RsprS zu § 12 BGB
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  1. Internet-Adressen ("Domain-Names") stehen als individuelle namensartige Kennzeichnung unter dem Schutz des § 12 BGB. (vgl.LG Hamb, B 17.09.96 - 404 O 135/96 - Domain-Name, NJW-CoR 97,231 (L) = CR 97,157)


  2. Domain-Names im Internet (hier: "hürth.de") genießen mangels Kennzeichnungskraft keinen namensrechtlichen Schutz. (vgl. LG Köln, U 17.12.96 - 3 O 478/96 - hürth.de, NJW-CoR 97,304 (L) = GRUR 97,377)


  3. Die Bezeichnung "kerpen.de" im Internet erfüllt keine Namensfunktion im Sinne des § 12 BGB. Die Zahlen- und Buchstabenkombination ist frei wählbar, ohne zwingenden Zusammenhang zum Benutzer und daher vergleichbar mit einer Telefonnummer oder Postleitzahl. Nur wenn vorgegeben wäre, daß den Adressen ans Internet angeschlossene Städte oder Gemeinden eine bestimmte Kennung voranzugehen hätte, dürfte der Nutzer erwarten, hinter der entsprechenden Namenskennung den städtischen Namensträger zu finden. (vgl.LG Köln, U 17.12.96 - 3 O 477/96 - kerpen.de, NJW-CoR 97,304 (L))


  4. Domain-Names sind frei wählbare Zeichenkombinationen - verleichbar mit Telefonnummern - und werden nicht durchgängig zur Kennzeichnung ihres Benutzers verwendet, daher ist bei ihnen keine namensrechtliche Kennzeichnungskraft anzunehmen. (vgl. LG Köln, B 17.12.96 - 3 O 507/96 - pulheim.de, NJW-CoR 97,304 (L) = CR 97,291)


  5. Ein Unternehmen, das unter Verwendung der Bezeichnung "juris" (sowohl als Firmenbestandteil, als auch als Firmenschlagwort) eine juristische Datenbank betreibt, für das "juris" als Dienstleistungsmarke eingetragen ist und das nach seinem Gesellschaftszweck - hauptsachlich - Dokumentations- und Informationsdienstleistungen auf dem Fachgebiet "Recht" erbringt, kann von einem Internet-Provider Unterlassung und Beseitigung dahin verlangen, die Bezeichnung "juris.de" als Internet-Adresse (Domain-Adresse) "reserviert" zu halten (Beseitigungsanspruch) und diese Internet-Adresse tatsächlich zu verwenden (Unterlassungsanspruch) Diese Ansprüche folgen aus § 12 iVm § 823 Abs.1 BGB, denn die namensmäßige Abkürzung "juris" ist durch die Verwendung für die Bezeichnung der Internet-Adresse unbefugt gebraucht worden und die Verwendung beeinträchtigt schutzwürdige Interessen des betroffenen Unternehmens. Die Interessenverletzung liegt schon darin, daß das Unternehmen durch die Reservierung von "juris.de" seitens eines anderen gehindert ist, sich dieser Internet-Adresse zu bedienen, die für es nach den allgemein geltenden Regeln für die Benennung von Domain-Adressen die "natürlichste" Adresse darstellt, da sie direkt auf das betroffene Unternehmen verweist. (vgl.LG Münch, U 15.01.97 - 1 HKO 3146/96 - juris.de, NJW-CoR 97,231 (L))


  6. Der Schutz von öffentlich-rechtlichen Körperschaften gegen unbefugte Verwendung ihres Namens aus § 12 BGB gilt auch für Internet Adressen. Dieser Schutz umfaßt auch die Fälle, in denen zu Unrecht eine Verbindung zum Namensträger suggeriert wird. Der Einwand, es gebe auch natürliche Personen mit dem Namen der klagenden Stadt, ist unerheblich, denn dies gilt zumindest nicht für den Verfügungsbeklagten. Die Anmeldung der Internet-Adresse unter einem fremden Namen ist mit einer bösgläubigen Markenanmeldung im Sinne des § 50 Abs.1 MarkenG zu vergleichen. Die dort entwickelten Grundsätze können auch auf die bösgläubige Verletzung des Namensrechts durch Anmeldung eines dem Anmeldenden nicht zustehenden Namens im Internet angewandt werden. Dies gilt insbesondere, wenn es dem Verletzer darum ging, durch die mißbräuchliche Verletzung wirtschaftlich ihm nicht zustehende Vorteile zu erlangen. Der Internet-Benutzer erwartet unter der Adresse "braunschweig.de" Informationen der Stadt über Touristik und kulturelle Angebote. (vgl. LG Brauns, U 28.01.97 - 9 O 450/96 - braunschweig.de, NJW-CoR 97,303 (L))


  7. Der Gemeindename als Domainname weckt beim Besucher der Webseite die Erwartung, nicht nur Informationen über die Gemeinde, sondern von der Gemeinde zu erhalten; die Verwendung eines Gemeindenamens als Domainname durch einen (namensungleichen) Dritten verletzt somit Rechte der Gemeinde. (vgl. LG Ansb, U 05.03.97 - 3 O 99/97 - ansbach.de, NJW-CoR 97,498 (L) = NJW 97,2688)


  8. Die Klage einer Gemeinde auf Unterlassung der Benutzung eines nichtamtlichen Gemeindenamens - hier für die Bezeichnung eines Bahnhofs der Bundesbahn - ist dann öffentlich-rechtlich, wenn der in Anspruch Genommene den Namen der Gemeinde bei der Erfüllung ihm obliegender öffentlich-rechtlicher Aufgabe und Pflichten benutzt. Das öffentlich-rechtliche Namensrecht der Gemeinde ist verletzt, wenn ihr Name für die Bezeichnung eines Bahnhofs der Bundesbahn nicht in der amtlichen Form benutzt wird, und wenn die Abwägung zwischen den Interessen von Bundesbahn und Gemeinde unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Gesichtspunkte nicht ausnahmsweise ein Zurücktreten des Interesses der Gemeinde an der Verwendung ihres Namens in der amtlichen Form gegenüber den betrieblichen Erfordernissen der Bundesbahn gebietet. Ein Anspruch auf Erstattung der durch die Umbenennung eines Bahnhofs infolge Änderung des Gemeindenamens entstehenden Kosten besteht nach Bundesrecht nicht. (vgl BVerwG U 08.02.74 - 7 C 16/71 - Bahnhofsname, BVerwGE 44,351 = DRsp-ROM-Nr.96/26977)


  9. Die Anmeldung einer Internet-Adresse mit einem anderen als dem eigenem Namen (hier: Gemeindenamen) als Domainname verstößt gegen § 12 BGB und ist mit der bögläubigen Markenanmeldung gemäß § 50 MarkenG zu vergleichen. (vgl.LG Brauns, U 28.01.97 - 9 O 450/96 - braunschweig.de, NJW-CoR 97,498 (L) = NJW 97,2687)


  10. Der Domain kommt Namensfunktion im Sinne des § 12 BGB zu. Der Namensträger besitzt auch dann einen Unterlassungsanspruch aus §§ 12 S.2, 1004 BGB, wenn der Anbieter den Domain lediglich reserviert hat, aber nicht benutzt. In diesem Fall kann er gemäß § 249 S.2 BGB eine Freigabeerklärung gegenüber DENIC verlangen. (vgl. LG Lüneb, U 29.01.97 - 3 O 336/96 - celle.de, NJW-CoR 97,304 (L))


  11. Eine Internet-Adresse hat Namensfunktion im Sinne des § 12 BGB. Dies gilt, obwohl Zahlen und Buchstabenkombinationen frei wählbar sind, wenn der Anbieter seinen Namen als Adresse wählt. Wer eine Domain reserviert, die den Namen eines anderen trägt, bestreitet dessen Recht zum Gebrauch des Namens. Das Bestreiten des Namensrechs auch § 12 BGB wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Namensträger eine Domain mit einem anderen (weniger attraktiven) Zusatz wählen kann. (vgl. LG Frankf, U 03.03.97 - 2/6 O 633/96 - das.de, NJW-CoR 97,303 (L))


  12. Tatort der Verletzung von Firmen- und Namensrechten durch Verwendung von "domain names" im Internet ist dort, wo der domain name bestimmungsgemäß abrufbar ist. Wer sich die geschützte Firmenbezeihnung eines anderen im Internet als "domain name" reservieren läßt, verletzt dessen Namensrecht und ist - unabhängig von einer etwa auch gegebenen Haftung der Vergabestelle - als Störer passiv legitimiert. Ein derartiger Störer kann sich nicht mehr mit Erfolg darauf berufen, daß er einem gegen ihn in Deutschland erlassenen Verbot nur in der Weise nachkommen kann, daß er die beanstandeten "domain names" weltweit nicht benutzt. (vgl. KG, U 25.03.97 - 5 U 659/97 - Domain-Name, MMR 98,56 = K&R 98,36 -37)


  13. Die Verwendung eines fremden, gemäß § 5 MarkenG geschützten Firmenbestandteils als Internet-Domain ist eine Benutzung in einer Verwechslungsgefahr begründenden Weise im Sinne des § 15 MarkenG. Obwohl eine Domain frei wählbar ist, bestätigt die Lebenserfahrung, daß dies regelmäßig nicht der Fall ist. Bei einer Verletzung des § 15 MarkenG liegt regelmäßig auch eine Verletzung des - weiter reichenden - § 12 BGB vor. Ob eine Namensleugnung vorliegt, kann dahinstehen, denn der Tatbestand der Namensanmaßnahmen ist erfüllt. Die Registrierung eines fremden Namens als Domain mit dem alleinigen Zweck, sich diese sodann vom Namensträger abkaufen zu lassen, begründet ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Inhaber der Domain und dem Namensträger. Das Verhalten ist wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG. (vgl LG Düssel, U 04.04.97 - 34 O 191/96 - epson.de, NJW-CoR 97,304 (L))


  14. Die Verleger der Zeitschrift "Freundin" und Inhaber der in den Klassen 41 (Ausbildung/Unterhaltung) und 16 (Druckerzeugnisse) eingetragene Marke "Freundin" können die Domain "freundin.de" nicht gegen eine Partnervermittlung erstreiten, denn die sich gegenüberstehenden Waren bzw Dienstleistungen sind nicht ähnlich iSd § 14 Abs.2 Nr.2 MarkenG, so daß eine Verwechselungsgefahr fehlt. Das bloße Ausnutzen des Prioritätsprinzips bei der Vergabe von Internet Adressen begründet keine Unlauterkeit iSd § 14 Abs.2 Nr.3 MarkenG. Die Möglichkeit - bei Beachtung der Priorität bei der Anmeldung - eine bestimmte Internet-Kennung zu wählen, ist nicht Bestandteil des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch kommt es auch im Streit um die Verwendung eines Domain-Namens darauf an, daß die sich gegenüberstehenden geschätzten Waren nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und Verwendungsweise, Beschaffenheit, Herstellung und regelmäßigen Herstellungs- und Verkaufsstätte derart ähnlich sind, daß eine konkrete Verwechselungsgefahr besteht. Ferner kommt es unabhängig von der Verwechselungsgefahr noch auf die unlautere Ausnutzung des Bekanntheitsgrades der Ware an, die konret dazulegen ist und wofür eine frühere Domainmeldung durch einen anderen als den Markeninhaber nicht ausreicht. (vgl.LG Münch, U 18.07.97 - 21 O 17599/96 - Freundin.de, NJW-CoR 97,496 (L) = CR 97,540)


  15. Ein Unternehmen mit überragender Verkehrsgeltung kann die Nutzung des Firmenschlagwortes durch einen Dritten als Domain untersagen. Dies gilt auch bei Indentität von Firmenschlagwort und Familienname des Dritten. Wann und wo in welchem Medium mit einem Namen aufgetreten wird, ist für die Rangstellung des Namensrechts bedeutungslos. Es besteht jedoch lediglich ein Anspruch auf Unterlassung nicht auf Übertragung der Domain. (vgl OLG Hamm, U 13.01.98 - 4 U 135/97 - Krupp.de, NJW-CoR 98,175 -177)


  16. Zur Reservierung eines Domain-Namens und Namensleugnung sowie den Pflichten der Domainvergabestelle bei der Anmeldung (vgl LG Magdeburg U vom 18.06.1999, Az: 36 O 11/99 - Foris.de, JurPC Web-Dok.41/2000)


  17. Zur Verwendung von Gattungsbezeichnungen als Domain-Name (vgl Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 13.07.1999, Az: 3 U 58/98" - Gattungsbegriff, JurPC WebDok.34/2000)

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