkenntnisse über die ISDN-Fähigkeit der Verbundlösung im Vertrauen auf die Erfahrungen und technischen Prognosen seiner Mitarbeiter "ins Blaue hinein" abgegeben, ist von arglistigem Verschweigen gemäß § 463 S.2 BGB auszugehen, denn der Hersteller hätte dem Besteller das Fehlen einer zuverlässigen Beurteilungsgrundlage offenlegen müssen. (vgl. OLG Köln, U 28.10.96 - 10 U 96/96 - ISDN-Anlage, NJW-CoR 97,306 (L) = OLGR-Köln 97,57)


  17. Der Käufer von Standardsoftware genügt bei Geltendmachung der Wandlungseinrede im Prozeß nicht seiner Darlegungslast, wenn er lediglich vorträgt, der Betrieb der Software sei nicht möglich gewesen; er muß konkrete Angaben dahingehend machen, mit welchem Inhalt und Ziel das Programm vertragsgemäß betieben werden sollte, welche und wieviele Arbeitsschritte vorgenommen worden sind und gegebenenfalls mit welchen Fehlermeldungen die Anlag reagiert hat. (vgl. OLG Köln, U 28.10.96 - 19 U 88/96 - Wandlungseinrede, NJW-CoR 97,232 (L) = OLGR Köln 97,1)


  18. Fehlende Aufwärtskompatibiliät eines Betriebssystems kann auch ohne ausdrückliche Eigenschaftszusicherung einen Mangel darstellen. (vgl. AG Stuttg, U 20.02.97 - 12 C 303/96 - Aufwärtskompatibilität, NJW-CoR 97,430 (L) = CR 97,482)


  19. Der Käufer, dem eine andere als die geschuldete Sache (aliud) geliefert worden ist, kann den Kaufpreis nicht nach § 812 Abs.1 S.1 BGB zurückverlangen. Für die Abgrenzung zwischen Falschlieferung und Schlechtlieferung ist vor allem der vertragsgemäße Gebrauch der Sache zu berücksichtigen (vgl BGH NJW 96,659). Eine technische Alternativlösung (hier: selbstentwickelte Adapter zum Anschluß von Tape-Streamer anstelle von Controller-Karten mit derselben Funktionalität wie die normalerweise eingesetzte technische Lösung ist daher nicht zwangsläufig als aliud-Lieferung zu qualifizieren. (vgl. BGH, U 12.03.97 - 8 ZR 15/96 - Tape-Streamer, NJW-CoR 97,365 (L) = NJW 97,1914)


  20. Bei einem 11000 DM teuren Laptop (in 1993) ist die Beschreibung im Handbuch, eine Erweiterung des Arbeitsspeichers auf 8 MB sei durch Einbau einer RAM-Cartd möglich als zumindest stillschweigende Eigenschaftszusicherung anzusehen. (vgl. OLG Köln, U 21.03.97 - 19 U 174/96 - Handbucheintrag-Zusicherung, NJW-CoR 98,178 (L) = CR 98,80)


  21. Stellt der Sachverständige fest, daß es an einer neu erworbenen Computeranlage infolge von Thermoeffekten regelmäßig zu Programmabstürzen kommt, so rechtfertigt dies allein das Wandlungsbegehren; ob auch eine fehlerhafte Bedienung zu Abstürzen geführt hat, ist unerheblich. (vgl. OLG Köln, U 27.03.98 - 19 U 237/96 - Thermoeffekten, JurPC Web-Dok.133/1998 )


  22. Der Zwischenhändler, der Erklärungen des Vorlieferanten zum Abschluß eines Wartungsvertrages mit dem Softwarehersteller weiterleitet, übernimmt damit nicht die Gewähr für den Abschluß eines Wartungsvertrages. Macht der Endabnehmer Gewährleistungsansprüche wegen Programmfehlfunktionen geltend und hat er Teile der Software entgegen der getroffenen Vereinbarung entkoppelt ("stand alone") statt "bundled" benutzt, muß er darlegen und beweisen, daß die gerügten Fehler auch bei ordnungsgemäßer Benutzung der Software aufgetreten wären. (vgl. OLG Köln, U 24.04.98 - 19 U 240/97 - JurPC Web-Dok.134/1998 ).
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