Aufsätze Schmolke
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Ketzerische Thesen zur EDV in der Verwaltung

Entscheider ohne Kompetenz

(NJW-CoR 1992 S.21 ff)

In den letzten Jahren wurde auch bei den staatlichen Verwaltungen in verstärktem Maße in EDV investiert. Leider haben diese Investitionen sich bisher nur wenig ausgezahlt. Der Verfasser faßt seine Meinung zu diesem Thema in fünfundzwanzig Thesen zusammen. Elf Thesen befassen sich mit der Analyse des Ist-Zustandes, sechs Thesen beschreiben was die EDV in der Verwaltung zu leisten vermag und acht Thesen beinhalten Rezepte zur erfolgreichen Einführung der EDV.

Analyse des Ist-Zustandes

1. These: Unser Staat wird seine Aufgaben ohne den Einsatz der Informationstechnologie in Zukunft nicht mehr erfüllen können.

Trotz grundlegend veränderter Rahmenbedingungen (ständig zunehmende Komplexität der Entscheidungsprozesse, Unbeständigkeit der Normen, Wissenszuwachs bei den Fakten) versucht die staatliche Bürokratie ihre Aufgaben mit Methoden zu lösen, die sich in vergangenen Jahrhunderten bewährt haben, den heutigen, veränderten Anforderungen aber nicht mehr gewachsen sind. Von rechenintensiven Massengeschäften, Textverarbeitung und technischen Meßnetzen abgesehen. haben die Verwaltungen es bisher versäumt, sich die EDV für ihre Aufgaben nutzbar zu machen.

Der durch die Wiedervereinigung ausgelöste Spardruck wird die Versäumnisse an den Tag bringen. Wie im Beitrittsgebiet (DDR) eine leistungsfähige Verwaltung ohne gezielten Einsatz der Informationstechnologie aufgebaut werden soll, bleibt rätselhaft. Unsere Rechtsordnung ist ein derart umfangreiches und komplexes Normengefüge, daß sein Vollzug mit herkömmlichen Methoden nicht im Handumdrehen erlernt werden kann. Das gilt um so mehr, als sie durch den EG-Binnenmarkt einem Veränderungsdruck ausgesetzt ist, der alles bisherige in den Schatten stellen wird. Hier werden sich die Versäumnisse vergangener Tage rächen.

2. These: Für die Wirtschaft konzipierte EDV-Konzepte sind im Regelfall für Verwaltungsbehörden nicht geeignet.

Die Verwaltung hat als Monopolist die Aufgabe den Gesetzesvollzug sicherzustellen und staatliche Macht auszuüben. Durch diese Vorgabe unterscheidet sie sich grundlegend von der dem Wettbewerb ausgesetzten, auf Bedürfnisbefriedigung und Gewinnmaximierung ausgerichteten Aufgabenstellung der Wirtschaft. Dieser Unterschied bringt es mit sich, daß der Informationsbedarf der Verwaltungen im Gegensatz zur freien Wirtschaft nicht durch Zahlen, sondern durch Texte geprägt ist. Für die Wirtschaft erarbeitete EDV-Anwendungen sind deshalb im Regelfall nicht geeignet die Arbeit der Verwaltung zu erleichtern.

3. These: Der Staat hat es bisher versäumt, für seine Aufgabenstellung geeignete Software entwickeln zu lassen.

Von der Online-Datenhank Juris abgesehen hat der Staat es bisher versäumt für seine Aufgabenstellung geeignete Software selbst zu entwickeln oder entwickeln zu lassen. Einzelne Versuche sind meist gescheitert, weil die Gesetzmäßigkeiten eines solchen Unterfangens nicht beachtet wurden. Softwareentwicklung beeinhaltet Pilotphasen und Rückschläge. Aufgrund der Halbherzigkeit, mit der sie meist von staatlicher Seite angegangen wird, ist der kleinste Rückschlag oftmals willkommener Anlaß, den Geldhahn zuzudrehen. Allgemein ist das fehlende Wissen der politischen Führung über die Einsatzmöglichkeiten der EDV und die Gesetzmäßigkeiten der Software-Entwicklung zu beklagen.

Fremdentwicklungen berücksichtigen zu wenig die Besonderheiten des verwaltungsmäßigen Aufgabenvollzugs und sind oft nicht in der Lage, die recht hohe Akzeptanzschwelle zu überwinden. Leistungsfähige Software-Häuser meiden zwischenzeitlich staatliche Aufträge, weil sie schlechte Erfahrungen gemacht haben (keine eindeutigen Vorgaben, ewiges Warten auf notwendige Entscheidungen, ständige Änderungswünsche, zögerliche Zahlungspraxis usw.)

4. These: Die Entscheidungsstrukturen staatlicher Verwaltungen sind aufgrund ihrer plan wirtschaftlichen Ausgestaltung dem Phänomen EDV in keiner Weise gewachsen.

Die komplexen Entscheidungsstrukturen und die dadurch bedingten langen Entscheidungsprozesse sind weder der Entwicklungsgeschwindigkeit der Hardware in technischer Hinsicht noch der Softwareentwicklung in ihrer Ausgestaltung als iterativem Prozeß gewachsen.

Die Unkenntnis technischer Leistungsdaten und der Marktentwicklungen bei den Beschaffern führen zu überteuertem Einkauf. Oft entwickeln sich aus einem speziellen Lobbyismus heraus "Hoflieferanten", die über wenig Fachwissen verfügen, sich aber auf "günstige" Angebote für Ladenhüter spezialisiert haben. Die auf eine Vielzahl von Stellen verteilte Entscheidungsfindung bewirkt häufig, daß vor Ort ein Rechner in einer Konfiguration ankommt, in der er gar nicht gebraucht wird.

Prioritätsentscheidungen werden nicht aus Effektivitätsgesichtspunkten heraus gefällt, sondern sind das zufällige Ergebnis des Durchsetzungswillens und -vermögens des jeweiligen Ressortsverantwortlichen. Die Rasenrnähermethode beim Sparzwang nimmt wenig Rücksicht auf die Minderung von Realisierungschancen eines Projektes und deren Folgen.

5. These: Der EDV-technische Kontrollaufwand bei staatlichen Verwaltungen ist ausschließlich kontraproduktiv.

Für die notwendigen Koordinierungsaufgaben fehlt meist das Fachwissen. Oft geben sich auf diesen Posten Altlasten aus der Pionierzeit der EDV, deren frühere Leistungen nie angemessen anerkannt wurden, ihrem Frust hin. Die auf Halbwissen aufgebaute Kontrollfunktion richtet nur Schaden an. Würde die Personalkapazität, die in den Kontrollinstitutionen uneffektiv verschwendet wird, in die Softwareentwicklung und Mitarbeiterschulung gesteckt, könnte die Verwaltung wesentlich effektiver arbeiten.

6. These: Öffentliche Verwaltungen tendieren bei EDV-Entwicklungen zu Großunternehmen mit verwaltungsähnlicher Behördenstruktur und apparatgeschwächtem Innovationspotential

Innovative Leistungen kleiner, hochspezialisierter Anbieter haben es oft schwer, sich bei staatlichen Verwaltungen durchzusetzen. Aus mangelnder Beurteilungsfähigkeit wird den Großunternehmen der Zuschlag gegeben, selbst wenn das angebotene Konzept nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entspricht.

7. These: Die auf dem Laufbahnprinzip basierende Vergütungsstruktur im öffentlichen Dienst wird EDV-technischen Entwicklungsleistungen nicht gerecht.

Die schnelle Entwicklung der Informationstechnologie erfordert einen Weiterbildungsaufwand, dem meist nur junge Menschen auf längere Zeit gewachsen sind. Gute EDV-Fachkräfte sind wegen der am Dienstalter orientierten Entlohnungsstruktur für staatliche Verwaltungen nicht zu gewinnen. Auf Staatskosten ausgebildete Fachkräfte verlieren schnell die Freude an ihrer Arbeit, wenn die angemessene Vergütung der erbrachten Leistung zehn Jahre nachhängt und die Arbeitskraft durch den bürokratischen Hürdenlauf aufgezehrt wird.

8. These: Mitarbeiter, die aus Interesse an ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit, privat in EDV investieren, werden zu belächelten Außenseitern (Freaks), denen fehlender Realitätsbezug nachgesagt wird.

Ein am Computer selbst tippender Mitarbeiter provoziert dienstlichen Ärger, weil die Schreibkräfte ihre Berufsinteressen gefährdet sehen. Kollegen, die zu bequem sind, sich der EDV zu stellen, sehen ihre berufliche Aufstiegschancen gefährdet und lassen keine Gelegenheit aus, um auf die Unsinnigkeit eines derartigen Unterfangens, oder ihre Arbeitsbelastung, die ihnen keine Zeit für solche Spielereien lasse, hinzuweisen. Es ist deshalb leicht, gruppendynamische Effekte auszulösen und den Außenseiter als Spinner zu isolieren.

9. These: Selbst leistungsfähige EDV-Infrastruktur wird meist nur im Ansatz genutzt.

Der weitverbreitete Hang, den PC ausschließlich als Statussymbol zu mißbrauchen, die fehlende EDV-technische Aufarbeitung des Verwaltungswissens sowie die völlig unzureichende Schulung, nehmen vielen EDV-Hardware-Investitionen ihre Effektivität und lassen sie zu Investitionsruinen werden.

10. These: Die Informationstechnik ist zwar ein beliebtes Thema politischer Sonntagsreden, in den Führungspositionen fehlt den Politikern aber meist der Wille oder das Durchsetzungsvermögen um längerfristig angelegte EDV-Konzepte zu verwirklichen.

Die Politik hat verlernt zu agieren und reagiert nur noch auf das Tagesgeschehen. An den Umbau der Verwaltung wird nur halbherzig herangegangen. Hier agieren einerseits Ängste vor der Transparenz, die die EDV mit sich bringt und es fehlt andererseits die Kraft, Widerstände zu überwinden und sich gegen die organisierten Gewerkschaftsinteressen durchzusetzen.

11. These: Da im öffentlichen Dienst kein Arbeitsplatzverlust droht, werden sich viele Mitarbeiter erfolgreich gegen den Einsatz der EDV sperren.

Ab einem bestimmten Alter bestehen erhebliche Annäherungsängste gegenüber der EDV. Viele Mitarbeiter befürchten auch insgeheim, daß durch die EDV ihre durch Hierachieprinzip und Bürokratie geschwächte Leistungsfähigkeit ans Tageslicht kommt. Selbst ausgesprochen leistungsfähige Mitarbeiter lassen sich häufig von dieser Angst anstecken, obwohl gerade sie die Chance hätten, ihre besondere Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Ohne gezielte Motivationsstrategieen und finanzielle Anreize werden diese Ängste nicht zu überwinden sein. Das gilt umsomehr, wenn Zustimmungen der Personalvertretungen erforderlich sind.

Was kann die EDV für die Verwaltung leisten ?

12. These: Der Computer liest 1000 mal schneller als der Mensch und leidet nicht an Konzentrationsschwächen.

Durch leistungsfähige Retrievalsoftware (Volltextsuche) bei der jedes Wort wieder zu Abfragezwecken verwendet werden kann, kann die Suche in umfangreichen Textbeständen wesentlich beschleunigt werden. Voraussetzung dafür ist, daß die Wissensbasis des Verwaltungshandelns entsprechend EDV-technisch aufgearbeitet zur Verfügung steht.

13. These: Die EDV-technische Aufarbeitung macht große Wissensmnengen tragbar und beweglich.

Im Platzumfang eines dünnen Aktenordners können Daten in der Größenordnung von ca 70000 Schreibmaschinenseiten (= ca. 230 dicke Aktenordner) auf einem Notebook-PC mit 100 MB-Festplatte gespeichert werden. Durch Datenfernübertragung kann dieses Wissen in Minuten über das Telefon- oder Datex-P-Netz in die ganze Welt versandt werden.

14. These: Die EDV löst Ordnungsprobleme.

Es ist ein Unding, daß heute noch viele Vorgänge mehrfach in dicken Journalen registriert werden. Mit wesentlich geringerem Personal-Aufwand würden bei einer EDV-mäßigen Registratur die Voraussetzungen für eine effektive Suche geschaffen. Doppelregistraturen würden sich erübrigen und könnten durch Zugriffsberechtigungen vermieden werden. Da heute schon vielfach Textverarbeitung eingesetzt wird, könnte die bereits in digitalisierter Form vorliegenden Schriftstücke als Dokumente gespeichert werden und wären jederzeit zugreifbar.

15. These: Durch EDV kann die entscheidungsrelevante Wissensbasis zentral zur Verfügung gestellt werden und ihre Aktualisierung wesentlich effektiver und kostengünstiger sichergetellt werden.

Jeder Arbeitgeber stellt das für die Arbeit erforderliche Handwerkzeug. Das Handwerkzeug der Verwaltungen sind die Gesetz- und Verordnungblätter sowie das zur Gesetzesauslegung erforderliche Sekundärwissen (Literatur, Rechtsprechung und Entscheidungen von Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften über Zweifelsfragen der Rechtsauslegung). Dieses verwaltungstechnische Basiswissen wird per Umlauf den einzelnen Mitarbeitern zur Kenntnis gegeben. Das Volumen dieser Umläufe ist derart angewachsen, daß man gar nicht mehr alles zur Kenntnis nehmen kann, wenn man nicht die Hälfte der Arbeitszeit dafür opfern will.

Da die Gedächnisreserven nicht mehr ausreichen, das für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich relevante Wissen zu speichern, werden wichtige Informationen in privaten Handakten gesichert. Fehlt der zuständige Sachbearbeiter, ist das bereichsspezifische Wissen meist nicht zugreifbar und das Suchen beginnt. Angesichts der ständig wachsenden lnformationsflut kann mit diesen bürokratischen Methoden nicht mehr effektiv gearbeitet werden.

Die Sicherung des entscheidungsrelevanten Wissens bedarf der Organisation und kann nicht weiter dem Zufall überlassen werden. Durch eine organisatorisch gesteuerte systematische Sicherung des entscheidungsrelevanten Wissens würde Mehrfacharbeit in erheblichem Umfang vermieden und der Personalaufwand für seine Aktualisierung minimiert. Dadurch würden erhebliche Personalreserven frei, die wieder arbeitserIedigend eingesetzt werden könnten.

16. These: Durch EDV lassen sich im textorientierten Massengeschäft erhebliche Leistungssteigerungen erzielen.

Der computerunterstützte Arbeitsplatz, der die entscheidungsrelevante Wissensbasis zur Verfügung stellt, minimiert nicht nur den Schreibaufwand, sondern kann auch die Fehlerquote reduzieren. Er hat den zusätzlichen Vorteil, daß die Abhängigkeit der Arbeitsqualität von dem subjektiven Wissen und der Erfahrung des Sachbearbeiters minimiert wird.

17. These: EDV schafft Tranzparenz und damit die Voraussetzungen für Effektivitätskontrollen.

Erst durch EDV-mäßige Registratur wird eine wirksame Kontrolle des In- und Outputs einzelner Organisationseinheiten möglich und damit die Voraussetzung geschaffen für eine echte Leistungsbeurteilung. Trotz verfassungsmäßig verankertem Leistungsprinzip wird die Dienstleistung häufig nicht nach ihrer aufgabenerledigenden Effektivität gemessen. Die Monopolsituation und das Hierachieprinzip haben hier Fehlentwicklungen gefördert. So wird Leistung vielfach nur nach der Bereitschaft, die Verdrängungsmechanismen der Vorgesetzten zu unterstützen, dem eilfertigen Hang zu vorauseilendem Gehorsam oder nach Parteizugehörigkeit gemessen.

Gerade effektive und verantwortungsbereite Mitarbeiter laufen Gefahr auch einmal einen Fehler zu machen. Da aber in den Verwaltungen der Irrglaube weit verbreitet ist, nur der sei ein guter Mitarbeiter, der keine Fehler macht, haben oft nur "Leerlaufbeschleuniger" (Spezies eines Beamten, der immer von seiner vielen Arbeit spricht, sich möglichst wenig festlegt und im Nachhinein alles besser weiß) Karrierechancen. Durch EDV würde wenigstens die Chance für eine gerechtere Leistungsbeurteilung geschaffen, was sich auf die Motivation leistungsbereiter Mitarbeiter positiv auswirken könnte.

Rezepte

18. These: EDV-Unterstützung in der Verwaltung ‚muß bei textorientierter Arbeit einsetzen.

Die Arbeit in der Verwaltung ist gekennzeichnet durch Wissen (Normen. Rechtsprechung und Fakten) Rechtsauslegung und Subsumtion (geistige Arbeit) und Vollzugsakte (Rechtsverordnungen, Satzungen, Verwaltungsakte, Auskünfte). Sowohl das Wissen wie die Vollzugsakte werden über Texte (geschriebene Worte) medialisiert.

Die Arbeit in der Verwaltung ist durch diese Textorientiertheit geprägt. EDV-Unterstützung muß deshalb bei der textorientierten Arbeit einsetzen. Die geistige Arbeit zeichnet den Menschen aus und bietet ihm Möglichkeiten sich zu qualifizieren. Was Ordnungsprobleme und Lesefähigkeit anbetrifft, ist die EDV menschlichem Leistungsvermögen weit überlegen. Dieser Teil der Arbeit kann deshalb durch die Leistungsfähigkeit der Computer, wesentlich beschleunigt werden.

19. These: Das entscheidungsrelevante Wissen der Verwaltung muß EDV-technisch aufgearbeitet werden.

In den Verwaltungen müssen die Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften mit leistungsfähiger Retrievalsoftware (Volltextsuche) für jedermann zur Verfügung stehen. Der Bundesjustizminister muß den Fundstellennachweis A des Bundesrechts und die Landesjustizminister den des jeweilige Landesrechts aktuell und kostenlos über BTX anbieten. Das in Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaften erarbeitete Wissen muß in digitalisierter Form allen Verwaltungen zur Verfügung gestellt werden.

Behördenintern muß das ergänzende Wissen der jeweiligen Verwaltung (z.B. örtliche Besonderheiten) von den einzelnen Abteilungen EDV-technisch aufgearbeitet werden, so daß es behördenintern allgemein zugreifbar ist.

20. These: Bei EDV-Investitionen darf nur mit Zielvorgaben und Erfolgskontrolle gearbeitet werden.

Die EDV-Investitionsentscheidungen einschließlich der Beschaffung müssen auf die Ebene verlagert werden, die die Software entwickelt oder die mit ihr arbeiten muß. Die Verantwortlichkeiten müssen klar definiert sein und durch angemessene Handlungsspielräume ergänzt werden. Werden eine Vielzahl von Stellen eingeschaltet, denen das erforderliche EDV-Fachwissen fehlt, sind die Fehlschläge vorprogrammiert.

21. These: Erfolgreicher EDV-Einsatz setzt ständige Programm- und Datenpflege und intensive Mitarbeiterschulung voraus.

Auf diesem Gebiet wurde bisher bei den Verwaltungen fast nichts getan. Hier sind erhebliche Kraftanstrengungen notwendig, wenn EDV-Anwendungen erfolgreich eingesetzt werden sollen.

22. These: Es empfiehlt sich nicht, auf Superlösungen zu warten und die Stammdatenerfassung auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben.

Dort wo PC's vorhanden sind, sollte sofort begonnen werden. Wichtig ist lediglich darauf zu achten, daß die Daten im ASCII-Format exportiert werden können. Ladessystemkonzepte werden der Vielfältigkeit möglicher Anwendungen nie in jeder Hisicht Rechnung tragen können. Da fast alle Programme ASCII-Codes verarbeiten können, werden sich auch im Nachhinein meist Lösungen erarbeiten lassen.

23. These: Eigenmotivierte Mitarbeiter mit EDV-Neigung und Begabung sollten durch EDV-Ausstattung, Schulung, Leistungsanerkennung und die Einräumung von Freräumen systematischer gefördert werden.

Das ist der einzige erfolgversprechende Weg im öffentlichen Dienst Informationstechnologie zu etablieren. Es hat wenig Zweck, einen Mitarbeiter auf einen EDV-Arbeitsplätze zu setzen, der sich dagegen sperrt. Von Ausnahmen abgesehen wird dabei wenig herauskommen. Auf breiter Front sollten EDV-Weiterbildungsprogramme gestartet werden und Fortbildungsleistungen von Mitarbeitern systematisch belohnt werden. Wird das konsequent betrieben wird die Bereitschaft, EDV-Arbeitsplätze zu übernehmen, schnell zunehmen.

24. These: Gegen den Mißbrauch des PC's als Statussymbol hat sich die gezielte Vebreitung des Gerüchtes, der Rechnungshof prüfe den PC-Einsatz und am Betriebssystem könne die Intensität der PC-Nutzung abgelesen werden, bewährt.

Man sollte es nicht glauben, dieser Scherz hat wirklich zum Erfolg geführt.

25. These: Durch hausinterne Versuchsprojekte sollte man versuchen, die EDV-technischen Kontrollinstanzen der Institution nach Möglichkeit zu umgehen. Wenn eine EDV-Anwendung funktioniert verweigern diese Gremien im nachhinein meist nicht ihren Segen.

Fazit

Nur bei gezieltem Einsatz von Informationstechnologie besteht die Chance, daß die öffentlichen Verwaltungen ihre Aufgaben auch in Zukunft erledigen können, und das alte bürokratische Ziel, daß jeder Fall - unabhängig von den handelnden Personen - gleichartig und zeitschnell erledigt wird, nicht aus dem Blickfeld entschwindet.

Ohne öffentlichen Druck werden sowohl die politische Führung als auch die staatlichen Bediensteten in unheiliger Allianz den erfolgreichen Einsatz der EDV in den Verwaltungen noch auf Jahre verhindern.

Selbst wenn leistungsfähige Hard- und Software zur Verfügung steht, bedarf es subtiler Einführungsstrategien, intensiver Schulung und einer Beförderungspraxis, die sich primär an der aufgabenerledigenden Effektivität eines Mitarbeiters orientiert, wenn die Umstellung auf die neue Technik gelingen soll.

H.G. Schmolke, Saarlouis 1992

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