2001   (5)  
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01.121 Rechtliches Gehör
 
  1. OVG Saarl,     B, 27.06.01,     – 9_Q_191/00 –

  2. SKZ_01,197/25 (L)

  3. VwGO_§_108 Abs.2, GG_Art.103 Abs.1 GG

 

Beruft sich ein anwaltlich vertretener Kläger auf eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil an der anberaumten mündlichen Verhandlung wegen unverschuldeten Unterlassens einen Terminsbenachrichtigung durch seinen Bevollmächtigten nicht hat teilnehmen können, setzt der Erfolg dieser Rüge voraus, dass in der Begründung des unter Berufung auf diesen Sachverhalt gestellten Vertagungsantrags substantiiert dargelegt worden ist, aufgrund welcher besonderen Fallumstände eine persönliche Äußerung des Klägers im Termin erforderlich sein soll.

§§§

01.122 Verfahrensaussetzung
 
  1. OVG Saarl,     B, 06.07.01,     – 9_Y_4/01 –

  2. SKZ_02,153/1 (L)

  3. VwGO_§_Abs.1, VwGO_§_82 Abs.1, VwGO_§_94 Abs.1, VwGO_§_146 Abs.1 VwGO

 

1) Die zulassungsfreie Beschwerde nach § 146 Abs.1 VwGO - hier hinsichtlich einer Aussetzung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht - unterliegt nicht dem Anwaltszwang.

 

2) Die Anhängigkeit eines Betreuungsverfahrens nach den §§ 1896 ff BGB rechtfertigt es nicht, einen Verwaltungsrechtsstreit gemäß § 94 VwGO mit dem Ziel der Klärung der Frage nach der Prozessfähigkeit des Klägers auszusetzen, wenn die verwaltungsgerichtliche Klage aus anderen Gründen - hier mit Blick auf die Formerfordernisse des § 82 Abs.1 VwGO unzulässig ist.

§§§

01.123 Gefährlicher Hund
 
  1. OVG Saarl,     B, 09.07.01,     – 9_V_4/01 –

  2. SKZ_02,165/55 (L)

  3. VwGO_§_80 Abs.5 S.1; PolVOGefH

 

1) Eine auf die Polizeiverordnung über das Halten und Beaufsichtigen gefährlicher Hunde im Saarland vom 07.07.98 gestützte Verfügung, mit der einem Hundehalter die Haltung seines - gefährlichen - Hundes untersagt wurde, wird nicht schon durch das Inkrafttreten der Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden vom 26.07.00 rechtswidrig.

 

2) Fall einer rechtmäßig ergangenen Hundehaltungsuntersagung.

§§§

01.124 Cannabis-Konsum
 
  1. OVG Saarl,     B, 11.07.01,     – 9_V_10/01 –

  2. SKZ_02,166/57 (L)

  3. StVG_§_3 Abs.1; FeV_§_11, FeV_§_14, FeV_§_46

 

Die Entziehung einer Fahrerlaubnis ist rechtmäßig, wenn der Führerscheininhaber sich weigert, sich einer rechtmäßig angeordneten Begutachtung seiner Kraftfahreignung durch einen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation zu unterziehen. Diese Begutachtungsanordnung kann zur Klärung der Frage regelmäßigen oder nur gelegentlichen Konsums von Cannabis erfolgen.

§§§

01.125 Sachauflklärungspflicht
 
  1. OVG Saarl,     B, 20.07.01,     – 2_Q_10/01 –

  2. SKZ_02,153/2 (L)

  3. VwGO_§_86, VwGO_§_124 Abs.2 Nr.5

 

Sieht ein rechtskundig vertretener Beteiligter im gerichtlichen Verfahren von der förmlichen Beantragung einer von ihm für geboten erachteten weiteren Tatsachenermittlung ab, so kann er das Unterbleiben einer Beweisaufnahme in einem anschließenden Berufungszulassungsverfahren jedenfalls nicht mit Erfolg unter Hinweis auf das Vorliegen einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht (§ 86 VwGO) rügen. Die Aufklärungsrüge kann in diesen Fällen nicht dazu dienen, solche Beweisanträge zu ersetzen, die der Beteiligte zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat.

§§§

01.126 Zulassung der Berufung
 
  1. OVG Saarl,     B, 20.07.01,     – 2_Q_10/01 –

  2. SKZ_02,159/35 (L)

  3. VwGO_§_124; BauGB_§_34 Abs.1 S.1; (96) LBO_§_6 Abs.8

 

1) Die Beurteilungskriterien für die im Zusammenhang mit dem Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme (§ 34 Abs.1 Satz 1 BauGB) vorzunehmende, an Billigkeitsgesichtspunkten zu orientierende Zumutbarkeitsbetrachtung sind in der Rechtsprechung geklärt. Die Einhaltung landesrechtlicher Abstandsflächenvorschriften schließt die Annahme einer Verletzung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots unter den Aspekten des "Einmauerns" beziehungsweise einer "erdrückenden Wirkung" der Anlage (hier eines Steinelagers einer Baustoffhandlung) nicht generell aus (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 11.01.98 - 4_B_128/98 - BRS_62 Nr.102).

 

2) Eine die Zulassung der Berufung rechtfertigende "besondere" Schwierigkeit der Sache (§ 124 Abs.2 Nr.2 VwGO) in tatsächlicher Hinsicht ergibt sich nicht bereits daraus, dass der erstinstanzlich unterlegene Beteiligte eine vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung bei Anwendung des Rücksichtnahmegebots im Ergebnis für unzutreffend hält. Allein der Umstand, dass die Frage des Vorliegens einer Verletzung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme regelmäßig die Verschaffung eines Eindrucks von der Örtlichkeit voraussetzt und daher (auch) von einem Rechtsmittelgericht regelmäßig nicht allein abschließend aufgrund der Aktenlage beurteilt werden kann, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, ein diese Wertungsfragen aufwerfender Rechtsstreit sei im Verständnis des § 124 Abs.2 Nr.2 VwGO schon deswegen "besonders" schwierig. Hat sich das Verwaltungsgericht einen Eindruck von der Anlage verschafft und anschließend eine an den Maßstäben der Rechtsprechung gemessen nachvollziehbare Bewertung der dabei aufgeworfenen Zumutbarkeitsfragen vorgenommen, so ist die Zulassung der Berufung nur geboten, wenn das Antragsvorbringen ganz besondere Aspekte des Falles aufzeigt, die eine Bewertung anhand der durch die Rechtsprechung konkretisierten Maßstäbe als "besonders" schwierig erscheinen lassen. Ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts im konkreten Fall im Ergebnis "richtig" ist, ist keine Frage des § 124 Abs.2 Nr.2 VwGO.

§§§

01.127 Türkei, Kurden
 
  1. OVG Saarl,     B, 25.07.01,     – 9_Q_144/99 –

  2. SKZ_02,167/63 (L)

  3. AsylVfG_§_78 Abs.3 Nr.1, AsylVfG_§_78 Abs.3 Nr.3; VwGO_§_138 Nr.3;

 

Ein Beweisantrag eines Asylbewerbers darf abgelehnt werden, wenn die Schilderung des Asylschicksals in wesentlichen Punkten unzutreffend und in nicht aufklärbarer Weise widersprüchlich ist.

§§§

01.128 Ausweisung, Abschiebung
 
  1. OVG Saarl,     B, 26.07.01,     – 1_V_21/01 - –

  2. SKZ_02,167/64 (L)

  3. AuslG_§_47 Abs.1 Nr.1, AuslG_§_47 Abs. 3 S.1, AuslG_§_48 Abs.1; GG_Art.6 Abs.1

 

Auch bei einem Ausländer, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist, mit dieser drei gemeinsame Kinder hat und bis zu seiner Inhaftierung (Strafhaft) in familiärer Gemeinschaft gelebt hat, kann im Falle der Verwirklichung eines sogenannten "Ist-Ausweisungstatbestandes" (zwingenden Ausweisungsgrundes, hier Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren, § 47 Abs.1 Nr.1 AuslG) ungeachtet des sich für ihn aus den §§ 48 Abs.1, 47 Abs.3 Satz 1 AuslG ergebenden besonderen Ausweisungsschutzes eine - sofort vollziehbare - Ausweisung dann ausgesprochen werden, wenn im Rahmen des § 47 Abs.2 AuslG in Ansehung des Schutzes von Ehe und Familie (Art.6 Abs.1 GG) keine über den "Normalfall" hinausgehenden besonderen Umstände, wie etwa Krankheit oder Pflegebedürftigkeit seiner Familienmitglieder, vorliegen, welche die Annahme eines vom Regelfall abweichenden, insoweit besonderen Falles rechtfertigen (Bestätigung einer entsprechenden, den Aussetzungsantrag des Ausländers zurückweisenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Beschluss vom 09.07.01 - 2_F_32/01 -).

§§§

01.129 Urteilsberichtigung
 
  1. OVG Saarl,     B, 30.07.01,     – 2_Y_5/01 –

  2. SKZ_02,153/3 (L)

  3. VwGO_§_118 Abs.1

 

1) Zu den Voraussetzungen für eine Urteilsberichtigung nach § 118 Abs.1 VwGO, insbesondere dem dortigen Tatbestandsmerkmal der "Offensichtlichkeit" des Fehlers (hier Abweichung des in der Urteilsurschrift enthaltenen Tenors von der verkündeten Entscheidung).

 

2) In einer Abweichung der Ausfertigung des Urteils von der Urschrift liegende bloße Ausfertigungsfehler sind vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu berichtigen; § 118 Abs.1 VwGO findet auf diese Fälle keine Anwendung.

§§§

01.130 Kostenbeschwerde
 
  1. OVG Saarl,     B, 30.07.01,     – 2_Y_5/01 –

  2. SKZ_02,172/91 (L)

  3. VwGO_§_65, VwGO_§_120, VwGO_§_146, VwGO_§_158, VwGO_§_162 Abs.2 Satz 2, VwGO_§_162 Abs.3; īZPO_§_137, ZPO_§_317; GKG_§_13

 

1) Ein Verfahrensbeteiligter - hier der Beigeladene - hat kein schutzwürdiges Interesse für eine nach § 146 Abs.1 VwGO grundsätzlich statthafte und gemäß § 146 Abs.4 VwGO nicht dem Zulassungserfordernis unterliegende Beschwerde gegen einen Berichtigungsbeschluss des Verwaltungsgerichts nach § 118 VwGO bezüglich der Kostenentscheidung des verwaltungsgerichtlichen Urteils hinsichtlich der Frage der Erstattungsfähigkeit seiner außergerichtlichen Kosten, wenn auch aus der zu berichtigenden Fassung des Tenors ein solcher Erstattungsanspruch nicht abgeleitet werden kann.

 

2) Ob ein Rechtsschutzinteresse für eine solche Beschwerde allgemein aus dem Bestehen eines diesbezüglichen Urteilsergänzungsanspruchs (§ 120 VwGO) - bezogen auf den berichtigten Kostenausspruch - hergeleitet werden kann, bleibt offen. Hierfür ist jedenfalls kein Raum, wenn innerhalb der Frist des § 120 Abs.2 VwGO kein Ergänzungsantrag gestellt worden ist. Ein solcher kann regelmäßig nicht schon in einem bloßen Kostenfestsetzungsantrag der Prozessbevollmächtigten des Beteiligten (Beigeladenen) erblickt werden.

 

3) Ein Kostenerstattungsanspruch des Beigeladenen setzt nach der Formulierung des § 162 Abs.3 VwGO stets eine dahingehende ausdrückliche Entscheidung in Form eines entsprechenden positiven gerichtlichen Ausspruchs voraus.

 

4) Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 162 Abs.3 VwGO ist, anders als die materiell dem Kostenfestsetzungsverfahren zuzuordnende, den Umfang eines bestehenden Erstattungsanspruchs hinsichtlich der Kosten des Vorverfahrens betreffende Entscheidung nach § 162 Abs.2 Satz 2 VwGO, Bestandteil der Kostengrundentscheidung und daher mit Blick auf § 158 Abs.1 VwGO nicht selbständig anfechtbar.

 

5) Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht es regelmäßig nur dann der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs.3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, wenn dieser einen eigenen Antrag gestellt und damit Kostenrisiken übernommen hat (§ 154 Abs.3 VwGO). Führt das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Beigeladene nicht erscheint, genügt insoweit die schriftsätzliche Ankündigung eines Sachantrags nicht.

§§§

01.131 Mitglied PML
 
  1. OVG Saarl,     B, 31.07.01,     – 9_Q_51/01 –

  2. SKZ_02,167/65 (L)

  3. AuslG_§_51 Abs.1; GG_Art.16a;

 

Anhänger oder Mitglieder der Pakistan Muslim League (PML) ohne hervorgehobene Parteifunktion unterliegen in Pakistan nach der Machtergreifung durch die Militärjunta keiner generellen Rückkehrgefährdung.

§§§

01.132 Gaststättenerlaubnis
 
  1. OVG Saarl,     B, 02.08.01,     – 3_V_23 /01 –

  2. SKZ_02,172/89 (L)

  3. GastG_§_4 Abs.1 Nr.1;

 

1) Zu der Versagung einer Gaststättenerlaubnis im einstweiligen Anordnungsverfahren wegen Zweifeln an der Zuverlässigkeit auf Grund vom Antragsteller begangener Straftaten.

 

2) Wohlverhalten während der Bewährungszeit indiziert auch in Verbindung mit einer positiven Zukunftsprognose des Bewährungshelfers noch keine gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit; allerdings schließt die Tatsache, dass die Bewährungszeit noch nicht abgelaufen ist, eine positive Beurteilung der Zuverlässigkeitsfrage auch nicht aus. Erforderlich ist jeweils eine eingehende Prüfung der konkreten Fallumstände.

§§§

01.133 Sozialhilfe
 
  1. OVG Saarl,     B, 06.08.01,     – 3_V_21/01 –

  2. SKZ_02,159/31 (L)

  3. AsylbLG_§_2; GG_Art.6 GG

 

Für einen Anspruch nach § 2 Abs.1 AsylbLG müssen - neben weiteren Voraussetzungen - kumulativ Unmöglichkeit beziehungsweise Unzumutbarkeit der Ausreise und Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen nebeneinander gegeben sein, wobei die dies bedingenden Gründe humanitärer, rechtlicher oder persönlicher Natur sowie des öffentlichen Interesses sich auf beide Tatbestände beziehen. Dem Leistungsträger (Sozialhilfeträger) obliegt eine entsprechende Prüfungskompetenz.

§§§

01.134 Baulinienfestsetzung
 
  1. OVG Saarl,     B, 09.08.01,     – 2_V_4/01 –

  2. SKZ_02,160/36 (L)

  3. VwGO_§_80 Abs.2 Satz 1 Nr.3, VwGO_§_80 Abs.5; BauGB_§_212a; BauNVO_§_ 23 Abs.2; (96) LBO_§_7 Abs.4, LBO_§_93 Abs.1 Nr.4

 

1) Die Anordnung der kraft gesetzlicher Regelung (§ 80 Abs.2 Satz 1 Nr.3 VwGO, 212a Abs.1 BauGB) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung setzt in Anlehnung an § 80 Abs.4 Satz 3 VwGO nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass die im Antragsverfahren vorzunehmende überschlägige Rechtskontrolle gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ihrer Aufhebung im Hauptsacheverfahren ergibt.

 

2) Eine Baulinienfestsetzung kann eine zwingende Festsetzung im Verständnis von § 7 Abs.4 LBO 1996 darstellen, wonach vorbehaltlich brandschutztechnischer Anforderungen geringere Tiefen der Abstandsflächen (§ 6 LBO 1996) zulässig sind, wenn diese sich aus den zwingenden Festsetzungen eines Bebauungsplans ergeben und eine ausreichende Belüftung und Beleuchtung mit Tageslicht gewährleistet bleibt.

§§§

01.135 Recyclingunternehmen
 
  1. OVG Saarl,     B, 13.08.01,     – 2_W_2/01 –

  2. SKZ_02,160/37 (L)

  3. VwGO_§_80 Abs.5; BauGB_§_29, BauGB_§_34; SVwVfG_§_36; (96) LBO_§_77

 

1) Wird eine Baugenehmigung, welche die nächtliche Produktionstätigkeit eines Gewerbebetriebs (hier eines Kunststoffrecyclingunternehmens) untersagt hat, aufgehoben, um dem Unternehmen die Einführung einer dritten Schicht zu ermöglichen, so wird verglichen mit der bisherigen Genehmigungslage eine Erweiterung des Gewerbebetriebs zugelassen, die geeignet sein kann, unter Immissionsschutzgesichtspunkten die Genehmigungsfrage neu aufzuwerfen.

 

2) Zur Beurteilung des Störgrades eines Gewerbebetriebs und der Konfliktlösung beim Aufeinandertreffen von Wohnen und Gewerbe mittels der Festlegung von Lärmgrenzwerten und der Aufnahme von Schutzauflagen in die Genehmigung.

 

3) Die Eignung von Schutzauflagen zur Lösung von Immissionskonflikten ist dann zumindest zweifelhaft, wenn ihre Befolgung vom Wohlverhalten der im Betrieb Beschäftigten oder Dritter abhängt und ihre Beachtung unter Zugrundelegung typischer Betriebsabläufe lästig ist und von daher einen Anreiz bietet, sich ihnen zu entziehen.

 

4) Eine vorübergehende Hinnahme von das Maß des Erheblichen überschreitenden Immissionen bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren ist einem Nachbarn dann nicht zuzumuten, wenn der bisherige Erkenntnisstand keine Grundlage bietet, dieses "Mehr" an Immissionsbelastung auch nur annähernd zu bestimmen und die zusätzlichen Beeinträchtigungen während der nächtlichen Ruhezeit auftreten, in der eine besondere Störempfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit des Wohnens besteht.

§§§

01.136 Berufungszulassung
 
  1. OVG Saarl,     B, 14.08.01,     – 2_V_5/01 –

  2. SKZ_02,153/4 (L)

  3. VwGO_§_124 Abs.2 Nr.3, VwGO_§_124 Abs.2 Nr.4

 

Weicht die verwaltungsgerichtliche Entscheidung von der Entscheidung eines anderen als des ihm im Instanzenzug konkret übergeordneten Oberverwaltungsgerichts ab, so ist das Rechtsmittel (Berufung) regelmäßig wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (im Anschluss an BVerfG, Beschluss vom 26.01.93, NVwZ_93,465).

§§§

01.137 Abstandsflächenberechnung
 
  1. OVG Saarl,     B, 14.08.01,     – 2_V_5/01 –

  2. SKZ_02,160/38 (L)

  3. (96) LBO_§_6 Abs.4; BauGB_§_34

 

1) Zum Begriff der bei der Wandhöhenermittlung eines Gebäudes privilegierten "Dachgaube" im Sinne von § 6 Abs.4 Satz 6 Nr.2 LBO 1996.

 

2) Eine Straßenrandbebauung auf einem Eckgrundstück, die sich aus der Sicht eines der angrenzenden Nachbarn als Entwicklung der Bebauung in die Tiefe des Geländes darstellt, löst, wenn die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften beachtet sind, in aller Regel für das Nachbaranwesen keine unzumutbare Betroffenheit aus.

§§§

01.138 Republik Vietnam
 
  1. OVG Saarl,     B, 16.08.01,     – 9_Q_73/01 –

  2. SKZ_02,167/50 (L)

  3. AsylVfG_§_78; GG_Art.16a;

 

Vietnamesische Staatsangehörige haben bei einer Rückkehr nach Vietnam eine Bestrafung wegen exilpolitischer Aktivitäten nur dann zu erwarten, wenn mit dieser Betätigung ein "Gesichtsverlust" des vietnamesischen Regimes verbunden ist oder diese Betätigung in ihr Herkunftsland hineinwirkt (Fortführung der Rechtsprechung des 9.Senats).

§§§

01.139 Arbeitsverhältnis
 
  1. OVG Saarl,     U, 20.08.01,     – 1_R_9/00 –

  2. SKZ_02,157/20 (L)

  3. BeamtVG_§_10, BeamtVG_§_12

 

1) Eine in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn geleistete Tätigkeit hat im Sinne von § 10 Satz 1 BeamtVG zur Ernennung des Beamten geführt, wenn sie mit dieser in einem inneren Zusammenhang gestanden hat; die Tätigkeit muss nicht notwendig der ausschlaggebende Grund für die Ernennung gewesen sein.

 

2) Die Ruhegehaltsfähigkeit einer in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im Dienst eines öffentlich-rechtlichen Dienstherrn abgeleisteten Tätigkeit, die ausschließlich der Ausbildung, nicht aber - auch - der Erbringung von Dienstleistungen gedient hat, richtet sich nach § 12 BeamtVG, nicht nach § 10 BeamtVG.

§§§

01.140 Entfernung aus dem Dienst
 
  1. OVG Saarl,     U, 20.08.01,     – 6_R_1/01 –

  2. SKZ_02,158/30 (L)

  3. SDO_§_6 Abs.1, SDO_§_12, SDO_§_69 Abs.1

 

1) Das disziplinare Gewicht eines einzelnen Dienstvergehens kann durchaus davon abhängen, inwieweit der Beamte bereits zuvor straf- und disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist.

 

2) Hat ein Justizvollzugsbeamter durch sein über Jahre gezeigtes Gesamtverhalten das Ansehen des Beamtentums, vor allem aber das seiner Kollegen im Justizvollzugsbereich, in hohem Maße geschädigt, so ist er als Vollzugsbeamter nicht mehr tragbar und deshalb aus dem Dienst zu entfernen.

§§§

01.141 Gebietserhaltungsanspruch
 
  1. OVG Saarl,     U, 21.08.01,     – 2_R_7/00 –

  2. SKZ_02,161/39 (L)

  3. (96) LBO_§_67, LBO_§_77; BauGB_§_34; BauNVO_§_3, BauNVO_§_4; SVwVfG_§_41, SVwVfG_§_43

 

1) Beurteilungsgegenstand bei der Beantwortung der Frage des Vorliegens einer subjektiven Rechtsverletzung des Nachbarn durch eine Baugenehmigung ist allein das genehmigte Bauvorhaben. Hiervon nicht umfasste Betätigungen (Nutzungen) des Bauherrn oder gar Dritter spielen im Anfechtungsrechtsstreit ebenso wenig eine Rolle wie etwaige zivilrechtliche Abwehrrechte (§ 77 Abs.2 Satz 1 LBO 1996) und - soweit die Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 67 LBO 1996 erteilt wurde - vom eingeschränkten materiellen Prüfungsprogramm der Bauaufsichtsbehörde nach § 67 Abs.2 LBO 1996 nicht erfasste Bestimmungen des materiellen öffentlichen Baurechts.

 

2) Bei der Bestimmung der für die bauplanungsrechtliche Beurteilung eines Bauvorhabens im Rahmen des § 34 BauGB maßgeblichen Umgebungsbebauung ist auf die tatsächlich vorhandene Bebauung und deren Nutzung abzustellen. Insoweit sind insbesondere auch bauaufsichtlich nicht zugelassene Nutzungen zu berücksichtigen, die von der Bauaufsichtsbehörde geduldet und insoweit erkennbar "hingenommen" werden. Ob diese Nutzungen darüber hinaus auch "Bestandsschutz" genießen, ist insoweit unerheblich.

 

3) Im Rahmen der Beurteilung, ob eine bauliche Nutzung ein in seiner Umgebung befindliches Baugrundstück im Sinne des § 34 BauGB "mit prägt", sind wegen dieser Anknüpfung an die faktischen Verhältnisse ohne städtebauliche Zielvorgaben im Ansatz alle vorhandenen Nutzungen zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob einzelne Nutzungen in ihrer Umgebung nach städtebaulichen Maßstäben "wünschenswert" oder auch nur vertretbar erscheinen.

 

4) Außer Betracht bleiben können dabei aber zum einen solche Nutzungen, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes von vorneherein nicht die Kraft haben, eine prägende Wirkung auf die Umgebung zu entfalten, und zum anderen solche, die zwar diese "Erheblichkeitsschwelle" überschreiten, jedoch in der konkreten Umgebung als Fremdkörper erscheinen (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 15.02.90 - 4_C_23/86 - BRS_50 Nr.75). Letzteres beurteilt sich im wesentlichen nach qualitativen Gesichtspunkten und setzt danach voraus, dass eine zur Rede stehende Nutzung nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der ansonsten in der Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfällt, beispielsweise, wenn eine insoweit singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht (hier bejaht für eine Schlosserei in einer ansonsten nur durch wohngebietstypische Bebauung geprägten Umgebung). Allein der Umstand, dass ein Gewerbebetrieb seine konkrete Umgebung "stört", steht in diesen Fällen der Annahme eines "Fremdkörpers" nicht entgegen.

 

5) Auch diesbezüglich ist im Rahmen der Anfechtungsklage des Nachbarn gegen eine Baugenehmigung auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Wirksamwerdens (§§ 41, 43 SVwVfG) der Baugenehmigung abzustellen. Nachträgliche, aus Sicht des Bauerlaubnisnehmers nachteilige Änderungen der Sach- und Rechtslage finden insoweit - anders als für den Bauherrn günstige Veränderungen - keine Berücksichtigung. Bei der Frage, ob eine gewerbliche Nutzung in einem allgemeinen Wohngebiet als "nicht störend" im Sinne der §§ 34 Abs.2 BauGB, 4 Abs.3 Nr.2 BauNVO zugelassen werden kann, ist darauf abzustellen, ob der Betrieb von seiner Art her potentiell geeignet ist, das Wohnen so zu stören, dass von einem schutzwürdigen Wohnen nicht mehr ausgegangen werden kann. Ein den dadurch gezogenen Rahmen überschreitender Betrieb kann nicht durch immissionsschutzrechtliche Schutzauflagen, insbesondere solche, deren Beachtung vom Wohlverhalten des Anlagenbetreibers oder gar Dritter abhängen, "genehmigungsfähig" gemacht werden.

 

6) Die über § 34 Abs.2 BauGB auch in faktisch reinen Baugebieten nach den Gebietskategorien der §§ 2 ff BauNVO zur Anwendung gelangenden Bestimmungen der Baunutzungsverordnung über die zulässige Art der baulichen Nutzung entfalten auch insoweit unmittelbar drittschützende Wirkung. Sie vermitteln dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegenüber "gebietsfremden" Nutzungen, der nicht an die Anforderungen des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme, insbesondere das Erfordernis der Feststellung einer konkreten Unzumutbarkeit der bekämpften Nutzung für die Nachbarschaft geknüpft ist.

 

7) Einschränkungen können sich dabei allenfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben im Falle einer selbst "gebietswidrigen" und von daher nicht schutzwürdigen Nutzung des Nachbargrundstücks ergeben.

§§§

01.142 Bergwerk Ensdorf
 
  1. OVG Saarl,     B, 22.08.01,     – 2_W_1/01 –

  2. SKZ_02,164/51 (L)

  3. BBergG_§_48 Abs.2, BBergG_§_55 Abs.1, BBergG_§_56 Abs.1 S.2, BBergG_§_71

 

1) Die Bestimmung des § 55 Abs.1 Nr.9 BBergG, welche die bergrechtliche Betriebsplanzulassung davon abhängig macht, dass gemeinschädliche Auswirkungen der Aufsuchung oder Gewinnung von Bodenschätzen nicht zu erwarten sind, ist nicht drittschützend (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 16.03.89 - 4_C_36/85 - BverwGE_81,329, 337). Für die Beurteilung, ob einem Dritten Abwehransprüche gegen eine bergrechtliche Betriebsplanzulassung wegen einer Betroffenheit seines Oberflächeneigentums zustehen, macht es keinen entscheidungserheblichen Unterschied, ob Grundlage bergrechtlichen Drittschutzes § 48 Abs.2 BBergG oder § 55 Abs.1 Nr.3 BBergG ist.

 

2) Die Beantwortung der Frage, ob für ein bestimmtes (konkretes) Anwesen infolge der Einwirkungen des untertägigen Bergbaus Schäden von - im Sinne des "Moers-Kapellen-Urteils" des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.3.1989 - "einigem Gewicht mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, ist nur auf der Grundlage einer Prognose möglich, die nur in Grenzen der gerichtlichen Nachprüfung zugänglich ist.

 

3) Die Beschränkung der gerichtlichen Nachprüfung einer Betriebsplanzulassung, soweit sie auf der prognostischen Abschätzung künftiger Entwicklungen beruht, durch die Grundsätze der Prognosekontrolle bedeutet nicht, dass etwaige Gefahren, die durch eine von den Voraussagen abweichende Entwicklung eintreten, als unabänderlich hingenommen werden müssen, da der Gesetzgeber die Betriebsplanzulassung mit einer eingeschränkten Bindungswirkung zugunsten des Bergbautreibenden ausgestattet hat und insoweit die Möglichkeit nachträglicher auflagen (~ 56 Abs.1 Satz 2 BBergG) und bergaufsichtsbehördlicher Anordnungen (§ 71 BBergG) besteht.

 

4) In einem Verfahren betreffend die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtung einer bergrechtlichen Betriebsplanzulassung können auf Seiten des Antragstellers die Interessen anderer Bergbaubetroffener, von den Auswirkungen des umstrittenen Kohleabbaus verschont zu bleiben, jedenfalls dann keine Berücksichtigung finden, wenn diese es unterlassen haben, die Betriebsplanzulassung ihrerseits anzufechten.

§§§

01.143 Vollzugsanordnung
 
  1. OVG Saarl,     B, 22.08.01,     – 2_W_1/01 –

  2. SKZ_02,153/5 (L)

  3. VwGO_§_80 Abs.2 S.1 Nr.4, VwGO_§_80 Abs.3, VwGO_§_80 Abs.5

 

1) Der Senat hält an der bisher vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes praktizierten und auch sonst - wenn auch mit gewissen Nuancen - der weitaus überwiegenden Meinung entsprechenden Handhabung fest, wonach das Gericht in Verfahren nach § 80 Abs.5 VwGO bei Vorliegen einer den formalen Anforderungen des § 80 Abs.3 Satz 1 VwGO entsprechenden Begründung der Vollzugsanordnung keine inhaltliche, gegebenenfalls am Maßstab des § 113 Abs.1 Satz 1 VwGO oder des § 114 VwGO ausgerichtete Rechtmäßigkeitsprüfung der Vollzugsanordnung, sondern eine an dem Ergebnis einer summarischen Vorausbeurteilung der Hauptsache orientierte eigene Interessenabwägung vorzunehmen hat.

 

2) Streitgegenstand der Anfechtungsklage eines Dritten gegen einen begünstigenden Verwaltungsakt ist die Behauptung, die Entscheidung verletze ihn - den anfechtenden Dritten - in seinen Rechten.

 

3) Das Gericht ist befugt, auch Beschlüsse, durch die ein Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts zurückgewiesen wird, mit Auflagen zu versehen.

§§§

01.144 Sozialhilfe-Härteklausel
 
  1. OVG Saarl,     B, 28.08.01,     – 3_W_9/01 –

  2. SKZ_02,159/32 (L)

  3. BSHG_§_26 Abs.1 S.2

 

1) Zum Sozialhilfeanspruch alleinerziehender Auszubilden- der auf Grund der Ausnahmevorschrift des § 26 Abs.1 Satz 2 BSHG.

 

2) Die gegenüber dem Regelfall Auszubildender ohne besondere persönliche Belastungen reduzierte Selbsthilfemöglichkeit der Fortsetzung einer Ausbildung und die dadurch gegebene Nachteilssituation Alleinerziehender mit Kleinkind rechtfertigt im Grundsatz die Annahme eines besonderen Härtefalls im Sinne des § 26 Abs.1 Satz 2 BSHG (wie OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.09.95, FEVS Band 46,422, abweichend von BVerwG, Beschluss vom 08.08.89 - 5_B_43/89 - Buchholz 436.0 § 26 BSHG Nr.6 und Urteil vom 14.10.93 - 5_C_16/91 - FEVS Band 44,269).

§§§

01.145 Dienstliche Beurteilungen
 
  1. OVG Saarl,     B, 29.08.01,     – 1_Q_58/00 –

  2. SKZ_02,157/21 (L)

  3. SLVO_§_40, SLVO_§_41 SLVO

 

Schreiben Beurteilungsrichtlinien nicht vor, in welcher Weise sich der Beurteiler Kenntnis über die vom zu beurteilenden Beamten im Beurteilungszeitraum erbrachten Leistungen zu verschaffen hat, so ist eine förmliche Beteiligung unmittelbarer Dienstvorgesetzter des Beamten nicht geboten.

§§§

01.146 Kreisumlage
 
  1. OVG Saarl,     U, 29.08.01,     – 9_R_2/00 –

  2. SKZ_02,155/17 (L)

  3. KFAG_§_4, KFAG_§_18, KFAG_§_19; KSVG_§_5, KSVG_§_143; GG_Art.28; SVerf_Art.119

 

1) Es ist anerkannt, dass zu den Befugnissen der Kommunalaufsichtsbehörden auch gesetzlich festgelegte Genehmigungsvorbehalte, wie sie etwa aus § 19 KFAG hervorgehen, zählen. Das Genehmigungserfordernis dient dazu, ein rechtmäßiges Verhalten der Gemeinde beziehungsweise des Gemeindeverbandes im Wege einer vorbeugenden Kontrolle sicherzustellen. Eine weitergehende Eingriffsbefugnis im Sinne eines sogenannten Kondominiums, das der Aufsichtsbehörde über die reine Rechtskontrolle hinaus einen eigenen Entscheidungsspielraum in Form der Ausübung von Ermessen zubilligt, ist § 19 KFAG nicht zu entnehmen.

 

2) Die § 19 Abs.3 KFAG zu entnehmende Zubilligung von Ermessen zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit der Festsetzung des Kreisumlagesatzes auf der Grundlage von § 19 KFAG durch das Ministerium für Inneres und Sport als Kommunalaufsichtsbehörde ist unvereinbar mit der den Gemeindeverbänden wie den Gemeinden gemäß Art.28 Abs.2 GG und Art.119 Abs.1 SVerf garantierten Finanzhoheit, die einer staatlichen Mitentscheidungs- oder Letztentscheidungsbefugnis im Genehmigungsverfahren entgegensteht. Die Vorschrift ist indes einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich, die die berührten Selbstverwaltungsrechte der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften wahrt und die erforderliche staatliche Aufsicht sicherstellt.

 

3) Da Haushaltsbeschlüsse der Gemeinden und Gemeindeverbände als Satzung ergehen, beinhaltet der Genehmigungsvorbehalt des § 19 Abs.1 KFAG die Befugnis der Kommunalaufsichtsbehörde zu einer Normprüfung, die zur Genehmigungserteilung führen muss, wenn der Satzungsbeschluss formell ordnungsgemäß zustande gekommen ist und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. In diesem Sinne höherrangiges Recht ergibt sich aus § 19 Abs.2 und 3 KFAG, deren als Genehmigungsvoraussetzungen formulierte Tatbestände zugleich die gesetzlichen Schranken der haushaltsrechtlichen Satzungsautonomie darstellen, nämlich erstens die Ansetzbarkeit ausschließlich solcher Aufgaben, zu deren Wahrnehmung der Kreis zuständig ist, wobei hinsichtlich der Wahrnehmung freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben eine Fehlerquote von bis zu 0,5 % des Umlagesatzes oder bis zu 0,1 % der Umlagegrundlagen unbeachtlich ist, zweitens das Verbot negativer Auswirkungen auf das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden in Form einer Beeinträchtigung beziehungsweise Gefährdung ihrer dauernden Leistungsfähigkeit und drittens das Gebot der Wahrung eines ausgeglichenen Verhältnisses zwischen den Ausgaben des Kreises und der Gemeinden.

 

4) Der im Verhältnis von § 19 Abs.2 KFAG zu § 19 Abs.3 KFAG bestehende Widerspruch ist dadurch auflösbar, dass neben unabweisbaren, die in § 19 Abs.2 KFAG als einzige ausdrücklich aufgeführt sind, auch abweisbare Kreisausgaben als umlagefinanzierbar angesehen werden und von daher § 19 Abs.3 KFAG einschränkend dahingehend interpretiert wird, dass er - bezogen auf die dahinter stehenden Aufgaben - allein abweisbare Ausgaben betrifft.

 

5) Das saarländische Kommunalrecht weist den Landkreisen in unterschiedlichem Maß die Ausübung von Ausgleichs- und Ergänzungsaufgaben zu.

 

6) Die Frage negativer Auswirkungen auf die Finanzsituation der Gemeinden ist im Wege einer Gesamtschau einzelner dafür maßgebender Kriterien, wie etwa der Existenz freier Spitzen, der Belastungen aus Kreditaufnahmen, der Rücklagenbestände des verwertbaren Vermögens, der Finanzplanung und ähnlichem, zu beurteilen, klärbar also letztlich nur aufgrund einer komplexen Prognose. Das zwingt dazu, dem Kreis bei der diesbezüglichen Beurteilung eine die aufsichtsbehördliche und gerichtliche Kontrolldichte beschränkende Entscheidungsprärogative zuzugestehen. Seine Annahme, die Festsetzung des Umlagesatzes bewirke keine Beeinträchtigung (§ 19 Abs.2 Nr.2 KFAG) oder Gefährdung (§ 19 Abs.3 Nr.1 KFAG) der dauernden Leistungsfähigkeit einer Gemeinde, ist unter dieser Prämisse nur darauf überprüfbar, ob er bei seiner Wertung alle ihm im Rahmen der gebotenen Anhörung der Gemeinden zur Kenntnis gebrachten oder sonst bekannten und erkennbaren Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob das Entscheidungsergebnis nicht offensichtlich fehlerhaft ist. Die gleichen Beurteilungsmaßstäbe gelten für die Prüfung der Beachtung des in § 19 Abs.3 Nr.2 KFAG der Sache nach postulierten Gebots der Rücksichtnahme auf den Ausgabenbedarf der Gemeinden.

 

7) Von den zur Verfügung stehenden Kriterien für die Beurteilung der dauernden Leistungsfähigkeit der einzelnen Gemeinden stellt das der sogenannten freien Finanzspitze das nach derzeitigem Erkenntnisstand signifikanteste, wenngleich nicht allein bedeutsame Kriterium dar. Es ist daher in der Regel als Ausgangspunkt der Bewertung heranzuziehen und mit Hilfe weiterer Beurteilungskriterien auf seine Aussagekraft hin abzugleichen; in Form einer Gesamtschau der zur Verfügung stehenden Kriterien ist die Frage der Auswirkungen der Höhe des Umlagesatzes auf die dauernde Leistungsfähigkeit der umlagepflichtigen Gemeinden zu bewerten.

 

8) Maßgebender Zeitpunkt für die anzustellende Prognose ist grundsätzlich der der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung (§ 18 Abs.3 Satz 1 KFAG). Der Kreis hat rechtzeitig vor der Beschlussfassung über den Umlagesatz die Gemeinden über seine die Höhe des zu beschließenden Umlagesatzes prägenden Finanzdaten zu unterrichten, diesen Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen und die eventuellen Stellungnahmen in seine Entscheidungsfindung einzubeziehen.

§§§

01.147 Ferienpark Bostalsee
 
  1. OVG Saarl,     U, 30.08.01,     – 2_N_1/00 –

  2. SKZ_02,161/40 (L) = SKZ_02,198 -12

  3. VwGO_§_47; KSVG_§_27, KSVG_§_41 Abs.3; BauGB_§_1 Abs.4, BauGB_§_1 Abs.6, BauGB_§_3 Abs.2; BauNVO_§_10; SLPG_§_4, SLPG_§_6 Abs.1, SLPG_§_12, SLPG_§_14; ROG_§_3 Nr.4, ROG_§_15

 

1) Die bloße Belegenheit eines Grundstücks im Plangeltungsbereich vermittelt dem Eigentümer noch nicht die Befugnis zur Stellung eines Normenkontrollantrags (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 22.08.00 - 4_BN_38/00 - BauR_00,1834).

 

2) Dem Antragsteller eines Normenkontrollantrags steht eine auf sein Grundeigentum gestützte Antragsbefugnis dann nicht zu, wenn er seine Eigentümerstellung rechtmissbräuchlich begründet hat. Das ist dann der Fall, wenn er das Eigentum an Grundstücken innerhalb des Plangebiets nicht erworben hat, um die mit ihm verbundenen Gebrauchsmöglichkeiten zu nutzen, sondern lediglich als Mittel dafür, die formalen Voraussetzungen für eine auf das Eigentum gestützte Prozessführung zu schaffen (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 27.10.00 - 4_A_10/99 -, DVBl_01,385).

 

3) Die Eröffnung von Einsichtsmöglichkeiten in die öffentlich ausgelegten Entwürfe von Bebauungsplan und Planbegründung während der allgemeinen Öffnungszeiten der Gemeindeverwaltung genügt in der Regel den Anforderungen des § 3 Abs.2 BauGB. Wöchentliche Öffnungszeiten von insgesamt 23,5 Stunden sind nicht unzumutbar kurz.

 

4) Abweichungen von den Maßgaben einer als Abschluss eines Raumordnungsverfahrens ergangenen raumordnerischen Beurteilung begründen keinen Verstoß gegen § 1 Abs.4 BauGB. Die Ergebnisse förmlicher landesplanerischer Verfahren wie dem Raumordnungsverfahren sind als sonstige Erfordernisse der Raumordnung von öffentlichen Stellen bei raumbedeutsamen Maßnahmen in der Abwägung oder bei der Ermessensausübung nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

 

5) Festsetzung eines Sondergebiets für Erholungszwecke, die es - abweichend vom § 10 Abs.4 BauNVO - ermöglicht, dass die Eigentümer von Ferienhäusern diese ausschließlich selbst für zeitweilige Erholungsaufenthalte nutzen, ist von der Ermächtigung des § 10 Abs.1 BauNVO gedeckt.

§§§

01.148 Willensbildungsmängel
 
  1. OVG Saarl,     U, 30.08.01,     – 2_N_1/00 –

  2. SKZ_02,157/2 (L)

  3. KSVG_§_27, KSVG_§_41 Abs.3, KSVG_§_44 Abs.1

 

1) Zu der Frage der Befangenheit eines Gemeinderatsmitglieds bei der Beschlussfassung über einen Bebauungsplan, wenn Angehörige nach Bekanntwerden der Planung Grundstücke innerhalb des künftigen Plangebiets an die Gemeinde veräußert haben (im Einzelfall verneint).

 

2) Mängel bei der internen Willensbildung des Ortsrats (hier: Mitwirkung von befangenen Mitgliedern) schlagen nicht auf die Rechtmäßigkeit des vom Gemeinderat zu fassenden Satzungsbeschlusses (hier nach § 10 BauGB) durch.

 

3) Die Einberufung des Gemeinderats sieben Tage vor der betreffenden Ratssitzung kann den Anforderungen des § 41 Abs.3 KSVG auch dann genügen, wenn Entscheidungen im Rahmen eines ziemlich komplexen Planaufstellungsverfahrens (hier : Beratung und Entscheidung über Anregungen und Bedenken von Trägern öffentlicher Belange und von Nachbargemeinden in einem Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans) anstehen.

§§§

01.149 Nicht-Akte
 
  1. OVG Saarl,     B, 30.08.01,     – 9_W_7/01 –

  2. SKZ_02,155/15 (L)

  3. VwGO_§_42, VwGO_§_80; VwVfG_§_35 S.1 VwVfG

 

1) Ein bloßes Verwaltungsinternum in Form einer unterschriebenen, zur Zustellung bereit liegenden verkehrsrechtlichen Verfügung, die nach Änderung der örtlichen Zuständigkeit von der nun zuständigen Behörde nach Übersendung der Akten nur hinsichtlich Frist und Ort für die Abgabe des Führerscheins unter der "Maske" der vormals zuständigen Behörde zugestellt wird, stellt einen "Nicht-Verwaltungsakt" dar.

 

2) Derartige "Nicht-Akte" sind dem nichtigen Verwaltungsakt darin vergleichbar, dass sie zumindest scheinbar rechtswirksam geworden sind. Dem Betroffenen ist daher ein schutzwürdiges Interesse an dessen Beseitigung in Form eines entsprechenden Feststellungsausspruchs zuzubilligen.

§§§

01.150 Biotonne/Restmüll
 
  1. OVG Saarl,     B, 03.09.01,     – 1_Q_37/01 –

  2. SKZ_02,166/59 (L)

  3. KAG_§_6; SAWG_§_8;

 

Die Erhebung einer einheitlichen Abfallgebühr für die Entsorgung von Bioabfällen und Restmüll ist jedenfalls dann zulässig wenn die Biotonne in einer Übergangsphase (noch) nicht flächendeckend, sondern nur in Teilen des Gebiets des für die Hausabfallentsorgung Verantwortlichen eingeführt ist und die Grundstückseigentümer dort, wo eine Biotonne nicht zur Verfügung steht, (auch) den Bioabfall in das Restmüllgefäß werfen dürfen.

§§§

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