2013   (7)  
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13.181 Zusammenlegung von Sachgebieten

  1. VG Saarl,     B, 11.09.13,     – 9_K_670/13 –

  2. EsG

  3. SPersVG_§_84 Nr.5, SPersVG_§_83 Abs.1 Nr.9, SPersVG_§_78 Abs.1 Nr.9, SPersVG_§_83 Abs.1 Nr.5, SPersVG_§_83 Abs.1 Nr.9

  4. Personalvertretungsrecht / Zusammenlegung von Sachgebieten eines Landesamtes und Eingliederung der Abteilung eines aufgelösten Landesamtes

 

LB 1) Die Zusammenlegung der Sachgebiete 3.1 "Geotopographie und Reproduktion" und 3.2. "ATKIS, Kartographie und Reproduktion" zu dem Sachgebiet 3.1 "Geotopographie, ATKIS, Kartographie und Reproduktion" des Landesamtes für Vermessung, (früher Landesamt für Vermessung-, Kataster- und Kartenwesen) unterfällt der Mitbestimmung des Antragstellers nach § 84 Nr.5 SPersVG.

 

LB 2) Bei der Zusammenlegung der beiden Sachgebiete handelt es sich nicht um eine Maßnahme zur Hebung der Arbeitsleistung im Sinne von § 78 Abs.1 Nr.9 SPersVG mit der Folge, dass der dahingehende Antrag des Antragstellers unbegründet ist.

 

LB 3) Entgegen der von dem Antragsteller vertretenen Auffassung dient die Zusammenlegung der beiden Sachgebiete auch nicht die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden im Sinne von § 78 Abs.1 Nr.10 SPersVG.

 

LB 4) Ebenso wenig greift hinsichtlich der Zusammenlegung der beiden Sachgebiete der Mitwirkungstatbestand nach § 83 Abs.1 Nr.5 SPersVG ein, da es sich hier nur um eine Teilregelung und nicht um die Aufstellung des Organisationsplans der Dienststelle handelt, sodass der dahingehend gestellte Antrag dem Antragsteller nicht zum Erfolg zu verhelfen vermag.

 

LB 5) Schließlich kann sich der Antragsteller auch nicht auf den Mitwirkungstatbestand des § 83 Abs.1 Nr.9 SPersVG, der die Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von Dienststellen betrifft, berufen. Dafür spricht bereits, dass die Maßnahme sich lediglich auf zwei Sachgebiete einer Abteilung der Dienststelle des Beteiligten zu 2. bezieht und sie damit auch unter Berücksichtigung des Zuschnitts des früheren Landesamtes für Kataster- Vermessungs- und Kartenwesen nicht als Zusammenlegung wesentlicher Teile von Dienststellen angesehen werden kann. ]f> ]f[ LB 6) Die Auflösung des stellt keinen Verstoß gegen den Mitwirkungstatbestand des § 83 Abs.1 Nr.9 SPersVG dar, der die Auflösung von Dienststellen erfasst. Diese Maßnahme betrifft nämlich nicht die Dienststelle des Antragstellers, sondern das frühere LAL und damit eine andere Dienststelle. Von daher ist der Antragsteller bereits nicht antragsbefugt.

 

LB 6) Die Auflösung des stellt keinen Verstoß gegen den Mitwirkungstatbestand des § 83 Abs.1 Nr.9 SPersVG dar, der die Auflösung von Dienststellen erfasst. Diese Maßnahme betrifft nämlich nicht die Dienststelle des Antragstellers, sondern das frühere LAL und damit eine andere Dienststelle. Von daher ist der Antragsteller bereits nicht antragsbefugt.

§§§

13.182 Versagung von Prozesskostenhilfe

  1. OVG Saarl,     B, 11.09.13,     – 1_D_399/13 –

  2. EsG

  3. Versagung von Prozesskostenhilfe bei völlig neuem Sachvortrag im Beschwerdeverfahren

 

Eine Beschwerde gegen eine Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren versagende und überzeugend begründete Entscheidung, die unter Aufgabe des erstinstanzlichen Sachvortrags in zweiter Instanz mit einem völlig neuen Tatsachenvortrag begründet wird, bleibt ohne Erfolg.

§§§

13.183 Kindergeld: freiwilliger Wehrdienst

  1. FG SB,     U, 12.09.13,     – 2_K_1094/13 –

  2. EsG

  3. Kein Kindergeld für Zeiten der Ableistung des Freiwilligen Wehrdienstes

 

Absolviert das Kind den Freiwilligen Wehrdienst, besteht in

 

dieser Zeit kein Anspruch auf Kindergeld. In dem Ausschluss der Förderung liegt keine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung.

§§§

13.184 Bearbeitung von Abfallbegleitscheinen

  1. OVG Saarl,     U, 13.09.13,     – 3_A_202/11 –

  2. EsG

  3. SVerf_Art.104 Abs.1 S.3; SGebG_§_6 Abs.3 S.1 + 3; SVwVfG_§_37 Abs.1; SGebG_§_2 Abs.1, SGebG_§_5 Abs.1; KrW-/AbfG_§_43 Abs.1

  4. Verwaltungsgebühr für die Bearbeitung von Abfallbegleitscheinen / Zitiergebot / Verbleibkontrolle / Vorteilsprinzip / Kostendeckungsprinzip / Kostenüberschreitungsverbot / Amtshandlung

 

LB 1) Das Zitiergebot des Art.104 Abs.1 Satz 3 SVerf bezieht sich ausschließlich auf die formelle Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung, nicht auch auf die Bestimmungen, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung festlegen.

 

LB 2) Die Ermächtigung zum Erlass der Gebührenverzeichnisse durch Rechtsverordnung im Saarländischen Gebührengesetz entspricht den sich aus Art.104 Abs.1 SVerf ergebenden Anforderungen.

 

LB 3) Die "Bearbeitung von Abfallbegleitscheinen" ist durch Unternummer 6.11 der Nr.2 "Abfallrechtliche Angelegenheiten" der Verordnung über den Erlass des Allgemeinen Gebührenverzeichnisses zu Recht als gebührenpflichtige Amtshandlung ausgewiesen.

 

LB 4) Die "Bearbeitung von Abfallbegleitscheinen" erschöpft sich nicht im Registrieren und Abheften der eingehenden Abfallbegleitscheine, sondern gebietet vor dem Hintergrund der Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetzes F. 2006 sowie der Nachweisverordnung eine inhaltliche Prüfung, insbesondere einen Abgleich zwischen den Eintragungen im Begleitschein und den Vorgaben des Entsorgungsnachweises.

 

LB 5) Diese "Bearbeitung" erfolgt - auch - im Interesse des Abfallerzeugers, des Abfallbeförderers und des Abfallentsorgers und rechtfertigt daher deren Heranziehung zu einer Verwaltungsgebühr.

 

LB 6) Die Bestimmung des Gebührensatzes hat nach § 6 Abs.3 Sätze 1 und 3 GebG SL sowohl dem Kostenüberschreitungsverbot als auch dem Vorteilsprinzip Rechnung zu tragen. Insoweit obliegt dem Gericht eine ergebnisbezogene Kontrolle, ob die zugrunde liegenden Schätzungen und Wertungen "vertretbar angenommen werden konnten".

 

LB 7) Das Kostenüberschreitungsverbot ist erst verletzt, wenn die Gebühr in einem "groben Missverhältnis" zu den Kosten der Amtshandlung steht; das ist in der Regel jedenfalls dann zu bejahen, wenn die Gebühr die Kosten um mehr als 100 % übersteigt.

 

LB 8) Zur Prüfung der Höhe der Gebühr für die "Bearbeitung von Abfallbegleitscheinen", insbesondere deren Staffelung nach dem Gewicht des Abfalls, anhand von Kostenüberschreitungsverbot und Vorteilsprinzip.

 

LB 9) Zur "dynamischen" Auslegung eines auf eine bestimmte Rechtsnorm Bezug nehmenden Gebührentatbestands nach einem Neuerlass des entsprechenden Gesetzes, durch den die Rechtsnorm eine andere Bezeichnung erhielt.

§§§

13.185 Inlandsbezogenes Ausreisehindernis

  1. VG Saarl,     B, 13.09.13,     – 10_L_1195/13 –

  2. EsG

  3. GG_Art.2 Abs.1; AufenthG_§_60a Abs.2 S.1, AufenthG_§_25 Abs.4 + 5;

  4. Inlandsbezogenes Ausreisehindernis wegen Reiseunfähigkeit

 

1) Ein inlandbezogenes Vollstreckungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne von § 60a Abs.2 Satz 1 AufenthG in Form einer Reiseunfähigkeit ist vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art.2 Abs.2 Satz 1 GG) nur dann anzunehmen, wenn die Gesundheit eines abzuschiebenden Ausländers so angegriffen ist, dass das ernsthafte Risiko besteht, dass sein Gesundheitszustand unmittelbar durch den Abschiebungsvorgang wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert wird, sofern nicht einzelfallbezogen effektive Schutzmaßnahmen durch die Ausländerbehörde ergriffen werden.

 

2) Auch eine akute und ernsthafte Suizidgefahr steht einer Abschiebung grundsätzlich dann nicht entgegen und begründet keine Reiseunfähigkeit, wenn durch die Ausländerbehörde die für die Abschiebung insoweit konkret erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen werden.

§§§

13.186 Vorsätzliche Straftat

  1. VG Saarl,     U, 18.09.13,     – 10_K_366/13 –

  2. EsG

  3. AufenthG_§_104a Abs.1 Nr.6, AufenthG_§_25 Abs.5; EMRK_Art.8

  4. Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen; Altfallregelung

 

1) Eine den Ausschlussgrund nach § 104a Abs.1 Nr.6 AufenthG begründende Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat ist solange verwertbar, wie sie nach den Regelungen des Bundeszentralregistergesetzes noch nicht zu tilgen ist.

 

2) Ein rechtliches Ausreisehindernis iSv § 25 Abs.5 AufenthG auf der Grundlage des von Art.8 EMRK gestützten Rechts auf Achtung des Privatlebens kommt nur bei einem rechtmäßigen Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet und einem schutzwürdigen Vertrauen auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht.

 

Rechtsmittel-AZ: 2_D_367/13

§§§

13.187 Rückstellung für eine Pensionsverpflichtung

  1. FG SB,     U, 18.09.13,     – 1_K_1124/12 –

  2. EsG

  3. EStG_§_6a; EStG_§_4 Abs.1 S.1; KStG_§_8 Abs.3 S.1

  4. Berechnung der zu bildenden Rückstellung für eine Pensionsverpflichtung gegenüber einem vorzeitig ausgeschiedenen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer / Berechnung der damit in Zusammenhang stehenden Höhe einer verdeckten Gewinnausschüttung

 

1) Das Beibehalten einer Pensionsrückstellung für einen beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH führt grundsätzlich nicht zu einer vGA, wenn der Geschäftsführer vor Erreichen der vorgesehenen Altersgrenze ausscheidet, wenn im Zeitpunkt der Pensionszusage die Erdienenszeit von 10 Jahren beachtet wurde und das vorzeitige Ausscheiden nicht schon erkennbar war.

 

2) Eine vGA kann aber insoweit vorliegen, als die Pensionsrückstellung auf der ursprünglichen Berechnungsgrundlage fortgeführt (und erhöht) wird, ohne dass die GmbH von einer ihr nach der Pensionszusage möglichen Anpassung Gebrauch macht.

§§§

13.188 5 Windkraftanlagen

  1. VG Saarl,     B, 20.09.13,     – 5_L_891/13 –

  2. EsG

  3. BauGB_§_2 Abs.2, BauGB_§_35 Abs.3 Nr.5; BImSchG_§_4, BImSchG§_10; VwGO_§_80 Abs.5 S.1

  4. Kein einstweiliger Rechtsschutz für eine Nachbargemeinde gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung von 5 Windkraftanlagen.

 

1) Eine Nachbargemeinde kann sich zur Abwehr von Windkraftanlagen nicht darauf berufen, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei mit dem Natur-, Landschafts- oder Denkmalschutz nicht zu vereinbaren.

 

2) Für die Rechtmäßigkeit einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von 5 Windkraftanlagen im Außenbereich kommt es nicht darauf an, ob der zuvor aufgestellte Bebauungsplan wirksam ist.

 

3) Die Zulassung von 5 Windkraftanlagen im Außenbereich erfordert keine förmliche Planung. Deshalb bedarf es auch keiner interkommunalen Abstimmung gemäß § 2 Abs.2 BauGB.

 

4) Eine Nachbargemeinde hat keinen Anspruch darauf, dass die objektiven Voraussetzungen des § 35 Abs.3 Nr.5 BauGB in Bezug auf das Landschaftsbild eingehalten werden.

 

5) Gegenüber Verunstaltungen aufgrund staatlicher Zulassungen kann sich eine (Nachbar-)Gemeinde nur auf den Kernbereich des sich aus dem Selbstverwaltungsrecht abgeleiteten kommunalen Selbstgestaltungsrechts berufen.

§§§

13.189 Nachbarschutz gegen Wohnhausneubau

  1. OVG Saarl,     B, 20.09.13,     – 2_B_339/13 –

  2. EsG

  3. BauGB_§_34 Abs.1 S.1, BauGB_§_212a; (04) LBO_§_7 Abs.4 S.4, LBO__§_64, LBO_§_81 Abs.1

  4. einstweilige Anordnung / Nachbarschutz gegen Wohnhausneubau

 

1) Hat das Verwaltungsgericht einen Antrag eines sich gegen ein Bauvorhaben wendenden Nachbarn auf Anordnung der nach § 212a Abs.1 BauGB entfallenden aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen eine im vereinfachten Verfahren nach § 64 LBO 2004 erteilte Baugenehmigung zurückgewiesen und ist diese daher nach wie vor sofort vollziehbar, so ist für ein Einschreiten der Unteren Bauaufsichtsbehörde auf der Grundlage der Ermächtigungsnorm des § 81 Abs.1 LBO 2004 und damit auch für eine vom Nachbarn begehrte Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zur vorläufigen Einstellung der Arbeiten im einstweiligen Anordnungsverfahren (§ 123 Abs.1 VwGO) jedenfalls insoweit kein Raum, als Nachbarrechtsverstöße aus Vorschriften hergeleitet werden, die von dem Entscheidungsprogramm des vereinfachten Verfahrens in § 64 Abs.2 Satz 1 Nr.1 LBO 2004 umfasst sind.

 

2) Das betrifft sämtliche Anforderungen des Bauplanungsrechts, insbesondere das im Tatbestandsmerkmal des "Einfügens" im § 34 Abs.1 Satz 1 BauGB enthaltene Gebot nachbarlicher Rücksichtnahme.

 

3) Zur Berechnung der vor Gebäudeaußenwänden freizuhaltenden Abstandsflächen bei auf dem Baugrundstück rückseitig ansteigendem Gelände und im Bereich der Wand vorgesehenen Abgrabungen, insbesondere zur abschnittsweisen Betrachtung und zur Berechnung der "im Mittel gemessenen Wandhöhe" (§ 7 Abs.4 Satz 4 LBO 2004) in Anwendung der so genannten Flächenbetrachtung.

§§§

13.190 Fachrichtungswechsel

  1. VG Saarl,     U, 27.09.13,     – 3_K_1873/12 –

  2. EsG

  3. BAföG_§_7 Abs.3, BAföG_§_15

  4. Ausbildungsförderung nach Fachrichtungswechsel

 

1) Zur Unverzüglichkeit des Fachrichtungswechsels.

 

2) Ein Student der krankheitsbedingt nicht in der Lage ist, ordnungsgemäß zu studieren, muss sich zurechnen lassen, die Möglichkeit, sich beurlauben zu lassen nicht wahrgenommen und damit gegen die ihm obliegende Pflicht, seine Ausbildung umsichtig zu planen und zügig und zielstrebig durchzuführen verstoßen zu haben.

 

Rechtsmittel-AZ: 3_A_444/13

§§§

13.191 Rückforderung von Ausbildungsförderleistungen

  1. VG Saarl,     U, 27.09.13,     – 3_K_1815/12 –

  2. EsG

  3. BAföG_§_28 Abs.3 S.1; SGB-X_§_45 Abs.2 Nr.2, SGB-X_§_50

  4. Rückforderung von Ausbildungsförderungsleistungen / Vermögensanrechnung / Zeitwert eines Kraftfahrzeugs / behauptetes Darlehen als bestehende Schuld

 

1) Ein im Eigentum des Auszubildenden stehendes Kraftfahrzeug ist mit dem den Freibetrag übersteigenden Teil des Zeitwertes als Vermögen anzurechnen.

 

2) Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld im Sinne von § 28 Abs.3 Satz 1 BAföG anzuerkennen ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann (im konkreten Fall verneint).

§§§

13.192 Kostenbeitrag zu Jugendhilfemaßnahmen

  1. VG Saarl,     U, 27.09.13,     – 3_K_1350/11 –

  2. EsG

  3. SGB-VIII_§_27, SGB-VIII_§_41 Abs.1 S.1 + Abs.2, SGB-VIII_§_36, SGB-VIII_§_94 Abs.1 S.2

  4. Information des Kostenschuldners / Voraussetzung / Kostenbeitrag

 

1) Die umfassende Information des Kostenschuldners bei Aufnahme der Hilfe selbst über diese, so dass der Kostenschuldner Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit beurteilen und ggf. Rechtsmittel einlegen könnte, ist -schon weil nicht gesetzlich normiert- keine Voraussetzung für das Erheben des Kostenbeitrages.

 

2) § 41 Abs.1 Satz 1 SGB VIII verpflichtet den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, jungen Volljährigen individuelle pädagogische Hilfe zur Persönlichkeitsentwicklung und zur Verselbständigung zu gewähren.

 

3) § 41 SGB VIII legt - anders als § 27 SGB VIII, der auf eine Fremddefinition des Wohls des Kindes abstellt (objektive Sichtweise) - allerdings den Schwerpunkt auf die eigenen Vorstellungen des jungen Volljährigen (subjektive Sichtweise).

 

4) § 41 Abs.2 SGB VIII regelt ua, dass § 36 SGB VIII entsprechend mit der Maßgabe anwendbar ist, dass im Hilfeplanverfahren an die Stelle der Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

 

5) Ist im Rahmen der Feststellung der Hilfevoraussetzungen eine Beteiligung der Eltern unterblieben, bestehen hiergegen angesichts des Umstandes, dass Hilfeberechtigte nach § 41 Abs.1 SGB VIII die Tochter der Klägerin ist (und nicht mehr wie bei der Erziehungshilfe die Personensorgeberechtigten) und folgerichtig ausweislich der Regelung des § 41 Abs.2 SGB VIII iVm § 36 SGB VIII diese an der Hilfeplanung zu beteiligen war und auch beteiligt wurde, keine grundsätzlichen Bedenken.

 

6) Zur Auswahl der geeigneten und erforderlichen Hilfeform.

 

7) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass - was hier allein erheblich wäre - die Hilfegewährung so günstig hätte erfolgen können, dass dies mit Blick auf die Vorschrift des § 94 Abs.1 Satz 2 SGB VIII einen Einfluss auf die Höhe des Kostenbeitrages haben könnte.

 

8) Zur Ermittlung des berücksichtigungsfähigen Einkommens im Rahmen der Kostenbeitragsberechnung (hier. Freiberufliche Tätigkeit des Kostenbeitragspflichtigen).

 

9) Zur Berücksichtigungsfähigkeit geltend gemachter Belastungen zur Finanzierung einer selbstgenutzten Immobilie.

§§§

13.193 Spracherwerb bei Zuzug

  1. VG Saarl,     U, 01.10.13,     – 10_K_639/12 –

  2. EsG

  3. GG_Art.6; AufenthG_§_28 Abs.1 S.5, AufenthG_§_30 Abs.1 Nr.2

  4. Zum Erfordernis des Spracherwerbs bei Zuzug zu einem deutschen Staatsangehörigen.

 

Die mit Forderung von Grundkenntnissen der deutschen Sprache aus §§ 28 Abs.1 Satz 5, 30 Abs.1 Nr.2 AufenthG verbundene Trennungszeit der Eheleute überschreitet die unter Art.6 GG zumutbare Dauer, wenn der Spracherwerb wegen Analphabetismus der nachzugswilligen Ehefrau ohnehin überdurchschnittliche Zeit in Anspruch nehmen wird und die Geburt eines gemeinsamen Kindes ansteht, nach der das Recht auf ein Zusammenleben der gesamten Familie zusätzliches Gewicht erhält.

§§§

13.194 Übertragung staatlicher Aufgaben

  1. VerfGH,     B, 08.10.13,     – Lv_16/12 –

  2. VerfGH = Amtsbl_I_14,154

  3. SVerf_Art.119 Abs.2 S.1, SVerf_Art.120 Abs.1 S.1 - 3 (SL) LBO_§_58 Abs.1 S.2 + Abs.2

  4. Auftagsangelgenheit / Übertragung / Gemeinde / Verwaltungsreform / Konnektivitätsprinzip

 

Eine Übertragung staatlicher Aufgaben auf die Gemeinden liegt auch dann vor, wenn die Zuweisung einer Auftragsangelegenheit mit dem Willen oder auf Antrag einer Gemeinde optional erfolgt.

 

LB 2) Unter einer Übertragung von Aufgaben gemäß Art.120 Abs.1 Satz 1 SVerf versteht man die Begründung jeder Zuständigkeit der Kommunen für staatliche Aufgaben (ähnlich VerfG LSA, Urteil vom 14.9.2004 - LVG 7/03, juris Rn.63). Dabei differenziert Art.120 Abs.1 Satz 1 SVerf nicht danach, ob die Zuständigke iten mit oder gegen den Willen der Kommunen begründet werden.

 

LB 3) Mit der Reform der saarländischen Verwaltungsstrukturen wurde der Aufbau der Bauaufsichtsbehörden im Saarland zum 1.1.2008 gesetzlich neu geregelt. Im Zuge dieses Gesetzgebungsverfahrens wurden sowohl § 58 Abs.1 Satz 2 SLBO als auch § 58 Abs.2 SLBO sowie die hierauf beruhende Zuständigkeitsverordnung reformiert. Dadurch wurden sämtliche Zuständigkeiten der unteren Bauaufsicht im kommunalen Bereich neu begründet, auch diejenigen, die vor und nach der Verwaltungsreform, ob planmäßig oder zufällig, übereinstimmen.

 

LB 4) Die Übertragung staatlicher Auftragsangelegenheiten auf die Kommunen steht gemäß Art.120 Abs.1 Satz 1 SVerf unter dem Vorbehalt eines förmlichen Gesetzes. Das bedeutet, dass staatliche Aufgaben nur kraft Parlamentsgesetz auf die Kommunen übertragen werden können. Die Übertragung kraft Rechtsverordnung ist dagegen von Verfassungs wegen ausgeschlossen.

 

LB 5) Die Entscheidung über die Aufgabenübertragung erfolgt demgemäß bereits durch den parlamentarischen Gesetzgeber, der durch die Statuierung der Tatbestandsmerkmale des § 58 Abs.2 SLBO mit hinreichender Regelungsdichte entschieden hat, wann eine Übertragung auf eine Gemeinde vorzunehmen ist.

 

LB 6) Eine Kostenregelung in Form eines "Nullansatzes" hinsichtlich einer Zuweisung von Mitteln ist zwar trotz Art.120 Abs.1 Sätze 2 und 3 SVerf nicht generell ausgeschlossen - etwa bei vollumfänglicher Deckung der Kosten durch Gebührenerhebung.

 

LB 7) Dem Konnexitätsprinzip des Art.120 Abs.1 Sätze 2 und 3 SVerf kommt neben seiner Schutzfunktion zugunsten der Gemeinden eine strukturell- und organisationsrechtliche Funktion zu. Aufgabenverantwortung und Finanzierungslast sollen stets in einer Hand verbleiben sollen

 

LB 8) Neben Art.119 Abs.2 Satz 1 SVerf hebt Art.120 Abs.1 Satz 2, 3 SVerf jedoch die materielle Kostentragungspflicht des Landes für diejenigen Kosten der Kommunen, die ihnen aus der Erledigung von Auftragsangelegenheiten erwachsen, nochmals absichtsvoll und nachdrücklich hervor. Damit wird betont, dass die Finanzierung der Ausübung von Auftragsangelegenheiten vom Land sicherzustellen ist und grundsätzlich keine kommunalen Mittel beanspruchen soll.

 

LB 9) Daraus folgt, dass es sich bei der Finanzausstattung der Kommunen gemäß Art.119, 120 SVerf um ein - verfassungsrechtlich verankertes und gewährleistetes - austariertes System handelt, bei dem sich die Finanzierungsverantwortung von Land oder Kommune nach dem Charakter der wahrzunehmenden Aufgabe bestimmt. Auf diese Weise sollen Einnahmen einerseits, Aufgaben und Ausgaben andererseits in ein angemessenes Verhältnis gesetzt und dadurch die sachangemessene Erfüllung der jeder - der staatlichen wie der kommunalen - Ebene obliegenden Aufgaben gesichert werden.

 

LB 10) Der Verstoß gegen die Verfassungsgarantie des Art.120 Abs.1 Sätze 2 und 3 SVerf führt im Übrigen nicht zur Nichtigkeit der Aufgabenübertragung selbst

* * *

Entscheidungsformel:

§ 16 Abs.5 Satz 1 Nr.1 Kommunalfinanzausgleichsgesetz (KFAG) in der Fassung des Gesetzes zur Reform der saarländischen Verwaltungsstrukturen (VSRG) vom 21.11.2007, ABl.S. 2393 (2398), ist mit Art.120 Abs. 1 Sätze 2 und 3 der Verfassung des Saarlandes unvereinbar. Der Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2014 eine Neuregelung zu treffen.

§§§

13.195 Untersagung des Betriebs eines Wettbüros

  1. VerfGH,     B, 08.10.13,     – Lv_1/13 –

  2. VerfGH

  3. SVerf_Art.97 Nr.4, SVerf_Art.20, SVerf_Art.44 S.1; VerfGHG_§_9 Nr.13, VerfGHG_§_55 Abs.3; GlüStV_§_9 Abs.1 S.2 + S.3 Nr.3, GlüStV_§_21 Abs.2, GlüStV_§_11 Abs.4 Nr.2

  4. Glückspielstaatsvertrag Vermittlung von Sportwetten / Trennungsprinzip / Verhältnismäßigkeit / Verfassungsmäßigkeit / Gemeinwohlziel / Ereigniswetten / Spielsuchtbekämpfung

 

1) Drohen bei Versagung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersagung des Betriebs eines Wettbüros ins Gewicht fallende und nicht reversible Nachteile für die Gewerbefreiheit des Betreibers, so sind die Gerichte gehalten, einer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht wieder gut zu machenden Beeinträchtigung von Grundrechten entgegenzuwirken.

 

2) Die in saarländisches Landesrecht transformierten Regelungen des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland, nach denen in einem Gebäude, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen, und nach denen das Angebot von Livewetten grundsätzlich unzulässig ist, verletzen das Grundrecht der Gewerbefreiheit nicht.

 

LB 3) Art.20 SVerf, nach dem einer Person der Beschwerde- und Rechtsweg zusteht, wenn sie sich durch die öffentliche Gewalt in ihren Rechten verletzt sieht, schützt - nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs - nur gegen Akte der Exekutive (Beschl v 19.5.2006 - Lv_6/05; Beschl v 28.6.2007 - Lv_2/07), nicht gegen richterliche Entscheidungen.

 

LB 4) Allerdings kann dem Rechtsstaatsprinzip (Art.60 Abs.1 SVerf) ein Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz entnommen werden. Dieses Grundrecht gewährleistet, dass einem Rechtsuchenden der Zugang zu den Gerichten nicht unverhältnismäßig erschwert wird und eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung seines Anliegens stattfindet (BVerfGE_85,337/345). Dazu zählt, dass gerichtliche Verfahren, in denen um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht wird, soweit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorkommen müssen (BVerfG NVwZ_2007,1116).

§§§

13.196 Überlassung einer Stadthalle

  1. VerfGH,     B, 08.10.13,     – Lv_2/13 –

  2. VerfGH

  3. SVerf_Art.5 Abs.1, SVerf_Art.6 Abs.1, SVerf_Art.12 Abs.1, SVerf_Art.20 Abs.1; VerfGHG_§_9 Nr.13, VerfGHG_§_55 Abs.3; GG_Art.21; VwGO_§_124 Abs.2 Nr.1 + 4

  4. Fortsetzungsfeststellungsinteresse / Versammlungsfreiheit / Willkürverbot / NPD / effektiver Rechtsschutz / Wiederholungsgefahr / Rehabilitationsinteresse

 

Das nach saarländischem Verfassungsrecht aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz wird nicht verletzt, wenn die Verwaltungsgerichte ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse verneint haben, nachdem einer politischen Partei die Überlassung einer Stadthalle für einen Parteitag durch eine Stadtverwaltung versagt worden ist, die politische Partei jedo ch durch eine einstweilige Anordnung erreicht hat, ihren Parteitag in der Stadthalle abhalten zu können und die Stadtverwaltung zugesagt hat, künftig an ihrer die Versagung des Zugangs tragenden Rechtsauffassung nicht mehr festzuhalten.

§§§

13.197 Aufhebung der Bezirksschornsteinfegerbestellung

  1. OVG Saarl,     B, 11.10.13,     – 1_B_395/13 –

  2. EsG

  3. SchfHwG_§_12 Abs.1 Nr.2, SchfHwG_§_8 Abs.2, SchfHwG_§_13

  4. Aufhebung der Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger

 

Für die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Bestellung zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger wegen Unzuverlässigkeit ist - ebenso wie für den Widerruf der Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister - die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung maßgeblich.

§§§

13.198 Syrische Asylbewerber

  1. VG Saarl,     U, 14.10.13,     – 3_K_1006/13 –

  2. EsG

  3. Asylrecht / Vorverfolgung / Nachfluchtgründe / Verfolgungsmaßnahmen

 

Syrische Asylbewerber sind unabhängig von einer Vorverfolgung aufgrund der aktuellen Situation in Syrien aus beachtlichen Nachfluchtgründen von Verfolgung im vorgenannten Sinne wegen ihrer illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und ihrem Aufenthalt im Ausland bedroht. Diese Handlungen werden vom syrischen Staat derzeit als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst und ein Asylantragsteller hat bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung eine seine tatsächliche oder jedenfalls vermutete politische Überzeugung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen (std. Rspr. seit dem Urteil der Kammer vom 22.08.2013 -3 K 16/13).

§§§

13.199 Terminsgebühr/Erledigungsgebühr

  1. OVG Saarl,     B, 15.10.13,     – 1_E_383/13 –

  2. EsG

  3. RVG_§_2 Abs.2, VV-RVG_Nr.3104, VV-RVG_Nr.1002,

 

Besprechungen zwischen dem Prozessbevollmächtigten des Klägers und der beklagten Behörde, bei denen es allein um die Art und Weise der formellen Erledigung des Rechtsstreits, nicht aber um die materiell-rechtliche Erledigung des Rechtsstreits geht, begründen weder eine Terminsgebühr nach Nr.3104 VV RVG iVm Vorbemerkung 3 Abs.3 VV RVG noch eine Erledigungsgebühr nach Nr.1002 VV RVG.

§§§

13.200 Windfarm Hoxberg I

  1. VG Saarl,     U, 16.10.13,     – 5_K_515/13 –

  2. EsG

  3. BImSchG_§_5 Abs.1 Nr.1, BImSchG_§_3 Abs.1 + 2; TA-Lärm_Nr-3.2.1 Abs.1

  4. Erfolglose Nachbarklage gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen

 

1) Werden die Richtwerte der TA Lärm eingehalten, gehen von der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen aus.

 

2) Wer am Rande eines reinen Wohngebietes wohnt, kann für Geräuschimmissionen aus dem Außenbereich nur die Einhaltung der Richtwerte für ein allgemeines Wohngebiet beanspruchen.

 

3) Beträgt der Abstand einer Windkraftanlage zu einem Wohnhaus mehr als das Dreifache der Gesamthöhe der Anlage, liegt im Normalfall keine optisch bedrängende Wirkung vor.

 

4) Einer Beschattungsdauer von mehr als 30 Stunden pro Jahr bzw 30 Minuten täglich kann durch Rezeptoren und Schattenabschaltmodule begegnet werden.

§§§

13.201 Windfarm Hoxberg II

  1. VG Saarl,     U, 16.10.13,     – 5_K_508/13 –

  2. EsG

  3. SVerf_Art.117 Abs.2, SVerf_§_118; GG_Art.28 Abs.2 S.1; BauGB_§_35 Abs.1 Nr.5, BauGB_§_36

  4. Erfolglose Klage einer Nachbargemeinde gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung von 3 Windkraftanlagen

 

1) Ein nach Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bekannt gemachter Bebauungsplan hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Genehemigung.

 

2) Eine Nachbargemeinde kann sich - anders als die Standortgemeinde - nur auf eine Verletzung solcher Rechte stützen, die auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind.

 

3) Für die Errichtung von 3 Windkraftanlagen in einem ausgewiesenen Windvorranggebiet im Außenbereich bedarf es keiner förmlichen Planung.

 

4) Auf eine "Verunstaltung des Orts- bzw. Landschaftsbildes" kann sich eine Nachbargemeinde nur stützen, wenn das kommunale Selbstgestaltungsrecht in seinem Kernbereich betroffen wird.

§§§

13.202 Syrische Asylbewerber

  1. VG Saarl,     U, 16.10.13,     – 3_K_986/13 –

  2. EsG

  3. AsylVfG_§_3 Abs.1, AsylVfG_§_77 Abs.1 S.1; AufenthG_§_60 Abs.1

  4. Asylrecht

 

Syrische Asylbewerber sind unabhängig von einer Vorverfolgung aufgrund der aktuellen Situation in Syrien aus beachtlichen Nachfluchtgründen von Verfolgung im vorgenannten Sinne wegen ihrer illegalen Ausreise aus Syrien, der Asylantragstellung und ihrem Aufenthalt im Ausland bedroht. Diese Handlungen werden vom syrischen Staat derzeit als Ausdruck regimefeindlicher Gesinnung aufgefasst und ein Asylantragsteller hat bei einer Rückkehr nach Syrien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung eine seine tatsächliche oder jedenfalls vermutete politische Überzeugung mit Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen (std Rspr seit dem Urteil der Kammer vom 22.08.2013 - 3 K 16/13).

 

Rechtsmittel-AZ: 2 A 454/13

§§§

13.203 Anrechnung von Duldungszeiten

  1. VG Saarl,     U, 16.10.13,     – 10_K_739/13 –

  2. EsG

  3. AufenthG_§_26 Abs.4 S.1 + 3, AufenthG_§_102 Abs.2

  4. Anrechnung von Aufenthaltszeiten für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis

 

1) Nach der Übergangsregelung des § 102 Abs.2 AufenthG können Duldungszeiten vor dem 01.01.2005 auf die von § 26 Abs.4 Satz 1 AufenthG geforderte Besitzzeit einer Aufenthaltserlaubnis von 7 Jahren nur angerechnet werden, wenn sich ihnen nahtlos eine Aufenthaltserlaubnis angeschlossen hat oder zumindest ab dem 01.01.2005 ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bestanden hat.

 

2) Auf Duldungszeiten nach dem 01.01.2005 ist die Übergangsregelung des § 102 Abs.2 AufenthG nicht anwendbar.

 

3) Die Anrechnung der Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens gemäß § 26 Abs.4 Satz 3 AufenthG setzt die Durchführung eines Asyl- bzw Asylfolgeverfahrens voraus.

 

4) Unbeachtlich Asylverfahren, die nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führen, bleiben außer Betracht.

§§§

13.204 Unterlassung ehrenrühriger Äußerungen

  1. OVG Saarl,     U, 17.10.13,     – 2_A_303/12 –

  2. EsG

  3. GG_Art.1 Abs.1, GG_Art2 Abs.1, GG_Art.5 Abs.1 BGB_§_1004 Abs.1 S.2, BGB_§_823 Abs.1 + 2 VwGO_§_42 Abs.2 BeamtStG_§_45 S.2 StGB_§_194 Abs.2 S.1, StGB_§_77 Abs.1, StGB_§_77b, StGB_§_185

  4. Unterlassung ehrenrühriger Äußerungen / eigener Anspruch eines einzelnen Mitarbeiters der Gemeinde gegen Gemeinderatsmitglied wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung / Prozessführungsrecht der Gemeinde / Unterlassungsanspruch versus Grundrecht der Meinungsfreiheit

 

1) Bei den aus Grundrechten (Art.1 Abs.1, Art.2 Abs.1 GG) oder aus einer entsprechenden Anwendung des § 1004 Abs.1 Satz 2 BGB abzuleitenden Persönlichkeitsrechten und den sich daraus im Verletzungsfall ergebenden Unterlassungsansprüchen einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Behörde, hier einer Gemeinde, handelt es sich um höchstpersönliche Rechte, die im Falle einer Verletzung durch gegebenenfalls beleidigende Äußerungen, hier eines Mitglieds des Gemeinderats, allein von den Betroffenen selbst gerichtlich geltend gemacht werden können. Der Dienstherr ist insoweit materiell-rechtlich nicht aktivlegitimiert.

 

2) Eine für die Geltendmachung dieser "fremden Rechte" im eigenen Namen im Wege einer Unterlassungsklage des Dienstherrn zu fordernde Prozessführungsbefugnis beziehungsweise in der Terminologie der Verwaltungsgerichtsordnung Klagebefugnis (§ 42 Abs.2 VwGO entspr.) ergibt sich nicht aus den Regeln über eine gewillkürte oder eine gesetzlichen Prozessstandschaft. Sie lässt sich insoweit insbesondere auch nicht unter dem Aspekt der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 45 Satz 2 BeamtStG) oder durch einen Rückgriff auf den § 194 Abs.3 Satz 1 StGB begründen.

 

3) Liegt keine Verletzung des selbständig wehrfähigen Anspruchs der Behörde (Gemeinde) selbst auf Wahrung des Mindestmaßes an öffentlicher Anerkennung vor, das erforderlich ist, damit die betroffene Einrichtung ihre Funktion erfüllen kann und das unerlässliche Vertrauen in ihre Integrität nicht in Frage gestellt wird, bleibt es allein den betroffenen Beamtinnen und Beamten überlassen, ob sie sich in einem auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen hinsichtlich beleidigender Äußerungen zielenden Gerichtsverfahren - sei es auch nur als Zeugin oder Zeuge - einer öffentlichen Verhandlung über unter Umständen sehr persönliche Angelegenheiten stellen möchten.

 

4) Bei der Beurteilung des Vorliegens eines solchen Unterlassungsanspruchs ist das Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art.5 Abs.1 GG) zu berücksichtigen.

 

5) Dieses findet wiederum seine Schranke in den allgemeinen Gesetzen, zu denen die Vorschriften der § 823 Abs.1 und Abs.2, 1004 Abs.1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art.2 Abs.1, Satz 1 GG) und § 185 StGB gehören. Bei der Auslegung und Anwendung dieser Vorschriften sind die Fachgerichte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets verpflichtet, das eingeschränkte Grundrecht "interpretationsleitend" berücksichtigen.

 

6) Das Gewicht des Grundrechts der Meinungsfreiheit ist bei der Beurteilung von Kritik an öffentlichen Stellen "besonders hoch zu veranschlagen", weil das Recht, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen "auch scharf kritisieren zu können", zum Kernbereich der Meinungsfreiheit gehört. Der Begriff einer an diesen Maßstäben nicht mehr tolerierbaren "Schmähkritik" ist eng zu definieren und auch eine überzogene oder gar "ausfällige" Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zu einer Schmähung. Hinzutreten muss, dass es bei der Äußerung nicht mehr um die Sache geht, sondern dass die Diffamierung der kritisierten Person im Vordergrund steht. Wesentliches Merkmal der Schmähung ist eine das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängende persönliche Kränkung (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 24.7.2013 - 1_BvR_444/13 -, NJW-Spezial 2013, 569).

§§§

13.205 Gewinn ohne Vorlage buchmäßiger Unterlagen

  1. FG SB,     U, 17.10.13,     – 1_K_1244/09 –

  2. EsG

  3. FGO_§_74; AO_§_179 Abs.1 S.2, AO_§_180 Abs.1 Nr.2a, AO_§_155 Abs.2, AO_§_5; EStG_§_4 Abs.1 + Abs.3

  4. Ermessensreduzierung auf null bei Entscheidung über Aussetzung eines Klageverfahrens / Kein Abschluss eines Gesellschaftsvertrags durch bloße Vereinbarung einer Interessengemeinschaft / Rechtsbindungswillen / Wahl der Gewinnermittlungsart / Verzicht auf die Schätzung von Betriebsausgaben / Auferlegung von Kosten bei Beiladung / Feststellungsverjährung

 

1) Eine gesonderte Feststellung kann auch nach Ablauf der für sie geltenden Feststellungsfrist noch durchgeführt werden, soweit sie für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist.

 

2) Ein partiarisches Rechtsverhältnis kann auch dann angenommen werden, wenn eine Gewinnbeteiligung zugesagt wird.

 

3) Der Gewinn eines Steuerpflichtigen, der keine buchmäßigen Unterlagen vorlegt, ist nach Maßgabe des § 4 Abs.1 EStG zu schätzen. Ausgaben, die nach § 160 AO nicht abziehbar sind, können bei der Schätzung nicht berücksichtigt werden.

 

4) Nahe Angehörige können auch dann Mitunternehmer sein, wenn sie von den ihnen zustehenden Rechtspositionen keinen Gebrauch machen und sich in jeder Beziehung auf den geschäftsführenden Angehörigen verlassen.

 

5) Ein Beigeladener, der einen Antrag zur Sache stellt, geht stets ein Kostenrisiko ein (gegen BFH).

§§§

13.206 Abwassergebühren

  1. VG Saarl,     U, 18.10.13,     – 3_K_443/12 –

  2. EsG

  3. SVwVfG_§_55, SVwVfG_§_59 Abs.1; BGB_§_134; GG_Art.20 Abs.3; KAG_§_2 Abs.1, KAG_§_12 Abs.1 Nr.3; AO_§_125 Abs.1 + 2

  4. Vergleichsvertrag / Ungewissheiten / Gesetzmäßigkeit der Verwaltung / kommunale Abgaben / Nichtigkeit

 

Im Gebührenrecht sind Vergleichsverträge, durch die bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage zwischen den Beteiligten bestehende Ungewissheiten durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt werden und die keinen ausdrücklichen Gebührenverzicht beinhalten, zwar grundsätzlich erlaubt. Die mit dem Vergleichsvertrag zu beseitigenden Ungewissheiten müssen sich aber innerhalb der bestehenden Gesetzeslage halten. Eine Vereinbarung zwischen Gebührengläubiger und Gebührenschuldner über eine Gebührenerhebung, die abweichend von bestehenden gesetzlichen Regelungen erfolgt, überspielt den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der in Art.20 Abs.3 GG seine Grundlage findet, und verstößt mit der Rechtsfolge ihrer Nichtigkeit gegen den dieses Verfassungsprinzip einfachgesetzlich verankernden § 2 Abs.1 KAG, wonach kommunale Abgaben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen. (im Einzelfall bejaht)

§§§

13.207 Dienstwagen

  1. VG Saarl,     U, 18.10.13,     – 3_K_335/12 –

  2. EsG

  3. SaarlAbgG_§_6 Abs.2 Nr.2; SVwVfG_§_48 Abs.2 Nr.2 + 3

  4. Landtagsabgeordneter / Zurverfügungstellung eines Dienstwagens zur unentgeltlichen Nutzung

 

1) Nach Sinn und Zweck der Regelung in § 6 Abs.2 Nr.2 SaarlAbgG ist ein Dienstwagen ein vom Land gestelltes Fahrzeug, das dem Abgeordneten zur unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung steht.

 

2) Ein von einer Landtagsfraktion zur Verfügung gestelltes Fahrzeug ist mit Blick auf die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktion als Teil des Landtages und damit des Landes vom Land zur Verfügung gestelltes Fahrzeug.

 

3) Ein Fahrzeug ist dann kein Dienstwagen, wenn - wie hier - sämtliche durch die Anschaffung und Nutzung des Fahrzeugs entstandenen Kosten durch den Abgeordneten der Fraktion erstattet werden.

 

4) Dass die Unkosten des Abgeordneten deswegen geringer ausfielen, weil nicht er, sondern die Fraktion Leasingnehmer war (Stichwort: Leasing zu Behördenkonditionen) spielt bei der Beurteilung keine Rolle, weil es sich bei den Erstattungsbeträgen nach § 6 Abs.2 Nr.2 SaarlAbgG um Pauschalbeträge handelt, für die die tatsächlichen Kosten gerade unerheblich sind.

§§§

13.208 Schmutzwassergebühr

  1. VG Saarl,     U, 18.10.13,     – 3_K_1408/12 –

  2. EsG

  3. GG_Art.3 Abs.1AGS_§_5 Abs.1 + Abs.4; KAG_§_2 Abs.1 S-2 KAG_§_6 Abs.3 S.1 + 2

  4. Bemessung der Schmutzwassergebühr nach dem Frischwassermaßstab

 

1) Der generelle Ausschluss des Abzugs von Wassermengen, die zur Füllung von Schwimmbädern benutzt werden, verstößt gegen den Gleichheitssatz.

 

2) Eine Bagatellregelung, wonach nachweislich nicht in die Kanalisation gelangte Wassermengen von bis zu 15 m³ jährlich nicht abgezogen werden, verstößt gegen den Gleichheitssatz.

 

Rechtsmittel-AZ: 1_A_481/13

§§§

13.209 Ausweisung eines Ausländers

  1. VG Saarl,     B, 18.10.13,     – 10_L_1595/13 –

  2. EsG

  3. VwGO_§_80 Abs.5; AufenthG_§_84 Abs.1, AufenthG_§_53 Nr.2, AufenthG_§_54 Nr.1, AufenthG_§_55; EMRK_Art.8

  4. Ausweisung eines Ausländers der zweiten Generation wegen Strafffälligkeit.

 

Eine Vielzahl strafrechtlicher Verfehlungen und eine naheliegende Wiederholungsgefahr sind unter dem Blickwinkel von Art.8 EMRK geeignet, eine Aufenthaltsbeendigung auch eines Ausländers zu rechtfertigen, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, seine Straftaten vor Eintritt der Volljährigkeit begangen hat und der kaum noch Bezug zum Staat seiner Staatsangehörigkeit aufweist. Der Umstand, dass der Ausländer während der Strafhaft den Hauptschulabschluss mit guten Noten erreicht hat, bietet angesichts der besonderen Haftsituation jedenfalls dann keinen Anlass zur Annahme eines nunmehr erreichten Grades an Integration, der eine Aufenthaltsbeendigung als unverhältnismäßig gemäß Art.8 EMRK erscheinen lassen würde, wenn eine Erprobung außerhalb der Haft noch aussteht.

§§§

13.210 Antrag auf bauaufsichttliches Einschreiten

  1. OVG Saarl,     B, 21.10.13,     – 2_B_344/13 –

  2. EsG

  3. LBO_§_57 Abs.2. LBO_§_67, LBO_§_82 Abs.3, LBO_§_61 Abs.1 Nr.10, LBO_§_13, LBO_§_15, LBO_§_30

  4. Nachbarantrag auf bauaufsichtliches Einschreiten / Standsicherheitsnachweis / Brandschutznachweis

 

Nach § 57 Abs.2 LBO haben die Bauaufsichtsbehörden ua bei der Änderung und der Nutzungsänderung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Auf dieser Grundlage können sie auch, soweit keine speziellere Vorschrift - etwa § 67 LBO oder § 82 Abs.3 LBO - eingreift, die Vorlage einzelner bautechnischer Nachweise verlangen, wenn berechtigte Zweifel daran bestehen, ob eine Baumaßnahme im Einklang mit öffentlichem Recht steht. Insbesondere hat die untere Bauaufsichtsbehörde auf substantiierte Einwände eines Nachbarn hin entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgabenbeschreibung auch der Frage der Einhaltung nachbarschützender und bei der Ausführung von Vorhaben nach § 60 Abs.2 LBO unabhängig von verfahrensrechtlichen Vorgaben uneingeschränkt zu beachtender materiellrechtlicher Bestimmungen des öffentlichen Baurechts nachzugehen.

§§§

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