Begr (1) | SchuldrechtsmodernisierungsG | BT-Dr 14/6040 |
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Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz sollen drei EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt und zugleich das Schuldrecht in wesentlichen Teilen modernisiert werden. Der Umsetzung bedarf die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl.EG Nr.L 171 S.12 – im Folgenden Verbrauchsgüterkaufrichtlinie); diese Richtlinie ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 umzusetzen. Außerdem muss die Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl.EG Nr.L 200 S.35 – im Folgenden Zahlungsverzugsrichtlinie) umgesetzt werden; die Frist hierfür läuft bis zum 7.August 2002.
Daneben werden die Artikel 10, 11 und 18 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (ABl.EG Nr.L 178 S.1 – im Folgenden E-Commerce-Richtlinie) umgesetzt, die für Verträge, welche unter Nutzung von Diensten der Informationsgesellschaft geschlossen werden, besondere vorvertragliche Informationspflichten bestimmen sowie eine Ausdehnung der Unterlassungsklagenrichtlinie (Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, ABl.EG Nr.L 166 S.51) vorsehen. Diese Verpflichtung ist bis zum 17.Januar 2002 zu erfüllen.
Die durch diese Richtlinien notwendig werdenden gesetzgeberischen Maßnahmen können sich nicht auf eine reine Richtlinienumsetzung beschränken. Denn die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie greift einen beträchtlichen Teil der Vorschläge auf, die die vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts in ihrem Abschlussbericht aus dem Jahre 1991 unterbreitet hat. Mit der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gelangt daher auch die Frage einer Modernisierung des Schuldrechts entsprechend diesen Vorschlägen zwingend auf die Tagesordnung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die durch die Richtlinie geforderten Umsetzungsmaßnahmen eng mit weiteren, von ihr nicht unmittelbar erfassten Berei- chen des Schuld- und Verjährungsrechts verwoben sind: Insbesondere die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gibt daher Veranlassung, das deutsche Schuld- und Verjährungsrecht umfassend zu modernisieren. Die Vorschläge der Schuld- rechtskommission bilden hierfür eine verlässliche Grundlage. Sie waren Gegenstand des 60. Deutschen Juristentages 1994 in Münster, bei dem sie mit eindrucksvollen Mehrhei- ten bestätigt worden sind. Sie waren seitdem und insbesondere mit dem zügigen Fortgang der 1996 aufgenommenen Arbeiten an der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Gegenstand einer intensiven Diskussion in Wissenschaft und Praxis, die zu bisher vier wissenschaftlichen Kolloquien und Tagungen in Halle, Regensburg, Münster und Berlin geführt haben. Daraus resultieren eine tiefe Durchdringung des Stoffs und weiterführende Vorschläge, die jetzt eine Entscheidung des Gesetzgebers erlauben. Die Diskussion hat ergeben, dass die weiterentwickelten Vorschläge der Schuldrechtskom- mission zur Modernisierung des deutschen Schuldrechts führen und eine zukunftsweisende integrative Umsetzung der Richtlinie erlauben.
Die Diskussion hat auch gezeigt, dass es – wie 1998 im Eherecht und 2001 im Mietrecht – auch im Schuldrecht an der Zeit ist, die das Bürgerliche Gesetzbuch immer mehr überwuchernden (schuldrechtlichen) Sondergesetze zu sichten und ihren dauerhaften Bestand in das Bürgerliche Gesetzbuch zu integrieren. Dies führt wie auch in den anderen Bereichen zu einer übersichtlicheren Schuldrechtsordnung. Die Zurückführung der schuldrechtlichen Sondergesetze stärkt nicht nur das Bürgerliche Gesetzbuch als zentrale Zivilrechtskodifikation. Sie nutzt die integrative Kraft des Bürgerlichen Gesetzbuchs, um die Einheit des Schuldrechts zu gewährleisten und zu stärken. Sie droht verloren zu gehen, weil sich die einzelnen Sondermaterien immer mehr verselbständigen und weil das Schuldvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Massengeschäfte des täglichen Lebens immer mehr durch Sondergesetze verdrängt wird (Medicus in: Grundmann/Medicus/Rolland S.219 und in: Ernst/Zimmermann S.607 ff, 609 – spricht von der Erosion des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Speziell das AGB-Gesetz hat sich seit seinem Inkrafttreten zu einer zentralen Materie des Schuldrechts entwickelt und überlagert und ergänzt inzwischen die einschlägigen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs in erheblichen Teilen. Es ist damit inhaltlich zu einem eigenen Abschnitt im Bürgerlichen Gesetzbuch geworden und sollte deshalb auch dort im Gesetzestext erscheinen. Die Integration der schuldrechtlichen Sondergesetze weist schließlich diesen Gesetzen auch den Platz zu, der ihnen wegen ihrer zentralen Bedeutung für den Rechtsverkehr gebührt.
§§§
Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat keine Vollharmonisierung des Kaufrechts zum Ziel. Harmonisiert werden sollen lediglich einige wesentliche Aspekte des Kaufrechts für Mobiliarkaufverträge zwischen Unternehmern als Verkäufer und Verbrauchern als Käufer. Nicht harmonisiert werden damit insbesondere folgende Bereiche:
Kaufverträge über Immobilien
Kaufverträge zwischen Unternehmern
Kaufverträge zwischen Verbrauchern
Kaufverträge zwischen Verbrauchern als Verkäufer und Unternehmern als Käufer.
Ferner werden auch einige Arten von Kaufverträgen ausgenommen, die Verbraucher mit Unternehmern schließen. Dies sind Verträge über die Lieferung von Strom, Gas und Wasser sowie Käufe im Rahmen der Zwangsvollstreckung. Bei der Umsetzung können die Mitgliedstaaten ferner Kaufverträge über gebrauchte Güter ausnehmen, die in einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden. Inhaltlich erreicht die Richtlinie schon eine recht weitgehende Harmonisierung des Kaufrechts, wenngleich sie nicht vollständig ist. Harmonisiert werden:
Sachmängelbegriff
Gewährleistungsrechte ohne Schadensersatz
Gewährleistungsfrist für Gewährleistungsrechte ohne Schadensersatz
Formalanforderungen an vertragsbegleitende Garantien
Rückgriff des Unternehmers in der Lieferkette.
Harmonisiert wird nicht nur das Kaufrecht, sondern auch das Werkvertragsrecht für neu hergestellte oder zu erzeugende bewegliche Sachen. Dies folgt aus Artikel 1 Abs.4 der Richtlinie.
b) Zwingender Charakter
Eines der hervorstechendsten Merkmale des nationalen deutschen, aber zB auch des UN-Kaufrechts oder des früheren Einheitlichen Kaufgesetzes ist die Dispositionsfreiheit der Parteien. Das deutsche Kaufrecht ist ebenso wie seine internationalen Pendants ein Regelungsmodell, von dem die Parteien einvernehmlich im konkreten Vertrag abweichen können. Diese Möglichkeit wird durch die Richtlinie für den Verbrauchsgüterkauf abgeschnitten. Die Richtlinie harmonisiert die wesentlichen Aspekte des Kaufrechts auf einem Mindeststandard, den die Mitgliedstaaten über-, aber nicht unterschreiten können. Auch den Parteien des Kaufvertrags ist es in der Regel nicht möglich, von diesen Mindeststandardvorschriften abzuweichen. Eine Ausnahme ist nur vorgesehen für gebrauchte Güter. Hier können die Parteien eine Reduzierung der Gewährleistungsfrist auf ein Jahr und eine Begrenzung der Gewährleistungsrechte vorsehen. Dagegen ist weder bei neuen noch bei gebrauchten Gütern ein Gewährleistungsausschluss möglich. Das führt zu einer Be- schränkung der Vertragsfreiheit im deutschen Kaufrecht. Während die Steuerung der Vertragsgerechtigkeit bisher weitestgehend durch § 9 AGBG geleistet wurde, wird diese Steuerungsfunktion künftig wieder verstärkt in das materielle Kaufrecht zurückverlagert, das im Verbraucherkaufrecht jedenfalls nicht mehr der Parteidisposition unterliegt.
c) Sachmängelbegriff
Nach Artikel 2 Abs. 1 der Richtlinie muss die verkaufte Sache den Zustand aufweisen, den die Parteien verabredet haben. Haben sie nichts vereinbart, gilt die Sache als vertragsgemäß, wenn sie einem Modell oder einer Beschreibung des Verkäufers entspricht, wenn sie die vom Käufer gewünschten Eigenschaften aufweist, wenn sie für den vertragsgemäßen Gebrauch taugt, wenn sie die Eigenschaften aufweist, die man üblicherweise von einer Sache gleicher Art und Güte erwarten kann. Dies entspricht im Großen und Ganzen dem in der Rechtsprechung entwickelten sog. subjektiven Fehlerbegriff und bedeutet in der Sache keine Änderung gegenüber dem nationalen Recht. In dieser Form neu ist allerdings ein Element in Artikel 2 Abs.2 Buchstabe d der Richtlinie. Dort wird festgelegt, dass die Tauglichkeit des verkauften Gutes für den gewöhnlichen Gebrauch auch daran zu messen ist, ob das Gut von öffentlichen Aussagen des Herstellers, insbesondere in Werbung und Etikettierung über konkrete Produkteigenschaften, abweicht. Damit werden keineswegs etwa alle möglichen blumigen Werbeaussagen zur Grundlage für einen Sachmangel. Zu einem Sachmangel führt danach nur die Abweichung von Herstelleraussagen, die sich zu konkreten Eigenschaften des Produkts äußern. Musterbeispiel hierfür sind die Aussagen des Herstellers über den Kraftstoffverbrauch, die schon lange vor Erlass der Richtlinie zu einer sehr umfangreichen deutschen Rechtsprechung geführt haben (BGH, NJW 1996, 1337, 1338; 1997, 2590). Diese ist bei der Annahme einer zugesicherten Eigenschaft und der daraus folgenden Schadensersatzhaftung in solchen Fällen sehr zurückhaltend. Anders ist das aber bei der Frage des Sachmangels. Hier wird im Prinzip nur noch darüber diskutiert, wie groß die Abweichung des tatsächlichen Kraftstoffverbrauchs von dem hersteller- seitig angegebenen sein muss, um einen Sachmangel darstellen zu können.
Auf den ersten Blick sehr bekannt ist auch die Regelung des Artikels 2 Abs.3 der Richtlinie, wonach sich der Verbraucher gegenüber dem Verkäufer nicht auf Mängel berufen kann, die er vor Vertragsschluss kannte oder über deren Vorhandensein er vernünftigerweise nicht im Unklaren sein konnte. Die Vorschrift wird künftig allerdings eine viel stärkere Bedeutung erfahren als die vergleichbare Regelung in § 460 BGB. Diese Vorschrift spielt vor allem bei gebrauchten und beschädigten Waren, die verbilligt abgegeben werden, eine Rolle. In Deutschland kommt sie meist deshalb nicht zum Tragen, weil hier auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen die Gewährleistung ganz oder teil- weise ausgeschlossen werden kann. Künftig wird das nach Artikel 7 Abs.1 Satz 1 der Richtlinie nicht mehr möglich sein. Deshalb wird Artikel 2 Abs.3 der Richtlinie künftig die Funktion zufallen, diesen an sich nicht möglichen Gewährleistungsausschluss für gebrauchte Güter zum Teil funktionell zu ersetzen.
d) Gewährleistungsrechte
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind die klassischen Gewährleistungsrechte des Käufers bei Fehlerhaftigkeit der Kaufsache die Wandelung und die Minderung. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die meisten heute verkauften Sachen in der Terminologie des Bürgerlichen Gesetzbuchs Gattungssachen darstellen, für welche das Bürgerliche Gesetzbuch schon von Anfang an als einen ebenfalls klassischen Rechtsbehelf die Ersatzlieferung vorsah (§ 480 Abs.1 BGB). Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch stehen Wandelung und Minderung und – bei Gattungssachen – Ersatzlieferung zur freien Wahl des Käufers. Diese Rechte sind aber abdingbar. In der deutschen Vertragspraxis ist es deshalb üblich, dass bei hochwertigen Gütern die Ersatzlieferung ganz ausgeschlossen und Wandelung und Minderung nur zugelassen werden, wenn ein Nachbesserungsversuch gescheitert ist. Bei Massenprodukten wird üblicherweise uneingeschränkt nur das gesetzliche Recht auf Ersatzlieferung gewährt; Wandelung und Minderung kann der Verkäufer dagegen regelmäßig nur verlangen, wenn eine Ersatzlieferung gescheitert ist. Nach Artikel 3 Abs.3 der Richtlinie stehen die vier Gewährleistungsrechte dem Käufer nicht uneingeschränkt, sondern nur stufenweise zur Verfügung. Im Falle eines Mangels kann der Käufer zunächst nur zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung wählen. Die Wahl ist aber nur scheinbar frei. Dies folgt daraus, dass Ersatzlieferung und Nachbesserung nur gewählt werden können, wenn sie verhältnismäßig sind. Das sind Ersatzlieferung und Nachbesserung nur, wenn sie im Vergleich zu dem jeweils anderen Rechtsbehelf die ökonomischere Alternative darstellen. Bei hochwertigen Gütern wird die Nachbesserung regelmäßig ökonomischer sein als die Ersatzlieferung; bei nicht hochwertigen Massenprodukten ist es in der Regel umgekehrt. Mit diesem Regelungsmodell unterscheidet sich die Richtlinie bei den Rechtsbehelfen stark vom Bürgerlichen Gesetzbuch.
e) Gewährleistungsfristen
Die markanteste und gravierendste Änderung ist die Regelung über die Frist. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie zwei ganz unterschiedliche Fristen regelt. Dies geht auf die Rechtslage in den anderen Mitgliedstaaten zurück. In den meisten anderen Kaufrechten Europas wird nämlich zwischen einer Frist, in welcher der Mangel auftreten muss, und einer Frist unterschieden, die der gewährleistungsberechtigte Käufer zur Entscheidung darüber erhält, ob er Klage erhebt oder nicht. Das deutsche Recht kennt eine besondere Frist für das Auftreten des Mangels nicht. Faktisch wird sie allerdings durch die Gewährleistungsfrist mit abgedeckt, weil niemand eine Klage wegen eines Mangels erheben wird, der vor Ablauf dieser Frist nicht aufgetreten ist. In Artikel 5 Abs.1 Satz 2 der Richtlinie wird jetzt auch eine Verjährungsfrist nach deutschem Vorbild zugelassen, die ebenfalls zwei Jahre beträgt und mit Lieferung beginnt. Die Gewährleistungsfrist wird also insgesamt auf zwei Jahre verlängert. Diese Gewährleistungsfrist ist nur beim Kauf gebrauchter Güter verkürzbar.
f) Beweislastumkehr
Im deutschen Recht so nicht bekannt ist die Beweislastumkehr für die ersten sechs Monate nach Lieferung der Kaufsache gemäß Artikel 5 Abs. 3 der Richtlinie. Weist der Käufer nach, dass die Sache einen Fehler hat und dass dieser Fehler innerhalb der ersten sechs Monate aufgetreten ist, dann soll widerleglich vermutet werden, dass der Fehler bereits bei Lieferung der Kaufsache vorhanden war. Dies gilt aber nur dann, wenn die Beweislastumkehr nicht mit der Natur der Kaufsache oder der Vertragswidrigkeit in Wider- spruch steht. Eine solche Beweislastumkehr kennt das deutsche Recht bislang nicht.
g) Viehkauf
Die Richtlinie erfasst auch Teilbereiche des Viehkaufs. Der Viehkauf zeichnet sich nach § 481 BGB durch eine besonders starke Verengung der Gewährleistungsrechte aus. Während bei lebenden Tieren im Allgemeinen die normalen Gewährleistungsrechte gelten, sieht das Bürgerliche Gesetzbuch bei bestimmten in § 481 BGB genannten Tierarten für den Käufer besonders harte und seine Rechte einschränkende Vorschriften vor. Ein Fehler des Tieres gilt nur dann als Mangel im Rechtssinne, wenn es sich um einen Hauptmangel im Sinne der Viehhauptmängelverordnung handelt. Diese Vorschriften werden durch die Richtlinie dann berührt, wenn ein Verbraucher ein derartiges Tier von einem professionellen Verkäufer kauft. Der praktisch häufigste Fall wird der Kauf von Reitpferden und von Schafen sein, die als "lebende Rasenmäher" erworben werden. Hier hat der Kunde nach deutschem Recht normalerweise nur dann Gewährleistungsrechte, wenn er sich nachweisbar zusichern lässt, dass das Tier nicht nur keine Hauptmängel, sondern auch keine sonstigen Mängel aufweist. Zu diesen bislang nicht anerkannten Mängeln eines Tieres gehört zB auch die Krankheit BSE oder die Traberkrankheit (Scrapie), bei deren Vorliegen der Käufer also bei Fehlen einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung keine Mängelrechte hat. Diese Rechtslage kann nach der Richtlinie nicht mehr aufrecht erhalten werden. Danach muss die reguläre Gewährleistung auch ohne Zusicherung etwa dann eingreifen, wenn das Pferd lahmt oder durchtrennte Sehnen hat oder wenn das Schaf eine Krankheit hat, die (wie Scrapie) nicht in der Viehhauptmängelverordnung aufgeführt ist. Die Viehkaufregeln müssen deshalb jedenfalls für Verbrauchsgüterkaufverträge aufgehoben werden. Dies gibt Veranlassung, diese Regelung ganz aufzuheben.
h) Rückgriff in der Lieferkette
Nach Artikel 4 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten einen Rückgriff des Händlers für den Fall regeln, dass er mit Erfolg von dem Verbraucher auf Gewährleistung in Anspruch genommen wird. Die Mitgliedstaaten sind in der Ausgestaltung des Rückgriffs frei. Dazu kann das bestehende nationale oder internationale Kaufrecht ausreichen. Dies muss seiner Struktur nach aber auch einen effektiven Rückgriff erlauben. Die Mitgliedstaaten müssen hierzu nach Erwägungsgrund (9) kein zwingendes Recht schaffen.
i) Herstellergarantien
Die Richtlinie regelt nicht, welchen Inhalt die Garantie eines Herstellers hat. Sie stellt in Artikel 6 der Richtlinie aber sicher, dass der Hersteller durch das Versprechen einer Garantie den Kunden nicht in die Irre führt. Zu beobachten ist nämlich, dass die gesetzlichen Gewährleistungsrechte auch in Deutschland oft als Garantie bezeichnet werden, was bei dem Kunden den falschen Eindruck erweckt, als erhalte er besonders günstige Konditionen. Deshalb soll der Kunde in den Garantiebedingungen darauf hingewiesen werden, dass ihm gesetzliche Gewährleistungsrechte zustehen. Die Garantie soll einfach und verständlich sein. Er soll auch die Möglichkeit haben, den Inhalt der Garantien zur Kenntnis zu nehmen, bevor er die Sache kauft. Entspricht die Garantie diesen Anforderungen nicht, bleibt sie zwar wirksam, Artikel 6 Abs.5 der Richtlinie; der Hersteller kann aber mit den Instrumenten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb belangt werden.
§§§
Demgegenüber ist der Umsetzungsbedarf bei der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr gering.
a) Anwendungsbereich
Die Richtlinie betrifft nicht sämtliche Forderungen, sondern nach ihrem Artikel 1 nur Ansprüche auf Zahlung eines (vereinbarten) Entgelts im Geschäftsverkehr. Sie gilt damit nur im Verhältnis von Unternehmern untereinander und von Unternehmern zu öffentlichen Stellen, Artikel 2 Nr.1 der Zahlungsverzugsrichtlinie, und auch nur für einen Ausschnitt aus den denkbaren Arten von Zahlungsforderungen. Dennoch sollte es Ziel des deutschen Gesetzgebers sein, im Interesse der Übersichtlichkeit und besseren Anwendbarkeit des deutschen Verzugsrechts und der Tradition folgend in möglichst weitgehendem Umfang für jedermann geltende Regelungen beizubehalten und von der Schaffung eines Sonderverzugsrechts abzusehen. So spielt etwa bislang bei den Voraussetzungen des Schuldnerverzugs nach den §§ 284 und 285 BGB die Funktion des Schuldners als "Verbraucher" oder "Unternehmer" keine Rolle. Differenzierungen geringfügiger Art finden sich im geltenden Recht lediglich bezogen auf die Art der Forderung: So enthält der mit dem Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vom 30.März 2000 (BGBl.I S.330) eingefügte § 284 Abs.3 BGB eine Sonderregel für den Verzug des Schuldners mit der Erfüllung von Geldforderungen. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen hat aber andererseits auch eine bis dahin in § 352 Abs.1 Satz 1 HGB enthaltene Sonderregel für die Höhe des Verzugszinssatzes bei beiderseitigen Handelsgeschäften beseitigt und so bei den Verzugsfolgen für eine größere Einheitlichkeit gesorgt.
Die Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie gibt keine Veranlassung, diese Grundstruktur des deutschen Verzugsrechts zu ändern, zumal der Umsetzungsbedarf insbesondere nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen äußerst gering ist.
Das bedeutet nicht, dass nicht in einzelnen Punkten eine differenzierende Regelung notwendig wird. An dieser Stelle sei im Vorgriff auf den besonderen Teil der Begründung bereits für die Verzugsvoraussetzungen auf § 286 Abs.3 Satz 2 BGB-RE (Sonderregel für Verbraucher) und für die Verzugsfolgen auf § 288 Abs.2 BGB-RE (besonderer, höherer Verzugszinssatz für Unternehmer) hingewiesen.
b) Verzugsvoraussetzungen
Nach Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe a der Zahlungsverzugsrichtlinie ist für die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen zunächst die vertragliche Vereinbarung über einen Zahlungstermin oder eine Zahlungsfrist maßgeblich. Das entspricht im Wesentlichen § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB, dem zufolge es einer Mahnung nicht bedarf, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist und der Schuldner zu der bestimmten Zeit nicht leistet. Dies wird in § 286 Abs.2 Nr.1 BGB-RE übernommen und durch Verallgemeinerung des Gedankens aus § 286 Abs.2 Satz 2 BGB auf die Fälle der Berechenbarkeit der Leistungszeit nach dem Kalender erweitert (vgl § 286 Abs.2 Nr.2 BGB-RE). Im Übrigen ist bereits der im geltenden Recht die Verzugsvoraussetzungen regelnde § 284 BGB in den Grenzen des AGB-Gesetzes (vgl insbesondere § 11 Nr.4 AGBG) dispositiv, so dass auch im geltenden Recht bereits der von der Zahlungsverzugsrichtlinie vorausgesetzte Vorrang der vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck kommt.
Kern der Regelung der Verzugsvoraussetzungen in der Zahlungsverzugsrichtlinie ist die Bestimmung in Artikel 3 Abs.1 Buchstabe b. Nach dessen Unterabsatz i muss die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen nach erfolglosem Ablauf von 30 Tagen nach Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufforderung einsetzen. Diese Regelung ist für Geldforderungen in § 284 Abs.3 BGB geregelt, der durch das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen eingefügt worden ist. Auch wenn hier noch gewisse Änderungen vorgenommen werden sollen (vgl im Einzelnen die Begründung zu § 286 BGB-RE), ergibt sich jedenfalls ein Umsetzungsbedarf für das deutsche Recht nicht. Dasselbe gilt für Artikel 3 Abs.1 Buchstabe b, Unterabsätze ii bis iv der Zahlungsverzugsrichtlinie, die besondere Ausformungen der 30-Tages-Regelung in besonderen Situationen enthalten. Im Einzelnen ist auch dies in der Begründung zu § 286 BGB-RE ausgeführt.
Keiner besonderen Umsetzung bedarf weiter Artikel 3 Abs.3 der Richtlinie. Danach müssen die Mitgliedstaaten bestimmen, dass der Schuldner solche Vereinbarungen nicht geltend machen kann, die den Gläubiger entgegen den Bestimmungen der Richtlinie über den Verzugseintritt grob benachteiligen. Statt der Nichtigkeit einer entsprechenden Vereinbarung kann das nationale Recht auch einen Schadensersatzanspruch des Schuldners vorsehen. Im deutschen Recht wird dies durch die Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen derartige Vereinbarungen im Geschäftsverkehr typischerweise enthalten sind, sichergestellt. Gemäß § 307 Abs.1 BGB-RE (entspricht bisher § 9 Abs.1 AGBG) sind nämlich Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, die den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Für den praktisch kaum anzutreffenden Fall einer individualvertraglichen Vereinbarung ist ein ausreichender Schutz des benachteiligten Vertragspartners über § 138 Abs.1 BGB (Nichtigkeit des sittenwidrigen Rechtsgeschäfts) gegeben.
Artikel 3 Abs.4 und 5 der Zahlungsverzugsrichtlinie sieht noch vor, dass im nationalen Recht "angemessene und wirksame Mittel" vorhanden sein müssen, um die Verwendung von den Gläubiger grob benachteiligenden Klauseln zu verhindern. Auch insoweit besteht kein Umsetzungsbedarf, weil die entsprechenden Instrumente bereits durch den Unterlassungsanspruch des § 13 AGBG gegeben sind, der künftig in dem Unterlassungsklagengesetz (= Artikel 3 dieses Entwurfs) aufgeht.
c) Verzugsfolgen
aa) Verzugszinssatz
Der Verzugszinssatz für Geldforderungen beträgt nach Artikel 3 Abs.1 Buchstabe d der Zahlungsverzugsrichtlinie sieben Prozentpunkte über dem Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte der Europäischen Zentralbank am ersten Bankgeschäftstag eines jeden Kalenderhalbjahres. Demgegenüber beträgt der Verzugszinssatz in Deutschland nach dem geltenden § 288 Abs.1 Satz 1 BGB seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dieser bleibt nicht nur bei der Marge hinter den europäischen Anforderungen zurück. Dies gilt auch für die Bezugsgröße. Die europäische Bezugsgröße liegt ca. einen Prozentpunkt über dem Basiszinssatz. Der sich hieraus ergebende Anpassungsbedarf besteht allerdings nicht generell, sondern nur für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern oder zwischen Unternehmern und juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Sondervermögen.
bb) Beitreibungskosten
Artikel 3 Abs.1 Buchstabe e der Zahlungsverzugsrichtlinie bestimmt, dass der Gläubiger einen Anspruch gegen den Schuldner auf Ersatz aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners hervorgerufenen „Beitreibungskosten“ haben muss. Auch insoweit besteht für Deutschland kein Umset zungsbedarf, weil sich ein derartiger Anspruch auf Schadensersatz bereits nach geltendem Recht aus § 286 Abs.1 BGB, künftig § 280 Abs. 1 BGB-RE ergibt. Unter den dort genannten Voraussetzungen sind auch die verzugsbedingten Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen.
cc) Eigentumsvorbehalt
Nach Artikel 4 der Zahlungsverzugsrichtlinie haben die Mitgliedstaaten den einfachen Eigentumsvorbehalt anzuerkennen. Dies ist in Deutschland umfassend der Fall, vgl bisher § 455 BGB, künftig § 448 BGB-RE. Umsetzungsbedarf besteht nicht.
dd) Beitreibungsverfahren
Nach Artikel 5 der Zahlungsverzugsrichtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Gläubiger einer unstreitigen und unbestritten bleibenden Geldforderung in der Regel innerhalb von 90 Tagen einen Vollstreckungstitel erhalten kann. Umsetzungsbedarf ergibt sich auch insoweit nicht. Die Vorgaben der Richtlinie sind in Deutschland bereits durch die Vorschriften über das gerichtliche Mahnverfahren (§§ 688 ff ZPO), das Vorbild für diese Regelung in Artikel 5 der Richtlinie war, und durch die Bestimmungen über das Säumnisverfahren (§ 331 ZPO) erfüllt.
§§§
Artikel 10, 11 und 18 der E-Commerce-Richtlinie sind vollständig in das deutsche Recht umzusetzen. Die Richtlinie, die im Übrigen durch den „Entwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr“ (Bundesratsdrucksache 136/01) umgesetzt wird, schafft die wesentlichen wirtschafts- und zivilrechtlichen Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr (Internet und andere Informations- und Kommunikationsdienste).
a) Vorvertragliche Informationspflichten
Artikel 10 der Richtlinie regelt bestimmte Informationspflichten des Unternehmers, der sich zum Absatz seiner Waren und Dienstleistungen eines Dienstes der Informationsgesellschaft bedient, gegenüber seinem – künftigen – Vertragspartner. Hierzu gehört auch, dass er diesem gemäß Artikel 10 Abs.3 der Richtlinie die Vertragsbedingungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen so zur Verfügung stellen muss, dass der Kunde diese abrufen und speichern kann.
Zwar sind einige der in Artikel 10 aufgeführten vorvertraglichen Informationspflichten dem deutschen Recht bereits aus dem Fernabsatzgesetz bekannt. Die E-Commerce-Richtlinie hat jedoch einen vom Fernabsatzgesetz abweichenden Anwendungsbereich; insbesondere ist sie nicht auf Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern beschränkt, sondern findet vielmehr auch und gerade auf reine Unternehmerbeziehungen Anwendung. Es ist daher eine horizontale Regelung erforderlich.
b) Abgabe einer elektronischen Bestellung
Artikel 11 der Richtlinie regelt nicht die Frage des Zustandekommens eines Vertrags auf elektronischem Weg; dieses richtet sich vielmehr weiterhin nach den allgemeinen Regeln des nationalen Rechts. Die Richtlinie bestimmt in Artikel 11 nur besondere Pflichten des Unternehmers, der die Bestellung entgegennimmt. So hat er nach Absatz 2 technische Mittel zur Eingabefehlererkennung und -beseitigung vor Abgabe der Bestellung zur Verfügung zu stellen. Nach Absatz 1 muss er der anderen Partei den Eingang der Bestellung unverzüglich bestätigen, damit die andere Partei sicher sein kann, dass ihre Bestellung beim Adressaten angekommen ist.
c) Unterlassungsklage
Gemäß Artikel 18 Abs. 2 wird die E-Commerce-Richtlinie in den Anhang der Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen aufgenommen, welcher deren Anwendungsbereich konkretisiert. Als Regelungen, die im Sinne der Unterlassungsklagenrichtlinie die Kollektivinteressen der Verbraucher schützen, sind hier die Artikel 5, 10 und 11 anzusehen, weil diese besondere, auf den elektronischen Geschäftsverkehr bezogene Informationspflichten vorsehen und die Informationspflicht – neben dem Widerrufsrecht – eines der klassischen Verbraucherschutzinstrumente auf EG-Ebene darstellt. Zwar ist die deutsche Umsetzungsregelung zur Unterlassungsklagenrichtlinie in § 22 AGBG (jetzt § 2 Unterlassungsklagengesetz – UklaG) offen („insbesondere“) formuliert, so dass eine ausdrückliche Umsetzung von Artikel 18 nicht erforderlich ist. Aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sollen die maßgeblichen Vorschriften der E-Commerce-Richtlinie jedoch ausdrücklich aufgenommen werden.
§§§
1) Wegen der im Folgenden verwendeten Abkürzungen vgl Legende am Ende der besonderen Begründung
Entwurf | [ ] |
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